Ausländerinnen und Ausländer, die um eine Aufenthaltsgenehmigung kämpfen, können sich an die Härtefallkommission wenden, wenn ihnen nach geltendem Recht eigentlich kein Aufenthaltsrecht zusteht. Das Gremium in Baden-Württemberg erhält aber deutlich weniger Anträge als früher - das liegt an dem vor rund einem Jahr eingeführten Chancen-Aufenthaltsrecht für Migrantinnen und Migranten.
"Die Anzahl der Anträge ist in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Dies ist ganz wesentlich auf das Chancen-Aufenthaltsgesetz zurückzuführen", sagte der Vorsitzende der Härtefallkommission, Klaus Pavel. Er geht davon aus, dass bis Ende des Jahres rund 250 Einwendungen eingehen werden. Nach Pavels Angaben gab es im vergangenen Jahr 417 Anträge, im Jahr davor waren es 450 Anträge.
Das Chancen-Aufenthaltsgesetz ist am 31. Dezember 2022 in Kraft getreten. Es gibt bestimmten geduldeten Personen eine Art Aufenthaltserlaubnis auf Probe mit der Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht.
Großes Interesse an "Chancen-Aufenthalt"
Die Resonanz auf das Gesetz ist groß: Bereits in den ersten sechs Monaten seit Inkrafttreten haben laut einer Umfrage des Mediendienstes Integration mindestens 49.000 Ausländerinnen und Ausländer einen entsprechenden Antrag gestellt. Davon wurden rund 17.000 bewilligt und etwa 2.100 abgelehnt, tausende Anträge waren zum Zeitpunkt der Umfrage noch in Bearbeitung.
"Die klareren Fälle laufen über das Chancen-Aufenthaltsgesetz. Wir sind jetzt wirklich nur für die schwierigen Fälle zuständig", sagte Pavel. Die Härtefallkommission kann bei dringenden humanitären oder persönlichen Gründen ein Härtefallersuchen an das Justizministerium richten. Dieses entscheidet dann darüber, ob die jeweilige Ausländerbehörde angewiesen wird, dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
In vier von fünf Fällen folgt das Ministerium der Kommission
Der Vorsitzende der Härtefallkommission in Baden-Württemberg geht davon aus, dass bis Jahresende rund 80 Prozent aller Empfehlungen der Kommission vom Justizministerium genehmigt werden. Staatssekretär Siegfried Lorek sagte, das Ministerium habe das Ziel, eine hohe Stattgabequote zu erreichen. "In die Abwägung fließt insbesondere mit hoher Gewichtung ein, ob die Personen in Deutschland straffrei geblieben sind", erklärte Lorek.
Die Annahme eines Härtefalls ist in der Regel ausgeschlossen, wenn der oder die Betreffende Straftaten von erheblichem Gewicht begangen hat oder ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse besteht. Dazu zählt beispielsweise die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlichen Straftat gegen das Betäubungsmittelgesetz. "Leider hatten wir in diesem Jahr einige Fälle, in denen Straftaten im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgesetz zum Vorschein traten", sagte Pavel. Auch habe es einige Menschen gegeben, die Körperverletzungen oder Diebstähle begangen hatten.
Die Härtefallkommission ist ein unabhängiges Gremium, das in Baden-Württemberg beim Justizministerium eingerichtet ist, in anderen Bundesländern beim Innenministerium. Die zehn Mitglieder der Kommission vertreten Kirchen, kommunale Landesverbände oder sind unabhängige Persönlichkeiten.