Die südtürkische Stadt Antakya ist bekannt für ihre kulturelle und religiöse Vielfalt. Markus Brandstetter hat die Stadt vor einigen Tagen besucht. Er erlebte eine Geisterstadt. "Ich bin gar nicht sicher, ob ich jetzt nach einem Jahr schockierter gewesen bin, diese Stadt so vorzufinden als damals zwei Tage nach dem Erdbeben," erzählt Brandstetter. Für den Geschäftsführer der Hilforganisation "3 Musketiere Reutlingen" gleicht die Stadt in weiten Teilen einer Steinwüste. Dazwischen immer wieder Zeichen von Menschen: Geschirr, Spielzeug, Möbelstücke.
Die "3 Musketiere Reutlingen" helfen seit dem Beben im Februar 2023. "Wir sind natürlich extrem von Spenden abhängig und die Spendeneinnahmen sind unmittelbar nach dem Erdbeben relativ stark eingebrochen", berichtet Brandstetter. Dank der Unterstützung einer Partnerorganisation könne man das Projekt für die Kinder noch für ein halbes Jahr weiterführen. In neu errichteten Holz-Containern soll nun Unterricht stattfinden. "Dort wird auch gespielt, gebastelt, gesungen, musiziert. Ein Tonstudio wird entstehen," sagt Brandstetter.
Viele Organisationen haben nach dem Erdbeben geholfen
Ein Jahr nach dem Erdbeben in der Grenzregion von Syrien und der Türkei haben auch die Hilfsorganisationen im Bündnis "Aktion Deutschland Hilft" Bilanz gezogen. Durch Spenden von insgesamt 83 Millionen Euro hätten die Organisationen mit ihren lokalen Partnern mehr als 113 Hilfsprojekte umgesetzt, unter anderem knapp 47.000 Zelte und Notunterkünfte aufgebaut und mehr als 27.770 Häuser und Wohnungen instand gesetzt, erklärte das Bündnis in Bonn.
Jobs schaffen
Im Nordosten von Syrien seien die Menschen sowohl von den Folgen des Erdbebens als auch von den Zerstörungen des seit 2011 andauernden Kriegs schwer getroffen. Für viele war die Flucht in angrenzende Gebiete der einzige Ausweg, wie die Johanniter Auslandshilfe erklärte. Mit lokalen Partnerorganisationen stünden nun Hilfsprogramme für einkommensschaffende Tätigkeiten im Mittelpunkt. Auch psychosoziale Unterstützung wollen wir bereitstellen, um Menschen, die Schlimmes erlebt haben, stark für die Zukunft zu machen", erklärte Sevin Ibrahim, Johanniter-Programmverantwortliche für die Erdbebenregionen in der Türkei und Syrien.
"Unsere Partner haben Betroffene beispielsweise im Schneiderberuf ausgebildet. Sie erhielten im Rahmen der Ausbildung für das Nähen von Winterkleidung ein eigenes Einkommen. Die produzierte Kleidung verteilten unsere Partner dann vor allem an Kinder", erklärt Hannah Sausen, Projekt-Verantwortliche der Diakonie Katastrophenhilfe für Syrien. Mehr als 20.000 Menschen erhielten auf diese Weise wärmende Kleidung.
Medizinische Hilfe für Kinder mit Behinderungen
World Vision habe mit einem Paket an medizinischen Hilfen auf dringende Gesundheits- und Ernährungsbedürfnisse in Nordwest-Syrien reagiert. So seien tausende Kinder auf Seh- und Hörschäden untersucht, Menschen mit Behinderungen oder Prothesen bei Bedarf kostenlos mit den nötigen Hilfsmitteln versorgt worden, erklärte Marie-Theres Wohlfahrt, Referentin Humanitäre Hilfe.
Caritas International hat mit mehr als 10 Millionen Euro geholfen
Auch ein Jahr nach dem verheerenden Erdbeben in der Südosttürkei und im Nordwesten Syriens ist Hilfe für die Menschen nach wie vor dringend notwendig, darauf weist Caritas international, das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, hin. Gegenwärtig leiste das Hilfswerk mit den Partnern besonders Winterhilfen. Die Partnerorganisationen reparierten beschädigte Häuser und Wohnungen und setzen sie instand.
Traumata können nur mit professioneller Hilfe aufgearbeitet werden
Darüber hinaus unterstütze Caritas international die Menschen mit rechtlichen Beratungen und psychosozialen Hilfen. "Das Erlebte wirkt bis heute nach, die erlittenen Traumata können nur mit professioneller Hilfe aufgearbeitet werden. Dabei helfen wir den Menschen", erläutert Oliver Müller. Caritas international hat nach eigenen Angaben bisher für die Erdbebenhilfe in beiden Ländern mehr als zehn Millionen Euro bereitgestellt.