Für Wolfgang Niedecken ist die fehlende Planungssicherheit immer noch ein einschränkender Aspekt. In den letzten zwei Jahren wurde "immer wieder was geplant und dann musste man das doch wieder in die Tonne treten, oder wieder neu planen, (...) wenn man in diesen zwei Jahren nicht flexibel war, dann war man verloren."
Neues Buch über Bob Dylan von Wolfgang Niedecken
Niedecken hat während der Zwangspause ein Buch über Bob Dylan geschrieben und war mit der passenden Lesung auf Tour, Langeweile kam also nicht auf: "Also Gott sei Dank hab ich genug Ideen, was man machen kann, aber mit der Band sind wir jetzt endlich mal unterwegs und das macht einen Riesenspaß."
Trotzdem weiß der Musiker, dass dieses Glück, auf Tour zu sein und aktuell Konzerte geben zu können, auch sehr schnell vorbei sein kann: "Man weiß auch nie, wann der nächste aus der Band kommt, der sagt: 'Moment, ich hab gerade Corona'.
"Komm scheiß drauf, wir machen das jetzt"
Viele Zuschauer scheuen sich noch, auf Konzerte zu gehen. Das ist auch eine Generationenfrage, so Niedecken: "Wenn ich im Alter zwischen 20 und 30 wäre, würde ich auch sagen: Komm scheiß drauf, wir machen das jetzt! Nur bin ich 71 Jahre, hab mittlerweile vier Kinder und zwei Enkel, so ein bisschen Lebenserfahrung, die mir sagt, sei mal ein bisschen vorsichtig.”
Konzert in Ingelheim
Vor 40 Jahren hat der Kölner schon einmal in Ingelheim ein Konzert gegeben, im inzwischen abgerissenen "Keller-Kunst-Keller". Jetzt geht es Open Air an die Burgkirche in Ingelheim. Und er hat sich im Internet den Veranstaltungsort schon mal angeschaut: "Ich bin schon vorgeflogen mit Google Earth und hab geguckt wo wir spielen. Das ist super! Im Hintergrund die Kirche und dann gucken wir aufs freie Feld. Das muss eine ganz tolle Location sein. Ich freue mich da sehr drauf."
"Ping Pong Ding" zwischen BAP und Publikum
Bei seinen Konzerten sieht sich Niedecken nicht nur als Musiker auf der Bühne. Er fühlt sich als Gastgeber: "In erster Linie bin ich Gastgeber. Ich habe nur eine fantastische Band, die mir dabei hilft. Ich muss gucken, dass die Leute sich überall wohlfühlen, ob die vorne sich wohlfühlen, wenn gedrängelt wird, oder ob die, die weit hinten sind, noch was hören. Ich krieg das alles mit."
Dabei hilft Niedecken auch seine jahrzehntelange Erfahrung auf der Bühne. "Ich kann im Publikum lesen, ob das funktioniert. Ich muss sehen, dass alle optimale Verhältnisse haben, und auch die Band muss sich wohlfühlen. Denn nur, wenn man sich wohlfühlt, kann man das auch wieder ans Publikum vermitteln, und das Publikum vermittelt das wieder zurück. Das ist so ein Ping Pong Ding".
Das Gespräch führte Veit Berthold.