Größtes Treffen von Muslimen in Europa

Ahmadiyya-Muslime trafen sich in Stuttgart

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Thomas Fritzmann
Thomas Fritzmann

Rund 50.000 Menschen kamen am Wochenende auf dem Messegelände in Stuttgart zusammen. Grund ist die "Jalsa Salana" - das jährliche Treffen der Ahmadiyya-Muslime in Deutschland.

Vom 1. bis 3. September fand auf dem Stuttgarter Messegelände die sogenannte Jalsa Salana statt. Dazu erwartete die Ahmadiyya-Gemeinschaft rund 50.000 Musliminnen und Muslime aus der ganzen Welt. "Es kommen sehr viele internationale Gäste, darunter auch Ministerpräsidenten und Könige aus afrikanischen Ländern", sagte Imam und Mitorganisator Noor Ud Din Ashraf vorab dem SWR.

Für die "Jalsa Salana", was übersetzt "die jährliche Versammlung" bedeutet, hatte die Ahmadiyya Muslim Jamaat (deutsch: muslimische Ahmadiyya-Gemeinde, kurz AMJ) in diesem Jahr alle zehn Messehallen in Stuttgart gemietet. Die Aufbauarbeiten liefen bereits seit dem vorherigen Wochenende. Hunderte arbeiteten ehrenamtlich, um das Treffen vorzubereiten.

47. jährliche Versammlung der AMJ in Deutschland

Auf der Jalsa Salana 2023 fanden vor allem Vorträge und Ansprachen zum Glauben statt. "Wir wollen unsere Spiritualität aufladen", sagte Noor Ud Din Ashraf. Es gab aber auch Ausstellungen und Gesprächsrunden: unter anderem zu aktuellen Themen, wie der Rolle der Frau im Islam.

In einer Ausstellung auf der Jalsa Salana soll es um die Rolle der Frau im Islam gehen.
Unter anderem soll die Rolle der Frau im Islam ein Thema der Jalsa Salana 2023 sein. Laut den Anhängerinnen und Anhängern des Glaubens sind beide Geschlechter gleichgestellt. Dennoch werden sie bei Veranstaltungen klar getrennt. Kritiker sagen, dass Frauen bei der AMJ unterdrückt werden. Bild in Detailansicht öffnen
Der Jihad ist eines der THemen der Jalsa Salana. Dazu gibt es Erklärungen auf einem Banner.
Ein Verständnis des Jihads als Glaubenskrieg lehnt die Ahmadiyya Muslim Jamaat ab. Die Gemeinde distanziert sich von, wie sie selbst sagt, selbsternannten Glaubenskriegern, die grausame Morde an Unschuldigen begehen. Stattdessen beruft sie sich auf die Koran-Verse "In Glaubensdingen darf es keinen Zwang geben" (2:257) und "Lass den gläubig sein, der will, und den unläubig sein, der will" (18:30). Bild in Detailansicht öffnen
Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe auf einem Banner der Jalsa Salana. Der deutsche Denker beschäftigte sich mit dem Islam.
"Es gibt viele Muslime, die meinen, dass Goethe Muslim war", sagt der evangelische Theologe Wolfgang Reinbold. "Wir wissen, dass er sich intensiv mit dem Koran auseinandergesetzt hat. Irgendwann stieß er dabei auf einen persischen Dichter und war beeindruckt von seiner dichterischen Kraft. In seinem Werk 'West-östlicher Divan' hat er zumindest mit der Idee gespielt, dass er Muslim sein könnte", so Reinbold. Bild in Detailansicht öffnen
Das Oberhaupt der Ahmadiyya, Mirza Masroor Ahmad, ist auf einem Transparent einer Ausstellung auf der Jalsa Salana in Stuttgart zu sehen.
Mirza Masroor Ahmad (rechts auf dem Banner) wurde 2003 Oberhaupt der Ahmadiyya Muslim Jamaat. Er ist der fünfte Nachfolger des Begründers des Glaubens und lebt in London. Imam Noor Ud Din Ashraf freut sich darauf, ihn bei der Jalsa Salana zu treffen. Bild in Detailansicht öffnen

Die Gäste schliefen auch auf dem Messegelände, einige Hallen waren als Schlafräume vorgesehen. In Halle 4 sollten die Männer, in den Hallen 6 und 10 die Frauen schlafen.

