Gut ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl stecken beide große Parteien in Baden-Württemberg in einem historischen Umfragetief. Dagegen können die kleinen Parteien im Land derzeit mit Rekordergebnissen rechnen. Das ergibt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des SWR-Fernsehens, für die das Berliner Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap vom 26. bis 27. März 2007 rund 1.000 Wahlberechtigte in Baden-Württemberg telefonisch befragt hat.
Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre
Wenn der neue Bundestag schon am kommenden Sonntag gewählt würde, würde die CDU in Baden-Württemberg lediglich 35 Prozent erreichen (Wahlergebnis 2005: 39,2 Prozent) – das wäre ihr schlechtestes baden-württembergische Bundestagswahlergebnis überhaupt. Die SPD käme in Baden-Württemberg nur noch auf 24 Prozent (2005: 30,1 Prozent) und würde damit so schlecht abschneiden wie seit 56 Jahren nicht mehr.
Ein Jahr nach der Landtagswahl hat die Regierungskoalition unter Ministerpräsident Oettinger (CDU) deutlich an Zustimmung eingebüßt. Insgesamt verlieren CDU und FDP fast fünf Prozentpunkte gegenüber dem Wahlergebnis vom 26. März 2006.
Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahl wäre, würde die CDU nur noch 41 Prozent erreichen (Wahlergebnis: 44,2 Prozent), die FDP fiele zurück auf 9 Prozent (Wahlergebnis: 10,7 Prozent). Die SPD kann mit einem Umfrage-Ergebnis von 26 Prozent (Wahlergebnis: 25,2 Prozent) jedoch kaum von der Schwäche der Koalition profitieren. Größter Gewinner sind die Grünen, die in der Umfrage 14 Prozent erreichen (Wahlergebnis: 11,7 Prozent). Die WASG/Linke verbessert sich leicht auf 4 Prozent (Wahlergebnis: 3,1 Prozent); den Einzug in den Landtag würde sie aber weiterhin verfehlen.
Bürger sehen keine neue Aufbruchstimmung
Ein Jahr nach der Wahl verspüren lediglich 16 Prozent der Wahlberechtigten eine neue Aufbruchstimmung im Land. 77 Prozent dagegen verneinen dies. Bei den Anhängern der Regierung fällt das Urteil nicht wesentlich anders aus: 63 Prozent der CDU-Anhänger und sogar 80 Prozent der FDP-Anhänger sehen keine neue Aufbruchstimmung seit der Wahl.
Weiterhin unterdurchschnittlicher Wert für Oettinger
42 Prozent der Befragten halten Günther Oettinger (CDU) derzeit für einen guten Ministerpräsidenten, 33 Prozent nicht. Kurz vor der Wahl lagen beide Werte etwas niedriger: Damals sagten 37 Prozent der Wahlberechtigten, Oettinger sei ein guter Ministerpräsident, 29 Prozent hielten ihn für keinen guten Regierungschef.
Nach wie vor liegt der Stuttgarter Regierungschef damit unter den Werten der meisten anderen Ministerpräsidenten, die bei dieser Frage deutlich über 50 Prozent Zustimmung erhalten. Oettingers Amtsvorgänger Erwin Teufel (CDU) wurde vor seiner letzten Wahl 2001 sogar von 78 Prozent der Wähler als guter Ministerpräsident bezeichnet.
SPD: Defizite bei Themen und Personal
Dass die SPD von der Schwäche der Koalition kaum profitiert, hat inhaltliche und personelle Gründe. 61 Prozent der Wahlberechtigten kritisieren, man wisse nicht, wofür die SPD in Baden-Württemberg eigentlich stehe. Das sind nochmals acht Prozentpunkte mehr als bei der Wahl vor einem Jahr. Und 62 Prozent bemängeln, dass die SPD keine besonders fähigen Politiker an ihrer Spitze habe. Selbst bei den SPD-Anhängern sind 45 Prozent der Meinung, man wisse nicht, wofür die Partei stehe, und 42 Prozent vermissen fähige Politiker an der SPD-Spitze.