Das Statistische Landesamt hat die Zahlen zum Flächenverbrauch in Baden-Württemberg für das vergangene Jahr bekannt gegeben. Demzufolge wurden 2022 jeden Tag 4,6 Hektar Land für den Bau von Siedlungen und Verkehrswegen verwendet. Das entspricht einer Fläche von etwas mehr als sechs Fußballfeldern. Insgesamt nahm die Siedlungs- und Verkehrsfläche im Vorjahr um gut 1.600 Hektar zu, was rund 2.300 Fußballfeldern entspricht.
Flächenverbrauch im Land verlangsamt sich
Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Flächenverbrauch in BW damit verlangsamt. Im Jahr 2021 wurden noch 2.278 Hektar bebaut und zum Teil versiegelt. Auch der Verbrauch pro Tag geht damit um ein gutes Viertel zurück. Allerdings liegt der Wert immer noch deutlich über dem Zielwert der Landesregierung. Im Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU heißt es, der Flächenverbrauch solle auf maximal 2,5 Hektar am Tag sinken. Bis 2035 steht im Vertrag sogar eine "Netto-Null" als Zielvorgabe.
Die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU), sieht die Entwicklungen trotzdem positiv. "Der rückläufige Flächenverbrauch im Land zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind", so Razavi am Mittwoch. Es sei erfreulich, dass der Flächenverbrauch im Land deutlich zurückgegangen ist, und zwar nicht nur im vergangenen Jahr, sondern laut den Zahlen des Statistischen Landesamts auch in der längerfristigen Betrachtung.
Der Initiative "Ländle Leben Lassen" gehen diese Entwicklungen aber noch nicht weit genug. Über 20 Umwelt- und Bauernverbände wollen mit dieser eine verbindliche Obergrenze für den Flächenverbrauch in BW erreichen. Für einen entsprechenden Volksantrag sammelt die Initiative derzeit Unterschriften, mehr als 30.000 Menschen haben bereits unterzeichnet.
BW-Naturschutzverband zeigt sich enttäuscht
Der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV) beklagt, die Regierung tue bisher zu wenig, um den Flächenverbrauch zu senken. "Den aktuellen Rückgang sollte man nicht überinterpretieren", sagte Gerhard Bronner, der LNV-Vorsitzende. "Da spielen Konjunktur, Zinsniveau und ähnliche Dinge eine große Rolle." Entscheidend seien nicht die kurzfristigen Schwankungen, sondern die langen Linien. "Und da haben wir seit 2014 Stagnation auf zu hohem Niveau", sagte Bronner.
Johannes Enssle, der Landesvorsitzende des Naturschutzbunds Deutschland (NABU), sprach angesichts des Rückgangs von einer "Hoffnung". Wirtschaftswachstum müsse nicht zwangsläufig mit Flächenverbrauch zusammenhängen. "'Netto-Null' heißt ja nicht, dass gar nicht mehr gebaut wird, sondern dass an der einen Stelle Fläche verbraucht wird, dafür an anderer Stelle wieder etwas entsiegelt wird", sagte Enssle weiter. Allein durch Aufstockungen von Gebäuden wären in ganz Deutschland 1,1 Millionen neue Wohnungen möglich.