Der Erfolg von "Über den Wolken" kam überraschend
"Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein" - diese Titelzeile wurde zum geflügelten Wort und das Lied zählt zu den größten Erfolgen von Reinhard Mey. Dass daraus ein solch großer Wurf werden würde, war völlig ungeplant. Das Lied handelt vom Flugplatz Wilhelmshaven-Mariensiel, wo Reinhard Mey seine Fluglizenz erwarb. Er schrieb es 1974 für sich selbst. Es war nur ein Titel unter mehreren auf einer Langspielplatte.
Reinhard Mey - der Liedermacher, der kein Schlagersänger sein will
Vieles aus der Feder von Reinhard Mey wurde zum Allgemeingut, was seine häufige Präsenz in den Bestsellerlisten unterstreicht. Dieser immense kommerzielle Erfolg ist in der Liedermacher-Szene eher eine Ausnahmeerscheinung. Vermutlich liegt auch hier der Grund, weshalb seine Kunst zu seinem Leidwesen häufig dem deutschen Schlager zugeschrieben wird. Eine Zuordnung, gegen die sich Mey vehement zur Wehr setzt. So quittierte er 1999 die Nominierung der Deutschen Phono-Akademie für den Schallplattenpreis "Echo" in der Kategorie "Deutscher Schlager" mit einer Absage. Zeit seines Lebens habe er nach "Auswegen aus dem Elend des deutschen Schlagers gesucht", wird Reinhard Mey zitiert.
Lieber Chansons statt "piefige Unterhaltungsmusik"
"Irgendwann im Frühjahr 1964 flatterte mir eine Einladung zu 'Chanson Folklore International' auf den Tisch, ein Plakat und ein Programmheft mit singenden Fingerabdruck-Vögelchen. Folklore und International fand ich spannend und Chanson war genau das, was ich machen wollte." Auf Burg Waldeck, dem wohl bekanntesten Liedermacher-Treffpunkt der 1960er Jahre, gelang Reinhard Mey der Durchbruch. "Jemand führte mich auf die Bühne und eh ich begriffen hatte, wie mir geschah, hatte ich meine drei Lieder gesungen, einen ermutigenden Applaus bekommen und den ersten und einzigen Auftritt meines Lebens ohne Lampenfieber hinter mir." Auf Burg Waldeck hatte Meys erstes eigenes Chanson "Ich wollte wie Orpheus singen" Premiere.
Der erste Plattenvertrag und ein Studium in Betriebswirtschaft
Noch während seiner Lehre zum Industriekaufmann kam 1965 der erste Plattenvertrag. "Weil ich aber nun nicht wusste, wie das mit der Musik weitergeht, habe ich pro forma ein Studium der Betriebswirtschaft an der Technischen Universität in Berlin aufgenommen." Mehr Interesse galt jedoch dem Musizieren und bald hängte er das Studium an den Nagel. Ein Meilenstein waren 1967 die LP "Ich wollte wie Orpheus singen" und ein Auftritt innerhalb des deutschen Teams beim Chansonfestival in Knokke, der ihm die Türen zum französischen Plattenmarkt öffnete.
Als Frédérik Mey mit französischen Chansons erfolgreich
Die Karriere bei unseren westlichen Nachbarn als "Frédérik Mey" startete mit einer Langspielplatte, die er unter primitivsten Bedingungen mit einem Tonbandkoffer selbst aufgenommen hatte. Der Künstlername leitete sich von seinem zweiten Vornamen Friedrich ab. Sein französischer Produzent machte den Vorschlag, diese Platte bei der "Académie de la Chanson Francaise" einzureichen. "Mit dem Glück, das dem Anfänger manchmal hold ist, hat die Jury gesagt, diese Platte kriegt einen Preis, der erste Preis, den ich bekommen habe.", so Mey später dazu.
Reinhard Meys Texte in französischen Schulbüchern
Bis 2005 veröffentlichte Reinhard Mey sieben Langspielplatten in französischer Sprache. Dort hat er von Anfang an große Erfolge gefeiert, trat in den berühmtesten Konzerthallen wie dem "Olympia" oder "Bobino" auf und seine Texte fanden sogar Eingang in französische Schulbücher. Seine Popularität veranlasste 1979 sogar einen französischen Rosenzüchter dazu, einer korallenroten Rose den Namen "Frédérik Mey" zu geben, die in Orléans mit einem 1. Preis ausgezeichnet wurde.
