Das wird ein Hit
Bernd Clüver, das war der "Junge mit der Mundharmonika"! Das Original "El chico de la armónica" stammte aus Spanien und war dort 1972 bereits erfolgreich. Peter Orloff schrieb in einer Nacht- und Nebelaktion den deutschen Text dazu. Bernd Clüver erinnerte sich später an die Aufnahmesitzung:
Gerangel - auch Vicky Leandros wollte den Titel singen
Bis es soweit sein sollte, waren noch mehrere Hürden zu nehmen. Auch das Team um Vicky Leandros war auf den Titel aufmerksam geworden und wollte ebenfalls eine deutsche Version - allerdings mit anderem Text - auf Single veröffentlichen. Plötzlich gab es Rangeleien um die entsprechenden Rechte, doch letztlich hatte der Newcomer das Glück auf seiner Seite. Diese Widrigkeiten hatten der anfänglichen Begeisterung vermutlich etwas zugesetzt, denn es wurde entschieden, den "Jungen mit der Mundharmonika" nur als B-Seite herauszubringen. Doch bei der Promotion-Tour zur neuen Single waren sich die Fachleute bei Presse, Funk und Fernsehen einig, dass genau dieser Song das notwendige Hitpotential besaß.
Die ZDF-Hitparade lehnte erst ab und sagte dann zu
Die Einsicht in den Chefetagen kam nicht zu spät und man begann, den "Jungen mit der Mundharmonika" zu bewerben. Ende 1972 wurde das Lied als Vorschlag bei der "ZDF-Hitparade" eingereicht und prompt abgelehnt. Doch die Plattenfirma machte von ihrem Recht Gebrauch, einen Titel auch zweimal anbieten zu dürfen. Disemal klappte das Vorhaben und Bernd Clüver stellte ihn im Januar 1973 bei Dieter Thomas Heck vor, der zu einem der besten Freunde des Sängers wurde.
Grenzenloser Erfolg mit tollen Hits
Der lange Atem hatte sich gelohnt und nach einer neunmonatigen Anlaufzeit kam der sensationelle Durchbruch. Am 25. Geburtstag des Künstlers regnete es für ihn Gold. Unter anderem bekam er von seiner Plattenfirma einen besonderen Preis verliehen, den es bis dato noch nicht gegeben hatte: eine goldene Mundharmonika. Weltweit gingen fast 2 Millionen Exemplare der Single über die Ladentische. Doch wo der Erfolg ist, sind die Kritiker nicht weit. Allen Unkenrufen - vornehmlich der Fachpresse - zum Trotz stellte Bernd Clüver unter Beweis, dass er kein "One-Hit-Wonder" war. "Der kleine Prinz", "Bevor Du einschläfst" oder "Das Tor zum Garten der Träume" - in den 1970er Jahren landete er einen Hit nach dem anderen und war aus den Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken.
Bernd Clüver und der Grand Prix
Die frühen 1980er Jahre brachten ein neues Produzenten-Team: Auf Peter Orloff folgten Michael Reinecke und Volker Lechtenbrink. Unter den gemeinsam ausgearbeiteten Titeln war auch das Lied "Rücksicht". Was auf keiner Platte steht: Clüver hatte diesen Titel zusammen mit Lechtenbrink getextet, wollte ihn auch in sein Repertoire nehmen, doch die Plattenfirma lehnte ab. Wenig später traten damit Hoffmann & Hoffmann beim Grand Prix d’Eurovision de la Chanson an und heute ist ihre Aufnahme ein Evergreen.
Diese Episode war bezeichnend für die folgende Zeit, denn sowohl privat als auch geschäftlich lief es für Bernd Clüver nicht sonderlich gut. In diese Zeit fiel die Scheidung von seiner ersten Frau Ute. Er wechselte mehrfach die Plattenfirma und die Produzenten, zu denen kurzzeitig auch Dieter Bohlen zählte. Zweimal nahm Bernd Clüver an der Deutschen Vorentscheidung zum "Grand Prix d’Eurovison de la Chanson" teil, doch sein Wunsch, die Deutschland auf internationalem Parkett vertreten zu dürfen, erfüllte sich nicht.
Der Schlagerstar zurück auf der Erfolgsspur
Nach den nur mäßig erfolgreichen 1980er Jahren startete das neue Jahrzehnt wesentlich erfolgsversprechender. Bernd Clüver lernte den Musiker und Produzenten Chris Flanger kennen und aus der gemeinsamen Arbeit entwickelte sich ein Comeback. Nomen est omen: "Das mit Dir könnte geh’n" traf 1991 voll und ganz ins Schwarze. "Es fühlte sich fast wie eine Neuauflage der erfolgreichen 70er an", erklärte Bernd Clüver rückblickend.
Alles aus einer Hand
Der ehemalige Jura-Student, der ursprünglich Zahnarzt werden wollte und die Musik während seiner Bundeswehrzeit eigentlich nur als Hobby betrieb, hatte sich im Lauf der Jahre zu einem Allrounder im Showgeschäft entwickelt. Bernd Clüver war nicht nur Sänger, sondern darüber hinaus Entertainer, Moderator, Komponist, Texter, Produzent, Verleger und später - zusammen mit seiner Schwester Ingrid - sogar Inhaber einer eigenen Plattenfirma.
Auf nach Mallorca
Über 400 TV- und rund 6.000 Bühnenauftritte im In- und Ausland sowie 10 Millionen verkaufte Tonträger gehören zu seiner Erfolgsbilanz. Um dem "ganz normalen Wahnsinn" hierzulande zu entfliehen, kaufte er sich eine Finca auf Mallorca, was sich in seinem hektischen Beruf als ein idealer Rückzugsort erwies. In dieser Umgebung fand er die notwendige Ruhe, um neue Lieder und Texte zu schreiben.
Auf der Insel fand sein Leben auch ein tragisches Ende. Bei einem Treppensturz in seinem Haus erlitt Bernd Clüver schwere Verletzungen, an deren Folgen er am 28. Juli 2011 verstarb. Wenige Wochen später wurde seine Urne im engen Familien- und Freundeskreis auf seinen Wunsch hin in der Nordsee beigesetzt. Er war nur 63 Jahre alt geworden.
Bernd Clüver - der Steckbrief
Leben | Geboren am 10. April 1948 in Hildesheim, gestorben am 28. Juli 2011 in Palma, Mallorca. Wurde auf eigenen Wunsch in der Nordsee bestattet. |
Ehen | Zuerst mit dem Model Ute Kittelberger. Nach der Trennung heiratete er Anja Hörnich (ehemalige Miss Germany und Queen of Europe), 2011 Scheidung. |
Beruf | Rundfunk-Moderator beim ehemaligen Südwestfunk in Baden-Baden. |
Ärger | Der Song "Mike und sein Freund" nötigte ihm in zahlreichen Interviews die Erklärung ab, dass er "nicht so" sei. |
Film | "Zwei im siebenten Himmel" (1974); in den Hauptrollen: Peter Orloff, Bernd Clüver sowie dessen Ehefrau Ute Kittelberger |
Wohltätigkeit | Engagierte sich für die Deutsche Welthungerhilfe und unterstützte in Not geratene peruanische Familien. |