SWR1 Sonntagmorgen

Was die Seele stark macht

Stand
Autor/in
Susanne Babila

Manche Menschen verzweifeln an schweren Krisen, andere wachsen sogar daran. Das Zauberwort psychischer Widerstandsfähigkeit heißt Resilienz. Doch wie lernt man das?  

Ob Krankheit, Trennung, Kündigung, Insolvenz oder Tod eines geliebten Menschen, keiner ist vor Schicksalsschlägen oder Krisenzeiten gefeit. Auch der Ukraine-Krieg, der Klimawandel oder die Coronapandemie belasten viele. Manchen nimmt es sogar den Lebensmut. Andere scheinen diese Herausforderungen besser zu verkraften. Sie haben eines gemeinsam: Resilienz.  

Resilienz: Was ist das? 

Resilienz bezeichnet die innere Widerstandskraft eines Menschen. Wer resilient ist, greift in Krisenzeiten auf seine sozialen und persönlichen Ressourcen zurück. "Es spiele eine große Rolle, wie ich lerne, mit Dingen umzugehen", meint Psychologin Isabella Helmreich. Sie forscht zum Thema Resilienz am Leibniz-Institut in Mainz. Was resiliente Persönlichkeiten ausmacht, ist, dass sie sich darüber bewusst sind, ihr Schicksal zu einem großen Teil selbst in die Hand nehmen zu können – trotz der widrigsten äusseren Umstände.

Resilienz lernen 

Resilienz, die Fähigkeit, Unsicherheiten und Krisen zu bewältigen kann man lernen, sagt die Leiterin des Bereichs "Resilienz & Gesellschaft" am Leibniz-Institut für Resilienzforschung (LIR) in Mainz. Die Fähigkeit zur Resilienz bringt zwar der eine Mensch in seiner Persönlichkeit mehr mit, der andere weniger. Das soziale Umfeld und Traumata in der Vergangenheit spielten da eine Rolle. Entscheidend seien aber letztendlich sogenannte Resilienzfaktoren, auf die man Einfluss nehmen könne.  

Besonders wichtig ist wirklich mal innezuhalten und zu schauen, was macht mir Angst, (…) aber auch, wo liegen meine Ressourcen, was sind positive Dinge in meinem Leben

Es geht um die Grundhaltungen: Wie blicke ich auf die Welt?  

Optimisten bekommen eher Hilfe, sagt Isabella Helmreich. Eine positive Grundhaltung überträgt sich offenbar auf andere Menschen. Jeder sollte sich fragen: Wie blicke ich auf die Welt? Erlebe ich die Welt als verstehbar? Habe ich das Gefühl der Selbstwirksamkeit, also: habe ich Mittel, Wege und Fähigkeiten, etwas zu gestalten oder zu verändern? Der Weg aus der Ohnmacht sei dann, eine Strategie zu entwickeln, wie man der scheinbar ausweglosen Situation entkommt. Dabei sei die Frage: Wo will ich hin? Und wie will ich diesen Weg gehen?   

Die vierjährige Amy sitzt in einer Wiese voller verblüter Löwenzahnblumen. In die Welt schauen, Resilienz, Achtsamkeit

Resilienz-Projekt für Kinder

So hat das Deutsche Rote Kreuz ein Resilienz-Projekt für Kinder gestartet. Seit der Flutkatastrophe im Ahrtal ist die Hilfsorganisation mit großen Alpaka-Handpuppen in Grundschulen unterwegs. Das soll jetzt auch in anderen Grundschulen ausgebaut werden. Vor allem mit Kindern, die traumatisiert sind oder in schwierigen Beziehungen leben. Viele Kinder haben immer noch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen und sie sind auch verunsichert durch den Krieg in der Ukraine oder die Inflation. Sie spüren die Auswirkungen in ihren Familien und fühlen sich ohnmächtig. Mit Plüsch-Alpaka Indigo lernen sie, mit ihren Gefühlen, wie Angst, Trauer oder Wut, umzugehen. Und Indigo hat auch ein paar Tricks parat. Zum Beispiel: Wenn die Angst kommt, auf ein Bein stellen und dabei ein Lieblingslied singen. "Doch vor allem sei es wichtig, an sich selbst zu glauben", sagt Faris Shehabi, Leiter des Kinder-Resilienz-Projektes, "und das könne man lernen."

Angst und Trauer gehören zur Resilienz dazu   

Alles unangenehme ausschalten? Nein! Auch unangenehme Emotionen müssen und dürfen da sein, sagt die Resilienz-Forscherin. Deswegen sollte man  hinschauen und die Frage stellen:  warum habe ich Angst? Was will mir die Emotion sagen? Wichtig sei es, der Emotion Raum zu geben. "Resilienz heißt nicht, wie eine Teflonpfanne alles an sich abgleiten zu lassen", so Isabella Helmreich, und weiter "Angst und Trauer zu spüren sind die Nebenwirkungen der Resilienz. Wer negative Gefühle zulasse, der sei aber frei, bewusst Schönes zu suchen. Und so auch in schweren Zeiten bereit, den Akku wieder aufzuladen. 

 

Mehr zum Thema Resilienz

Tipps von Resilienzforscherin Dr. Donya Gilan Wie wir mit Krisen umgehen können

Momentan häufen sich negative Nachrichten. Dazu kommen unsere Alltagssorgen. Resilienzforscherin Dr. Donya Gilan gibt Tipps, um die eigene Resilienz zu stärken.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Jugend zwischen Geigen und Bomben „Resistruments“ macht aus russischem Kriegsschrott Musik

Empowerment durch Kreativität: „Art Helps“ arbeitet im Projekt „Resistruments“ mit ukrainischen Jugendlichen, die Instrumente aus russischem Kriegsschrott bauen.

SWR2 am Morgen SWR2

Der Standpunkt in unserer Sendung Pro Teil-Legalisierung von Cannabis. Von Dieter Karl Mäurer

Der Bundestag hat die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Deutschland beschlossen. Unser Kollege Dietrich Karl Mäurer findet das gut!

Der Standpunkt in unserer Sendung Contra Teil-Legalisierung von Cannabis. Von Hans-Joachim Vieweger

Haschisch für den eigenen Konsum soll straffrei werden. Das hat der Bundestag beschlossen. Nicht gut, sagt unser Kollege Hans-Joachim Vieweger

Stand
Autor/in
Susanne Babila