Eine Hopfendolde im Hopfengarten bei Tettnang

Von Tettnang in die ganze Welt

Hopfen - das grüne Gold vom Bodensee?

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Autor/in
Thorben Langwald
SWR-Redakteur Thorben Langwald Autor Bild

Wer Bier brauen will, braucht Hopfen. Den allerdings gibt es längst nicht überall. Am Bodensee ist eines der großen Anbaugebiete in Deutschland. Von hier geht der Hopfen in die ganze Welt.

Wen einmal der Hopfen gekratzt hat, den lässt er nicht mehr los - ein Sprichwort, mit dem sich Lukas Locher vom Hopfengut No20 in Tettnang gerne beschreibt. Bereits in vierter Generation baut seine Familie den Hopfen an. Aktuell hat er jede Menge zu tun, denn die Hopfenernte hat begonnen. Zwischen Ende August und Anfang Oktober entscheidet sich jedes Jahr, ob es ein gutes oder schlechtes Jahr für die Hopfenbauern wird. Es sei die Zeit, in der es rund gehe, sagt Lukas Locher, der gemeinsam mit seiner Schwester den Betrieb leitet.

Man arbeitet das ganze Jahr dafür. Wenn der erste Hopfen eingeholt wird, ist das ein besonderer Moment.

Wo in den Hopfengärten rund um den Bodensee einst noch per Hand geerntet wurde, fahren heute die Traktoren ihre Runden und holen den Hopfen ein. Zu grünen Wänden ist dieser in den vergangenen Monaten herangewachsen. Der Hopfen ist eine Kletterpflanze. An einem Draht wächst er mehr als sieben Meter in die Höhe. Auf den Gerüstanlagen aufgereiht sehen die Ranken aus wie eine meterlange grüne Gardine.

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Wie schnell wächst der Hopfen an einem Tag?

Vom Wein zum Bier

Der Bodensee ist eine von drei großen Hopfenanbauregionen in Deutschland. Mit seinem milderen Klima bietet er beste Bedingungen für den Hopfenanbau. Doch auch hier wurde nicht immer Hopfen angebaut. Noch vor etwas weniger als 200 Jahren stand in der hügeligen Landschaft rund um Tettnang der Weinanbau im Fokus.

Lukas Locher zu den idealen Bedingungen für Hopfen:

Der Hopfen wächst genau dort gut, wo man ein Übergangsklima von Weizen zu Wein hat.

Hopfenanbau: weitreichende Wende in der Landwirtschaft

Wie der Tettnanger Hopfenpflanzerverband schreibt, ist der Hopfenanbau einer Notlage geschuldet. Nach schlechten Ernten und den napoleonischen Kriegen habe es um die Landwirtschaft nicht gut gestanden. Der Anbau von Hopfen ab 1844 - ein Umstieg mit weitreichenden Folgen. Ein Erfolgsfaktor war dabei auch die Eisenbahn. 1847 wurde die Strecke Stuttgart-Friedrichshafen eröffnet. Sie habe dazu beigetragen, dass sich der Hopfen als Marktfrucht durchsetzen konnte, heißt es in einer Siedlungsgeschichte vom Landesamt für Denkmalpflege. Die Schiene habe gewissermaßen den Bodensee an den Weltmarkt angeschlossen, so der Hopfenpflanzerverband.

Nach und nach wurde die Fläche des Hopfenanbaus immer größer und erreichte 1997 einen Höchstwert von rund 1.650 Hektar: Eine Fläche von mehr als 2.350 Fußballfeldern. Heute ist die Fläche wieder etwas kleiner.

Tettnanger - der Alleskönner vom Bodensee

Auf dem Markt setzen die Hopfenbauern auch auf ihre eigene Hopfensorte - den sogenannten Tettnanger. Er macht einen Großteil der Anbaufläche aus und zählt zu der Gruppe der sogenannten hochfeinen Aromasorten. Für Brauer Johannes Pflug in Tettnang ist er ein Alleskönner und gerade für ein deutsches Pilz oder Export wunderbar geeignet. Der Grund: Die Sorte könne nicht nur bittern, sondern bringe auch tolle erdige, grasige Aromen mit. Oft wird das Aroma auch als blumig, würzig und die Sorte als harmonisch beschrieben.

Brauer Johannes Pflug erklärt, warum man Hopfen im Bier braucht:

Von Tettnang in die weite Welt

121 Hopfenanbaubetriebe gibt es rund um Tettnang. Zusammen bilden sie rund zwei Prozent (gut 1.500 Hektar) der weltweiten Anbaufläche. Ihr Hopfen geht in mehr als 100 Länder auf der Welt. "Wir spielen nicht die größte Rolle, aber eine schöne", sagt Lukas Locher vom Hopfengut No20 in Tettnang. Für ein so kleines Städtchen wie Tettnang, eine so kleine Region, sei das ein guter Marktanteil.

