Projekt des Rhein-Neckar-Kreises zur Europawahl

Wie Künstliche Intelligenz Jugendlichen bei der Wahl helfen soll

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Autor/in
Melanie Holstein
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Ninja Degen
Bild Ninja Degen, SWR Studio Mannheim

Bei der Europawahl im Juni können erstmals 16-Jährige in Deutschland wählen. Das Projekt "KI meets Europawahl" soll Jugendliche dazu bringen, sich mit der Wahl auseinanderzusetzen.

Der Rhein-Neckar-Kreis will Jugendlichen oft komplexe Wahlprogramme mithilfe von KI näherbringen. Anlass ist die Europawahl am 9. Juni, bei der erstmals auch 16-Jährige mitentscheiden dürfen. Der Rhein-Neckar-Kreis hat deshalb einen neuen Schulwettbewerb an den Start gebracht, der dazu anregen soll, das KI-Tool Wahl-O-GPT zu nutzen. Der Wahl-O-GPT "ist wie Google, nur dass man in den Wahlprogrammen sucht", erklärt einer der Entwickler.

Die Schulklassen im Rhein-Neckar-Kreis sollen im Rahmen des Wettbewerbs den Wahl-O-GPT ausprobieren und Aufgaben lösen. Zum Beispiel: Auf welche Frage zur Europawahl hat Wahl-O-GPT die hilfreichste Antwort gegeben? Um die Aufgaben zu lösen, müssen sich die Jugendlichen überlegen, was ihnen wichtig ist und setzen sich so mit den Wahlprogrammen und Themen der europäischen Zukunft auseinander, so die Idee.

Wahl-O-GPT: Spielerei mit Potenzial

Die Idee ist an einem Wochenende entstanden und wurde bereits im vergangenen Jahr bei den Wahlen in der Türkei und Bremen ausprobiert, erzählt Mitentwickler Timm Bopp. Man sah die Notwendigkeit, den Zugang zu politischen Themen zu erleichtern, um Demokratie zu stärken und zu erhalten. Das Ganze soll ein zusätzliches Angebot zu anderen Informationsangeboten sein, so Bopp weiter. Bekannte Informationsquellen sind beispielsweise der Wahl-O-Mat (Bundeszentrale für politische Bildung) und der Kandiat-O-Mat (Landeszentrale für politische Bildung).

Die KI filtert nicht nur die Wahlprogramme, sondern gibt sie auch in verschiedenen Sprachen wieder. Man kann wählen zwischen Deutsch, Bremer Dialekt, Türkisch, Russisch aber auch Piratensprache, 12-Jähriger oder Professor - eine Portion Humor ist also auch dabei.

Politik muss ernst bleiben, weil es ernst ist. Aber wenn man es zu ernst gestaltet, verliert man junge Wähler (...). Politik sollte etwas sein, das man gerne macht.

Die Nutzung ist einfach und das kann Berührungsängste vor komplexen politischen Themen nehmen, bestätigt die 18-jährige Vivienne Wühl, die in Schwetzingen zur Schule geht. Sie darf in diesem Jahr zum ersten Mal wählen und hat die Europa-Version des Wahl-O-GPT mit als erste getestet. Das KI-Tool habe ihr geholfen und hat ihrer Meinung nach Potenzial, auch wenn die Antworten manchmal weitläufig sind und dann nicht mehr so viel mit der Frage zu tun haben, so die Schülerin weiter.

KI: Chancen und Risiken

Der Wahl-O-GPT filtert die Wahlprogramme nach den gestellten Fragen oder Stichworten und zeigt die komprimierten Antworten der jeweiligen Parteien. Kurze Wahlprogramme werden schnell von der KI gelesen und daher vermutlich als erstes angezeigt, erklärt Mitentwickler Timm Bopp. Bei der Europawahl gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde, daher gibt es eine Vielzahl an wählbaren Parteien. Um die Lesbarkeit zu gewährleisten, müsse man selektieren, so Bopp weiter.

Landeszentrale für politische Bildung sieht Tool kritisch

Auch wenn ein einfacher Zugang zu Informationen und Parteipositionen wichtig sei, müssten diese vor allem in Bezug auf Wahlentscheidungen qualifiziert und zuverlässig bereitgestellt werden, teilt die Landeszentrale für politische Bildung auf SWR-Anfrage mit. Sie sieht den Wahl-O-GPT in seiner jetzigen Form kritisch und beschreibt mehrere Fälle, in denen die KI Falschaussagen oder falsche Zuordnungen liefert.

Bei der Eingabe "Migration" wird nur eine Antwort zur AfD ausgegeben, was eine indirekte Kompetenzzuschreibung indiziert. Dabei sind auch in den Programmen der anderen Parteien Positionen zu diesem Thema zu finden.

Ziel: Meinungsbildung breiter aufstellen

Man begleite das Ganze kritisch, betont der Landrat des Rhein-Neckar-Kreises, Stefan Dallinger. Man sehe, was bei großen Wahlen in Amerika und Russland durch Wahlbeeinflussungen passiere. Man sei aber sicher, dass es hier nicht darum gehe, Wahlen direkt zu beeinflussen, sondern die Meinungsbildung breiter aufzustellen.

Bei dem neuen Ansatz gehe es in erster Linie um Demokratiebildung und Demokratiestärkung, so Dallinger weiter. Man müsse alle Wählerinnen und Wähler frühzeitig einbinden und ihnen die Bedeutung ihrer Stimme vermitteln – dazu müsse man auch neue Wege gehen.

Am 9. Juni finden auch die Kommunalwahlen statt. Man erhofft sich von dem Projekt, dass auch jene Menschen mit dem Thema in Kontakt kommen, die normalerweise kein Interesse an politischen Themen haben. So sollen die Menschen dazu gebracht werden, ihr Wahlrecht zu nutzen.  

"KI meets Europawahl" wird finanziell vom Staatsministerium Baden-Württemberg unterstützt. Der Schulwettbewerb läuft bis zum 19. April. Das Portal wird nicht-kommerziell zur Verfügung gestellt und ist frei zugänglich. Die Betreiber weisen auf der Webseite darauf hin, dass die KI auch Fehler produzieren kann. 

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