Schutz der Haubenlerche

Walldorf: GPS-Tracking als Linderung für Katzen-Hausarrest?

Stand
Autor/in
Janine Putzek
Laura Uzupyte
SWR-Reporterin Laura Uzupyte aus Mannheim.

Katzen in Walldorf müssen zum 1. April wieder zum Schutze der Haubenlerche in den Hausarrest. Die Sondergenehmigung mit GPS-Tracking ist für viele Besitzer keine gute Lösung.

Katzenbesitzerinnen und - besitzer, die ihre Tiere in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) mit einem GPS-Tracker versehen, können eine Ausnahmegenehmigung vom Katzen-Hausarrest beantragen. Die entsprechende Allgemeinverfügung gilt wieder ab 1. April 2023.

Besitzerin nennt GPS-Tracker eine "Tortur"

Regine Tredwell aus Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) sieht keinen anderen Ausweg als umzuziehen. Ihre Tiere sollen artgerecht leben. Die Sondergenehmigung für den Freigang ihrer Katzen mit GPS-Tracking hat sie für dieses Jahr nicht beantragt. "Das war eine Tortur den Katzen das Halsband anzubringen", erzählt die Katzenbesitzerin von ihren Erfahrungen vergangenen Sommer, "Das hat zu Aggressionen unter den Katzen geführt." Das Gerät sei außerdem sehr schwer.

Ausgang nur mit Genehmigung: Katzen-Tracking in Walldorf

Bis zum 21. Februar 2023 konnten sich Katzenhalterinnen und - halter bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) melden, um eine Befreiung nach Ziffer 6 der Allgemeinverfügung zu bekommen. Diese entspricht noch "keinem Anspruch auf Erteilung der begehrten Befreiung", wie es auf SWR-Nachfrage bei der Behörde hieß. Die Sondergenehmigung, dass Katzen während der fünfmonatigen Brutzeit der Haubenlerchen Freigang haben, sollen dieses Jahr nur zwei Walldorfer gestellt haben.

Walldorf: Das GPS-Tracking Gerät ist fast so groß wie der Kopf der 13 Jahre alten Mimi.
Das GPS-Tracking Gerät am Hals der Katze ist relativ groß und schwer.

Bei einer Befreiung müssen die Tierbesitzer eine permanente, lückenlose GPS-Ortung der Katzen nachweisen und diese regelmäßig der Behörde vorlegen. Wenn Katzen den Gefahrenbereich begehen oder gar eine Haubenlerche töten, erlöscht die Befreiung automatisch.

Katzen-Besitzerin: "GPS-Tracking war Griff ins Klo"

Regine Tredwell schwört darauf, dass ihre kastrierten Tiere nur ums Haus in den Nachbargärten rumstreunern. Ihrer 13 Jahre alten Katze Mimi fallen schon Zähne aus. Der gleichaltrige Kater Fluffy erblindet langsam. Das Problem: Die Gärten im Umfeld liegen im Haubenlerchen-Areal. Das GPS-Tracking habe daher ständig einen Alarm ausgelöst.

Stadt Walldorf steht zwischen den Fronten

Bürgermeister Matthias Renschler (FDP) und die Walldorfer Stadtverwaltung werden von Tierschützerinnen und Tierschützern ebenso wie von Anwohnerinnen und Anwohnern kritisiert und angefeindet. Dabei kann die Stadt nichts für die Allgemeinverfügung. Sie bekam diese vom Land durch die Untere Naturschutzbehörde angeordnet. "GPS ist eine Möglichkeit eine Linderung zu erhalten, dass die Katzen rauskönnen", so Renschler, "das ist nur nicht ganz bürgerfreundlich."

Walldorf: Regine Tredwell hat mittlerweile einen ganzen Ordner voller Rechnungen und Bescheide.
Regine Tredwell hat mittlerweile einen ganzen Ordner voller Rechnungen und Bescheide.

Alternativ sieht der Bürgermeister katzensichere Zäune und Leinen sowie eine Katzenschutzverfügung als Lösungsansätze. Stefan Hitzler vom Landestierschutzverband Baden-Württemberg ist da anderer Meinung: "Jetzt über GPS-Tracking und Einzäunen von Gärten zu reden, halte ich für vollkommen überspitzt." Es werde ein Aktionismus an den Tag gelegt, der auf den Schultern der Katzenbesitzerinnen und - besitzer und der Tiere ausgetragen werde.

Walldorf: Bebauung viel größeres Problem als Katzen

Bürgermeister Renschler und Landestierschützer Hitzler sind sich in zwei Punkten einig: Wohnraum schaffen ist wichtig. Ebenso brauche Walldorf eine Katzentierschutzverordnung. Die könnte eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungsgebot für Freigängerkatzen aus Privathaushalten beinhalten. Hitzler plädiert darüber hinaus, dass "die Zersiedelung des natürlichen Wohnraums der Haubenlerche" berücksichtigt werden sollte.

Walldorf: Mimi versteht den ganzen Wirbel um sich nicht
Die 13 Jahre alte Mimi, die bereits kaum Zähne hat, versteht den ganzen Wirbel um sich nicht.

Die Vögel wurden im Neubau- und Industriegebiet Walldorf zurückgedrängt und das Brutgebiet der Tiere massiv eingeschränkt. Es gibt ein von der Stadt Walldorf ausgewiesenes Alternativ-Areal hinter der Schnellstraße für die Haubenlerche. Das Problem ist allerdings, dass der bodenbrütende Vogel sehr an seinen Standort gebunden ist.

Artenschutz: Umstrittene Maßnahme sorgt für "Erfolg"

Die Haubenlerche ist eine streng geschützte und in Baden-Württemberg mit nur noch rund 60 Brutpaaren akut vom Aussterben bedrohte Art. In Walldorf gab es 2015 fünf Brutpaare, 2022 waren es nur noch zwei. Die Allgemeinverfügung sorgt seitens der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) wahrscheinlich für Hoffnung: Acht junge Haubenlerchen sind letztes Jahr flügge geworden.

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