Der Ex-Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen lässt seine Doktorarbeit von der Universität Heidelberg überprüfen, nachdem es einen Verdacht auf Verstöße bei Zitierregeln gibt. Er habe die Universität bereits um die Überprüfung gebeten, sagte Graichen der "Bild am Sonntag". Zugleich wies er den Verdacht gegen sich zurück. Die beanstandeten Stellen stammten alle aus der historischen Hinleitung zum eigentlichen wissenschaftlichen Kernthema der Arbeit mit dem Titel "Kommunale Energiepolitik und die Umweltbewegung". "Der wissenschaftliche Kern der Arbeit ist damit von der geäußerten Kritik nach meiner Ansicht nicht betroffen", argumentierte er.
Doktorarbeit von Patrick Graichen: Es geht um 30 Plagiatsfragmente
Es handele sich um 30 Plagiatsfragmente, die teilweise aus mehreren Sätzen bestünden, so der Plagiats-Experte Jochen Zenthöfer gegenüber der Zeitung. Sie stammten aus zwei Aufsätzen des Umweltsoziologen Karl-Werner Brand. Der werde zwar grundsätzlich zitiert, "aber nur an sehr wenigen Stellen, mindestens 30 Quellenangaben fehlen". Zenthöfer urteilte: "Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis sind evident, auch Täuschungsabsicht ist naheliegend."
Zenthöfer verglich den Umfang der Stellen mit der Doktorarbeit von CSU-Generalsekretär Martin Huber. Dessen Münchner Universität hatte nachträglich erheblich wissenschaftliche Mängel beanstandet, aber keine nachgewiesene Täuschung gesehen und den Titel nicht entzogen. Huber verzichtet gleichwohl darauf, ihn zu führen.
FDP fordert "realitischen Zeitplan" für umstrittenes Heizungsgesetz
Minister Robert Habeck (Grüne) hatte am Mittwoch Graichens Rückzug als Staatssekretär verkündet, weil dieser Privates und Berufliches nicht ausreichend getrennt habe. Nach dessen Rückzug diskutiert die Ampel-Koalition über den Zeitplan für das Gesetz zum Austausch von Öl- und Gasheizungen. Die FDP bleibt bei ihrer Forderung nach einer umfassenden Überarbeitung des Entwurfs und will dafür die nötige Zeit.
Die SPD hält inhaltliche Änderungen ebenfalls für angebracht, will diese aber in die Beratungen über das Gesetz im Bundestag einbringen und damit in der nächsten Woche beginnen. Die Grünen drängen darauf, dass das Gesetz bis Anfang Juli verabschiedet wird - und dann Anfang 2024 in Kraft tritt.