Aktionsbündnis gegründet

Zunehmende Hitzewellen in BW machen Gesundheitsminister "Kummer"

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Autor/in
Hannah Vogel

Es wird in Zukunft mehr Hitzewellen in Baden-Württemberg geben. Zum Schutz vor den Folgen hat das Landesgesundheitsministerium nun ein Aktionsbündnis ins Leben gerufen. Reicht das?

Ärzte, Politik und Meteorologen warnen wegen des Klimawandels vor zunehmenden Gesundheitsgefahren durch Hitzewellen in Baden-Württemberg. "Wir müssen uns auf die zunehmenden Hitzewellen vorbereiten und an besonders heißen Tagen Schutzmaßnahmen ergreifen", sagte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) am Mittwoch.

Deshalb haben das Landesgesundheitsministerium, die Landesärztekammer und der Deutscher Wetterdienst nun ein Aktionsbündnis zum Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen gegründet. Das Thema Hitzeschutz soll dadurch stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden.

"Länger andauernde Hitzeperioden" in BW erwartet

Besonders in Baden-Württemberg "werden wir häufigere, intensivere und länger andauernde Hitzeperioden haben", sagte Lucha. Das Land sei im bundesweiten Vergleich "mit am meisten betroffen". Der Grünen-Politiker verwies auf die Jahre 2003, 2015, 2018 und 2022, die besonders "belastet" gewesen seien.

Schon heute machten sich Hitzewellen im Gesundheitswesen stark bemerkbar, sagte Robin Maitra, Klimaschutzbeauftragter der Landesärztekammer. "Bei Hitze nehmen die Einsatzzahlen bei den Rettungsdiensten, die Krankenhausaufnahmen und die Arztbesuche zu", sagte er. Auch gebe es in Hitzephasen verstärkt schwere Erkrankungen. Es komme häufiger zu Herzinfarkten, Nierenschwächen und auch Schlaganfällen. Besonders gefährdet seien ältere, pflegebedürftige und vorerkrankte Menschen sowie Schwangere und Kinder.

Im Extremfall könne Hitze auch zum Tod führen, warnte Lucha. "In Baden-Württemberg werden pro Jahr circa 1.500 Todesfälle durch Hitze explizit mitverursacht", sagte der Minister mit Verweis auf Schätzungen des Statistischen Landesamts. Städte und Gemeinde seien gefordert, sich mit sogenannten Hitzeaktionsplänen vorzubereiten und Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Hitzepläne von Städten könnten helfen

Die Stadt Mannheim geht mit gutem Beispiel voran. Hier gibt es bereits einen Hitzaktionsplan. In einer Broschüre finden die Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel Verhaltenstipps, Notrufnummern und Anlaufstellen. Außerdem gibt es online eine Stadtkarte, auf der kühle Orte wie Kirchen oder schattige Spielplätze eingezeichnet sind.

Nach Angaben des Klimaschutzbeauftragten der Landesärztekammer Robin Maitra arbeiten auch Heidelberg, Freiburg, der Landkreis Esslingen und der Landkreis Ludwigsburg an eigenen Hitzeaktionsplänen. Aber das brauche eben auch Geld, Zeit und Ressourcen, sagte Maitra.

Landesgesundheitsminister Lucha stellte klar, dass die Hitzepläne "die Verantwortung der Kommunen" seien. Das bedeutet: Es bleibt ihnen überlassen, ob sie einen Plan erstellen oder nicht. Lucha hält nach eigenen Angaben nichts davon, sie dazu zu verpflichten. Aber er begrüße "ausdrücklich das vorbildhafte Engagement der Vorreiter-Kommunen".

Städte können "jeden Euro nur einmal ausgeben"

Auch ohne Hitzeaktionsplan setzten sich viele Städte schon jetzt dafür ein, die Folgen von Hitze für Menschen zu mindern, sagte die Präsidentin des Städtetags Baden-Württemberg, Susanne Nusser, dem SWR. Plätze würden begrünt, Frischluftschneisen geschaffen, bestehende Gewässer wie in Schwäbisch Hall wieder zurück an die Oberfläche verlegt. "So heizen sich die Städte weniger stark auf", so Nusser.

Auch Trinkwasserbrunnen würden aufgestellt. Vor allem in Stuttgart ist nach Einschätzung von Nusser hier in den vergangenen Jahren viel passiert. "Dass man immer noch mehr machen könnte, das will ich gar nicht in Abrede stellen", sagte Nusser.

In vielen Städten liege der Fokus im Moment eher auf Klimaschutzmaßnahmen wie dem Ausbau der erneuerbaren Energien, der energetischen Gebäudesanierung oder klimaneutralem Heizen und Kommunen könnten "jeden Euro eben nur einmal ausgeben". Das sei schwierig, findet Nusser, weil beides wichtig sei.

Außerdem brauchten stadtplanerische Maßnahmen einen gewissen zeitlichen Vorlauf und die entsprechenden Fachkräfte. "An diese Projekten arbeiten Ingenieure, Baufirmen, Stadtplaner und Verwaltungsangestellte mit", so Nusser. "Das lässt sich nicht alles auf einmal machen."

Landesseniorenrat: Vielerorts beim Hitzeschutz "gar nichts geschehen"

"Vielerorts ist noch wenig bis gar nichts geschehen", kritisierte dagegen Eckart Hammer, Vorsitzender des Landesseniorenrats Baden-Württemberg, im Gespräch mit dem SWR. Zum Beispiel müssten dringend mehr Grünflächen in Städten geschaffen werden.

"Wir brauchen auch unbedingt mehr Beschattung durch Bäume", sagte Hammer. Vor allem an öffentlichen Plätzen sei das wichtig, aber auch überall sonst, wo zum Beispiel Parkbänke stünden. Außerdem brauche es mehr Trinkwassersäulen mit kostenlosem Wasser, in den Orten, aber auch außerhalb.

Zudem forderte Hammer, es müsse in allen Städten und Gemeinden im Land über kühle Rückzugsorte bei Hitze informiert werden - ähnlich wie in Mannheim. "Das wissen sonst nur Eingeweihte", so der Vorsitzende des Landesseniorenrats. Es brauche einerseits Onlineangebote dazu, andererseits aber auch Broschüren oder Hinweisschilder. "Denn die Hälfte der über 75-Jährigen ist nicht online."

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