Reinhard Mey und seine erste Ehefrau Christine
Schon in jungen Jahren war bei Reinhard Mey die Nähe zu Frankreich gegeben. Er besuchte das Französische Gymnasium in Berlin, wo er 1963 das deutsche Abitur sowie das französische Baccalauréat erlangte. Mehrfach war er als Austauschschüler bei unseren linksrheinischen Nachbarn zu Gast. Zudem war seine erste Ehefrau eine Französin: Christine hatte er 1961 kennengelernt. Von 1967 bis 1976 waren sie verheiratet. Sie war auch die Inspiration für einige seiner frühen Lieder. So spielte sie beispielsweise in "Du, mein Mädchen" oder "Christine", welches nur in Frankreich erschien, eine Rolle. Am populärsten wurde "Ankomme, Freitag den 13".
Seine Lieder schauen dem Alltag "auf die Finger"
Hunderte Chansons sind im Laufe der Jahrzehnte zusammengekommen, von denen viele autobiographische Züge tragen. In seinen Liedern erzählt Reinhard Mey, was er erlebt, ihn bewegt und was er beobachtet. Mit viel Einfühlungsvermögen schaut er dem Alltag auf die Finger und gibt ihn treffend wieder: mal böse, mal heiter, bisweilen melancholisch und auch kritisch. Dabei gelingt es ihm immer wieder aufs Neue, Anspruch und Unterhaltung perfekt miteinander zu verbinden. Zahlreiche Preise und Edelmetall-Auszeichnungen konnte der Liedermacher für diese Leistung im Laufe der Jahre in Empfang nehmen.
Das soziale Engagement für Kinder gehört für Reinhard Mey dazu
Reinhard Mey stellt seine Popularität häufig und gerne in den Dienst wohltätiger Zwecke.
Für Kinder engagiert sich Reinhard Mey besonders. Sie stehen immer wieder im Mittelpunkt seiner Lieder und oft bringt er darin seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse zum Ausdruck. 1989 bündelte er all seine Lieder zum Thema Kinder und veröffentlichte das Album "Mein Apfelbäumchen". Seinen Anteil aus dem Erlös der Produktion spendete er krebskranken Kindern.
Sohn Maximilian stirbt mit nur 32 Jahren
Das Jahr 2014 bedeutete für den Vater Reinhard Mey eine schmerzliche Zäsur. Während der Arbeiten zu seinem 25. Studioalbum "Mairegen" fiel sein Sohn Maximilian infolge einer verschleppten Lungenentzündung in ein Wachkoma, fünf Jahre später verstarb er - im Alter von nur 32 Jahren. Ihm widmete der Sänger den Titel "Drachenblut".
Das Lied "Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht" ist aktueller denn je
Wie lebensnah die Lieder von Reinhard Mey sind, beweist der Titel "Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht", der 1986 entstand. Er befasst sich mit Kriegsdienstverweigerung und der Flucht vor dem Krieg - Themen, die heute aktueller sind denn je.
Unter dem Projektnamen "Reinhard Mey & Freunde" entstand 2020 eine Neuaufnahme sowie ein Video des Songs "Nein, meine Söhne geb‘ ich nicht" zu Gunsten von "Friedensdorf International e.V.". Diese Einrichtung hat es sich zur Aufgabe gemacht, kranke und verletzte Kinder aus Kriegsgebieten zu versorgen.
Reinhard Mey - ein Mann und seine Gitarre
Wie die Zeit vergeht: 1970 gab Reinhard Mey seine ersten Solokonzerte. Ein Jahr später folgte die erste große Deutschland-Tournee. Ausgedehnte Gastspielreisen führten ihn durch Österreich, die Schweiz, Frankreich, Holland und Belgien. Große Säle, ausverkaufte Konzerthäuser und eine leere Bühne - nur ausgefüllt von einem Mann und seiner Gitarre, der das Publikum in seinen Bann zieht. Damals wie heute: Zwar sind die Konzerte des Liedermachers rarer geworden, das Interesse des Publikums ist jedoch ungebrochen, die Eintrittskarten begehrt und schnell vergriffen. Und auch nach seinem 81. Geburtstag will der Liedermacher nicht als Schlagersänger gesehen werden.
Steckbrief von Reinhard Mey | |
Geboren am | 21. Dezember 1942 in Berlin-Wilmersdorf |
Musikalische Anfänge | 1957 Musiker & Leiter der "Rotten Radish Skiffle Group" 1961 Gründung des Trios "Les trois affamés" 1965 erste Single "Geh und fang den Wind" als Rainer Mey |
Pseudonym | Alfons Yondraschek - unter diesem Namen schrieb er das Lied "Gute Nacht, Freunde" |
Familie | 1967 Heirat mit Christine, 1976 Scheidung 1977 Heirat mit Hella 1976 Geburt des Sohnes Frederik 1982 Geburt des Sohnes Max, 2014 verstorben 1985 Geburt der Tochter Victoria-Luise |
Auszeichnungen | 1983 Bundesverdienstkreuz am Bande 2001 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse |