Muslime beten in der Moschee von Sheikh Abdul Qadir Al-Kilani anlässlich der Laylat al-Qadr, der Nacht des Erlasses, am 26. Tag des heiligen Fastenmonats Ramadan. Laylat al-Qadr ist eine der heiligsten Nächte des Islams, in der dem Propheten Mohammed die ersten Verse des Korans offenbart worden sein sollen.

SWR1 Sonntagmorgen

Liberaler Islam in Deutschland - Zwischen Toleranz und verhaltenem Zuspruch

Stand
Autor/in
Cüneyt Özadali

Das Glaubensleben der Muslime in Deutschland ist vielfältig. Für eine kleine, aber spannende Entwicklung stehen dabei die Vertreter des sogenannten liberalen Islam.

Schätzungsweise mehr als fünf Millionen Muslime leben in Deutschland. Aleviten, Sunniten, Schiiten, Ahmadiyya. Die meisten sind konservativ eingestellt. Weniger bekannt sind die Vertreter des sogenannten liberalen Islam. Er zeigt eine kleine, aber spannende Entwicklung auf. In der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart gab es dazu in Zusammenarbeit mit der Stiftung Weltethos Tübingen in dieser Woche eine Tagung.

Liberal-Islamischer Bund (LIB)

Im Jahr 2010 wurde der "Liberal-Islamische Bund e.V." (LIB) gegründet. Er hat sieben Gemeinden in Deutschland. Fast genauso lange ist Annika Mehmeti aus der Nähe von Koblenz dabei. "Ich möchte in der Gesellschaft etwas verändern. Ich möchte Angebote machen an diejenigen, die den Islam neu denken möchten", sagt sie. Das neue Denken zeigt sich zum Beispiel in der Rolle der Frau. Eine Muslimin als Vorbeterin für die Gemeinde ist genauso wenig ein Tabu, wie das gemeinsame Gebet von Frauen und Männern. Inspiriert ist die Bewegung, so die Vertreter, vom liberalen Judentum, das bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht.

Muslimische Frauen des Liberal-Islamischen Bundes beten am 25.01.2015 in Köln (Nordrhein-Westfalen) bei einem Treffen der Gemeinde. Diese muslimische Gemeinde ist anders. Der Imam ist weiblich. Männer und Frauen beten zusammen. Kopftuch kann, muss nicht. Prominente Gesichter sind dabei in Köln.
Muslimische Frauen des Liberal-Islamischen Bundes beten bei einem Treffen der Gemeinde in Köln.

Der Umgang mit dem Begriff “liberal“

Mit seiner Größe von rund 300 Mitgliedern ist der Liberal- Islamische Bund noch weit von der Größe der türkisch geprägten, sehr konservativen Verbände Ditib oder Milli Görüs entfernt. Doch warum ist der Bund seit seiner Gründung so klein geblieben? Den Ausdruck "liberal" lehnten sehr viele Muslime ab. Er klinge sehr nach Parteipolitik, sagt Friedmann Eißler, Islambeauftragter der württembergischen Landeskirche. Zudem stehe der Ausdruck in erster Linie für Werte der westlichen Gesellschaften, die als stark religionskritisch oder gar feindlich wahrgenommen würden. "Und da finden sich viele religiöse Menschen nicht wieder", erklärt Eißler. Muslime, die man als liberal bezeichnen könnte, sind in aller Regel gut integriert, sagt Eißler. Sie beteiligten sich am gesellschaftlichen Leben und hätten nicht das Bedürfnis, sich dann noch aus religiösen Gründen gesondert zu organisieren.

Trend zum konservativen oder liberalen Islam?

Es gebe hoffnungsvolle Stimmen, die sagten, ein liberaleres Weltbild werde sich wie bei den christlichen Kirchen mehr und mehr durchsetzen, erklärt Eißler.  "Aber so wie ich die Lage heute sehe, kann ich das überhaupt nicht feststellen. Die Dominanz der konservativen Verbände ist ungebrochen und wird ausgebaut".

Liberale greifen wichtige Fragen auf

Trotz der geringen Größe traut Islamwissenschaftler Hussein Hamdan von der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, den liberalen Organisationen einen Einfluss auf das muslimische Leben in Deutschland zu. Denn der liberale Islam würde die weitaus großen, etablierten islamischen Verbände vor große politische, gesellschaftliche Herausforderungen stellen. "Die großen Verbände müssen Antworten auf die Fragen liefern, die der liberale Islam aufwirft", sagt Hamdan. Zum Beispiel wenn eine Muslimin mit einem Nicht-Muslim religiös getraut werden möchte. Oder wenn homosexuelle Musliminnen und Muslime eine Gemeinde suchen.

Nela Fichtner, SWR Redaktion Religion, Migration und Gesellschaft

Moderatorin am Sonntagmorgen Nela Fichtner

Moderatorin am Sonntagmorgen

Der Standpunkt in unserer Sendung Wer steht auf für die Jüdinnen und Juden im Land? Von Anne Görler

An der FU Berlin wurde jüdischer Student krankenhausreif geschlagen. Ein neuer Höhepunkt des Antisemitismus'. Was folgt daraus?- fragt Anne Görler.

Stand
Autor/in
Cüneyt Özadali