Auf dem liberalisierten Markt bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis, erklärt Lukas Locher. Ein jeder Landwirt mache seine eigenen Lieferverträge mit Laufzeiten von drei oder fünf Jahren und manchmal auch darüber hinaus. Jeder habe hier seine eigenen Strategien. Oft würden Handelshäuser Verträge anbieten und dann müssten die Landwirte selbst entscheiden, können sie zu diesem Preis im Moment produzieren und können sie zu diesem Preis aller Wahrscheinlichkeit auch in drei, vier Jahren produzieren.

Schwierige Marktlage für den Hopfen

Schon lange im Geschäft ist Stefan Arnegger. Auch er baut als Landwirt Hopfen in Tettnang an und hat gute und schlechte Zeiten in der Branche erlebt. Jetzt zur Erntezeit bietet der stellvertretende Vorsitzende vom Hopfenpflanzerverband in Tettnang zweimal am Tag Führungen im Hopfenmuseum beim Hopfengut No20 an. Pro Hektar erlöse man bei den aktuellen Verträgen zwischen 12.000 und 14.000 Euro, erklärt er den Touristen und anderen Interessierten. Für die Produktion würden zwischen 10.000 und 12.000 Euro eingesetzt. Vor der Energiekrise seien es zwischen 7.000 und 9.000 Euro gewesen.

"Im Moment kommen wir jetzt wahrscheinlich in eine Phase hinein, in der etwas weniger Geld zu verdienen ist, weil wir zu viel Hopfen am Markt haben."

Nach zuletzt lohnenden Jahren ist die Lage auf dem Weltmarkt für die Hopfenbauern derzeit weniger rosig: Der internationale Craftbeer-Trend hat nachgelassen und die Deutschen trinken immer weniger Bier. Mit 8,4 Milliarden Litern konnten die deutschen Brauereien laut statistischem Bundesamt rund 4,5 Prozent weniger Bier verkaufen als ein Jahr zuvor. In den vergangenen 30 Jahren ist der Bierabsatz in Deutschland um mehr als ein Viertel zurückgegangen.

Führung im Hopfenmuseum
Stefan Arnegger bei einer Führung zur Hopfenernte. Bild in Detailansicht öffnen
Führung im Hopfenmuseum
Traktoren bringen ab Ende August die Hopfenernte ein. Bild in Detailansicht öffnen
Führung im Hopfenmuseum
Früher Handarbeit - heute trennt eine Maschine die Dolden von der Ranke. Bild in Detailansicht öffnen
Führung im Hopfenmuseum
In der Hopfendarre werden die Hopfendolden getrocknet. Bild in Detailansicht öffnen
Führung im Hopfenmuseum
"Es ist einfach faszinierend, was da dahinter steht - hinter dem Hopfen und hinter dem Bier", sagt Stefan Arnegger. Bild in Detailansicht öffnen

Stefan Arnegger blickt dennoch optimistisch nach vorn: "Ich hab das alles schon mehrmals mitgemacht. Das ist einfach eine Durststrecke ein bisschen und dann muss man ein bisschen flexibel sein." Gerade das mache den Beruf ja interessant, sagt er.

Neue Chancen durch Agri-Photovoltaik?

Um Risiken zu senken, setzen viele Landwirte am Bodensee seit jeher auf verschiedene Standbeine. Vor allem die Kombination zwischen Hopfen und dem Obstanbau ist beliebt. In Deutschlands größtem Anbaugebiet, dem Hallertau in Oberbayern, wird derzeit noch eine weitere Einnahmequelle getestet. Ein Landwirt setzt hier auf Agri-Photovoltaik. Das heißt: Sein Hopfen wächst unter Solarmodulen. Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, handelt es sich um die bundesweit erste Anlage dieser Art in einem Hopfengarten. Trotz hoher Anschaffungskosten seien die Ergebnisse vielversprechend, heißt es vom Landwirt dort.

Ein Vorbild für die Hopfenbauern in Tettnang? Wolfgang Ruther, Vorstand vom Tettnanger Hopfenpflanzerverband, ist bei diesem Thema noch zurückhaltend. Viele Faktoren gibt es seiner Meinung nach zu berücksichtigen: Wie weit etwa müsste eine Leitung gelegt werden, um den Strom einzuspeisen? Wie verhält es sich mit der Statik der Gerüste, wenn Föhnwinde entstehen? Von einem raschen flächendeckenden Ausbau der Agri-Photovoltaik im Hopfenanbau geht er nicht aus. Bei neuen Gerüstanlagen könnte dies aber Sinn machen.

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