Ein beschämendes Versteckspiel ist gerade im Rathaus von Baden-Baden zu beobachten. Ein Mitglied des Baden-Badener Gemeinderats hat einen Strafbefehl erhalten, weil er in mindestens zwei Fällen ukrainische Autos mit Parolen und Hakenkreuzen beschmiert haben soll. Um wen es sich handelt, ist derzeit nicht bekannt. Und auch der Oberbürgermeister von Baden-Baden will sich gegenüber der Presse zu dem Vorfall nicht äußern und beruft sich auf das noch schwebende Verfahren. Eine Meinung von SWR-Reporter Patrick Neumann:
Klare Kante zeigen – das ist das, was Politiker tun sollten, wenn es um die Verbreitung von rechtsradikalem Gedankengut geht. Und genau das passiert in Baden-Baden gerade nicht. Ein Mitglied des Baden-Badener Gemeinderats soll Anfang dieses Jahres ukrainische Autos in einer mit Kameras überwachten Tiefgarage mit einem Filzstift beschmiert haben. „Fuck Ukraine“ – soll er auf die Fahrzeuge geschrieben und auch Hakenkreuze gezeichnet haben. Zwei Fälle mindestens seien es gewesen, so die Staatsanwaltschaft – ursprünglich war aber sogar von Seiten der Polizei von noch mehr Fällen die Rede. Und was macht Baden-Badens Oberbürgermeister? Nach Beratung mit der Rechtsabteilung der Stadt äußert er sich nicht öffentlich. Es seien schwere Vorwürfe, schreibt er in einer neun Zeilen langen Pressemitteilung – aber man wisse noch zu wenig, um Stellung zu beziehen. Gegenfrage: Reicht das bisherige Wissen wirklich nicht aus, um Stellung zu beziehen? Die Tat an sich – mit dem Hinweis auf das noch schwebende Verfahren – könnte man als OB durchaus verurteilen und den Beschuldigten auffordern, das beschämende Versteckspiel zu beenden. Aus meiner Sicht wäre es sogar die moralische Pflicht eines Stadtoberhaupts – ungeachtet juristischer Umstände. Fünf der sechs Fraktionen im Baden-Badener Gemeinderat haben das übrigens getan – gegenüber dem SWR, beziehungsweise der Stadtverwaltung sagten die im Gemeinderat vertretenen Parteien einhellig, dass sie sich von den Vorfällen klar distanzieren. Die Mehrheit der Fraktionen fordert sogar den sofortigen Rücktritt der beschuldigten Person. Wie auch immer es zu den Vorfällen Anfang des Jahres in einer Baden-Badener Tiefgarage kam – eine einzige Ukraine-feindliche Schmiererei wäre beispielsweise durch Alkoholeinfluss mit viel gutem Willen noch erklärbar gewesen – die Verwendung von Hakenkreuzen und das mehrfach über einen Zeitraum von einigen Wochen hinweg zeigt, wes Geistes Kind der Beschuldigte offenbar ist. Wenn er auch nur einen Funken Anstand besitzt oder der Reue fähig ist, so meine Meinung, sollte er sich schnellstens zu erkennen geben, sich entschuldigen und sein Amt als Stadtrat niederlegen. Auch um weiteren Schaden vom Gemeinderat und der Kurstadt abzuwenden.