Akten und Stempel auf einem Schreibtisch

Image- und Nachwuchsproblem

Personalmangel im öffentlichen Dienst: Tausende Stellen in BW unbesetzt

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Engpässe zeigen sich vor allem bei Polizei, Steuerverwaltung und Justiz. BW ist hier bundesweites Schlusslicht. Es fehlt an Nachwuchs und das könnte auch am Image liegen.

Tausende junge Menschen fehlen, die in Ämtern, Parkanlagen oder Kindergärten ihre berufliche Zukunft sehen. Einen besonders hohen Personalmangel haben in Baden-Württemberg Polizei, Steuerverwaltung und Justiz. In diesen Bereichen des öffentlichen Dienstes ist das Land, gemessen an der Personalausstattung pro 1.000 Einwohner, bundesweit Schlusslicht. Kai Rosenberger, Landesvorsitzender des Beamtenbundes (BBW), nennt die jüngst von Grün-Schwarz vereinbarten neuen 1.700 Stellen im öffentlichen Dienst einen "Tropfen auf den heißen Stein". Die Lage werde noch angespannter werden, wenn in den nächsten 20 Jahren die Hälfte der rund 613.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Ruhestand gehe.

Gemeindetag: Finden nicht genug Nachwuchs

Auch der Gemeindetag schlägt Alarm. Personaldezernentin Heidi Schmid sagt: "Wir benötigen angesichts des demografischen Wandels und der stetig anwachsenden Zahl an Aufgaben dringend weitere Nachwuchskräfte." Die Verantwortlichen in den Kommunen täten ihr Bestes, um Fachkräfte zu binden und zu gewinnen, etwa mit Angeboten zur Weiterbildung oder Digitalisierung. Das reiche aber nicht.

Beamtenbund fordert Imagewandel

BBW-Landeschef Rosenberger macht für den Nachwuchsmangel auch den Ruf des öffentlichen Dienstes verantwortlich: "Bei einer Lücke von derzeit 30.000 bis 40.000 leeren Stellen allein [in Baden-Württemberg] ist ein Imagewandel unverzichtbar."

"Uns fehlen vorne und hinten Leute - deshalb müssen wir für junge Menschen attraktiver werden."

Angestaubtes Image und Gewalt gegen Staatsdiener

Auf dem Schreibtisch des Büros stapeln sich die Akten und warten darauf, bearbeitet zu werden.
Bei jungen Leuten habe der öffentliche Dienst ein angestaubtes Image - zu Unrecht, findet Joachim Beck von der Verwaltungshochschule in Kehl.

Langweilige Arbeit in verstaubten Amtsstuben - das würden viele junge Leute mit dem öffentlichen Dienst verbinden, bedauert Joachim Beck, Rektor der Verwaltungshochschule in Kehl. Dabei seien die Entfaltungsmöglichkeiten immens: "Die großen Aufgaben der gesellschaftlichen Transformation, Energiewende, Mobilität und Ernährung müssen vor Ort ausgestaltet werden."

Zum Imageproblem gehört nach Meinung des BBW-Vorsitzenden Rosenbergers auch das Thema Gewalt und Beleidigungen gegenüber Staatsbediensteten. Anzeigen verliefen meist im Sande - wegen Personalengpässen in der Justiz. "Wenn wir nicht genug Personal haben, um auch kleine Straftaten zu verfolgen, und deshalb das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wird, schreckt das potenzielle Interessenten ab", ist Rosenberg überzeugt.

Attraktivere Arbeitsbedingungen in der Privatwirtschaft

Familienfreundliche Arbeitsbedingungen und die Möglichkeit zum Homeoffice: Es habe im öffentlichen Dienst zuletzt viele Verbesserungen gegeben, meint BBW-Geschäftsführerin Susanne Haut. Dennoch, man konkurriere mit der Privatwirtschaft um den Nachwuchs, und die trumpfe in einigen Bereichen bei der Bezahlung. Insbesondere Technik- oder IT-Fachkräfte könnten dort schlicht mehr verdienen. Auch die Arbeitszeiten seien ein Problem, glaubt Rosenberger. In Baden-Württemberg herrsche bei Behörden eine strikte 41-Stunden-Woche, flexible Arbeitszeitmodelle wie in der freien Wirtschaft seien nicht möglich.

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