Strenge Trennung von Männern und Frauen

Bei der Jalsa Salana ist laut AMJ jeder Mensch unabhängig von seinem Glauben eingeladen. Besucherinnen und Besucher sollten allerdings darauf achten, dass bei Veranstaltungen der AMJ eine strikte Trennung von Männern und Frauen gilt. So ist der Messeeingang Ost für Männer vorgesehen, der Messeeingang West für Frauen.

Geistiges Oberhaupt Masroor Ahmad ist in Deutschland

Ein besonderes Highlight für die Gläubigen: Das geistige Oberhaupt der Ahmadiyya, Masroor Ahmad, kam für die Jalsa Salana erstmals seit vier Jahren wieder nach Deutschland.

"Seine Rolle im Glauben der AMJ ist vergleichbar mit der des Papstes im katholischen Glauben", erklärte Imam Noor Ud Din Ashraf. "Entsprechend aufgeregt und freudig ist die Stimmung hier auf dem Messegelände." Kommende Woche soll Ahmad außerdem die neu gebaute Nasir Moschee in Waiblingen einweihen.

Ahmadiyya werden in manchen Ländern verfolgt

Im Gegensatz zu anderen muslimischen Glaubensrichtungen ist die AMJ überzeugt, dass Mohammed nicht der letzte lebende Prophet war. Der Gründer des Glaubens, Mirza Ghulam Ahmad, erhob 1890 den Anspruch, ein Prophet zu sein. Einige andere muslimische Gruppen sind deshalb - und auch wegen ihrer Auslegung der heiligen Schriften - der Ansicht, dass die Ahmadiyya keine Muslime sind.

Wie viele Menschen dem Glauben genau angehören, ist unklar. In Deutschland leben laut AMJ zwischen 40.000 und 50.000 Gläubige. International liege die Zahl bei über zehn Millionen. Der größte Teil lebe dabei in Südasien. In einigen Teilen der Welt werden Anhängerinnen und Anhänger verfolgt, unterdrückt und getötet, beispielsweise in Indonesien, Pakistan und Bulgarien.

AMJ-Imam Khalid: "Der Islam gehört zu Deutschland"

"In der medialen und politischen Debatte gibt es immer wieder diese Teilung zwischen Muslimen und Islam", sagte Sharjil Khalid dem SWR. Er arbeitet unter anderem in der Presseabteilung der AMJ. "Man sagt, die Muslime gehören zu Deutschland, der Islam aber nicht."

"Der Islam gehört schon seit 100 Jahren zu Deutschland."

"Ich glaube, mit unserer Geschichte können wir diese Ansicht, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, gut konterkarieren. Muslime und der Islam arbeiten schon seit 100 Jahren organisiert und theologisch in Deutschland", erklärte Khalid. Damit bestünde überhaupt kein Zweifel, dass der Islam zu Deutschland gehöre.

100 Jahre Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat wurde 1889 in Indien gegründet. Dennoch ist sie die älteste in Deutschland organisierte Gemeinschaft von Musliminnen und Muslimen. Bereits 1922 plante die Gemeinde, ihre erste Moschee zu bauen. 1923 wurde ihr Grundstein gelegt - kurz darauf musste das Projekt aufgrund der Hyperinflation und damit einhergehenden Wirtschaftskrise beendet werden.

1949 wurde die Gemeinde erstmals als Religionsgemeinschaft in Deutschland registriert. 1957 folgte die Eröffnung der ersten Moschee in Hamburg. Hier fand 1975 auch die erste Jalsa Salana statt. Seit 2013 hält die Gemeinde in Hessen und seit 2014 in Hamburg außerdem den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts inne. Damit wurde die AMJ der christlichen Kirche rechtlich gleichgestellt.

Die Ahmadiyya Muslim Jamaat in Deutschland

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