Knapp drei Viertel der Befragten (72 Prozent) geben an, sich für die Wahl sehr stark oder stark zu interessieren. Damit findet diese Europawahl deutlich mehr Aufmerksamkeit als die letzten drei Europawahlen, bei denen sich weniger als die Hälfte der Baden-Württemberger (2014: 46 Prozent) interessiert zeigte.
Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des Südwestrundfunks (SWR). Das Berliner Meinungsforschungsinstitut hat dafür 1.003 Wahlberechtigte in Baden-Württemberg im Zeitraum vom 9. bis 14. Mai 2019 telefonisch befragt.
Erstmals ist eine Mehrheit (52 Prozent) der Baden-Württemberger davon überzeugt, dass die EU-Mitgliedschaft eher Vorteile für ihr Bundesland hat. Das ist ein Plus von 16 Prozentpunkten im Vergleich zu der Umfrage vor der Europawahl 2014. Für 5 Prozent überwiegen die Nachteile (minus 7 Prozentpunkte) und für mehr als ein Drittel (37 Prozent) halten sich Vor- und Nachteile die Waage. Das Meinungsbild hat sich damit deutlich gewandelt.
Klimawandel wichtigstes Thema, gefolgt von Zuwanderung und Grenzschutz
Bei der Bewertung der wichtigsten Aufgaben der EU zeigen sich deutliche Verschiebungen. Für die Baden-Württemberger sind die Bewältigung des Klimawandels (42 Prozent) und die Erhaltung des Friedens (39 Prozent) aktuell die wichtigsten Themen, um die sich die EU vordringlich kümmern sollte. Die Bedeutung des Klimawandels für die Wahlberechtigten in Baden-Württemberg hat damit erheblich zugenommen (plus 22 Prozentpunkte).
Die Themen wie Zuwanderung und Grenzschutz haben in ähnlichem Umfang an Bedeutung gewonnen (plus 19 Prozentpunkte). Weil die Themen Klimawandel und Migration an Bedeutung so stark in den Vordergrund gerückt sind, werden andere Themen als weniger wichtig wahrgenommen. 2014 war das Thema "finanzielle Stabilität" einem Drittel der Befragten (33 Prozent) noch sehr wichtig. Damals stand noch die Finanzkrise im Fokus der Diskussion. Im aktuellen BW-Trend hat die Bedeutung des Themas deutlich abgenommen (minus 18 Prozentpunkte) und liegt jetzt bei 15 Prozent.
CDU und SPD drohen starke Verluste, Grüne könnten deutlich zulegen
Wäre bereits am kommenden Sonntag Europawahl, dann würde in Baden-Württemberg die CDU mit 31 Prozent stärkste Kraft. Allerdings müsste sie mit klaren Verlusten im Vergleich zu ihrem Wahlergebnis von 2014 (39,3 Prozent) rechnen. Auch die SPD würde deutlich verlieren und würde mit 15 Prozent (2014: 23,0 Prozent) klar hinter die Grünen zurückfallen.
Die Grünen könnten ihren Stimmanteil um fast zehn Prozentpunkte auf 23 Prozent (2014: 13,2 Prozent) steigern. Zulegen würde auch die AfD. Sie käme auf 10 Prozent der Stimmen (2014: 7,9 Prozent). Die FDP würde mit 7 Prozent besser abschneiden als bei der letzten Europawahl (2014: 4,1 Prozent). Die Linke käme mit 3 Prozent auf einen ähnlichen Stimmenanteil wie 2014 (3,6 Prozent). Alle anderen Parteien kämen zusammen auf 11 Prozent, darunter die Freien Wähler mit 3 Prozent (2014: 2,3 Prozent). Alle anderen Parteien blieben in der Sonntagsfrage unter diesem Wert.
Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich.