Wir haben mit dem "Förster des Jahres" Martin Janner aus Oberwallmenach im Rhein-Lahn-Kreis unter anderem darüber gesprochen, wie es dem Wald aktuell tatsächlich geht und welche Chancen es in Zukunft für ihn gibt, sich dem Klimawandel anzupassen. Eine Stunde lang beantwortete er außerdem live in SWR1 Rheinland-Pfalz Ihre Hörerfragen.
SWR1: Ist Ihr Wald gesund?
Martin Janner: Nein, der ist natürlich nicht gesund, aber meine Mitarbeiter und ich haben viel gemacht, dass er durchaus eine Zukunftsperspektive hat. Und darum geht es jetzt gerade, um die handwerkliche Arbeit, wie man Wald Zukunft schenken kann. Das Wichtigste dabei ist Vielfalt, also möglichst viele Strukturen in die Wälder reinzubringen. Und dann auch möglichst viele Baumarten, damit die Nachfolgerin oder der Nachfolger dann auswählen kann, wer mit dem Klimawandel am besten zurechtkommt.
SWR1: Waldschäden werden natürlich auch durch uns Menschen verursacht, die rund um die Uhr im Wald sind, und mit dem Lärm die Tiere stören. Ein SWR1 Hörer schreibt, der Forst selbst ist doch der größte Waldvernichter. Denn die Rückegassen für die riesigen Erntemaschinen vernichten circa zehn Prozent des Waldes, die Waldwege werden immer breiter für den Abtransport durch immer größere Fahrzeuge. Die Erntemaschinen machen so viel Lärm, dass die Tierwelt da mehr gestört wird als durch die Waldbesucher. Was sagen Sie unserem SWR1 Hörer?
Janner: Ich kenne solche Bilder. So ist das nicht. Wir haben es bei uns im Revier fertiggebracht, dass wir alles mit heimischen Unternehmern realisieren konnten. Die haben dann auch um 17 Uhr Feierabend gemacht, weil die Männer dann auch mal Feierabend haben wollten. Das ist tatsächlich etwas, was ich nicht zulassen möchte, dass nachts gearbeitet wird. Das mit den Rückegassen ist ganz klar, manchmal erschreckend. Und da lege ich eigentlich auch Wert darauf, dass in dem Moment, wo die Feuchtigkeit der Böden erwarten lässt, dass tiefe Spuren entstehen, dass wir da die Arbeit auch mal einstellen.
Mein Schwerpunkt ist nach wie vor die Motormanuelle Arbeit, also wenn meine Mitarbeiter mit der Motorsäge losgehen. Dann können wir das recht gut steuern, dass die Schäden nicht gar so groß sind. Ich plädiere tatsächlich für einen Rückegassen-Abstand von 40 Metern, dann sind die zehn Prozent halt eben auch nicht gegeben. Und ich setze persönlich hier und da auch mal meine Pferde ein. Allerdings nicht als Unternehmer, sondern mehr um dieses Handwerk der Pferderückung zu erhalten. Es mag jetzt sein, dass mancher Kollege sagt, ich hätte ein Spleen (eine Marotte), aber ich habe Spaß daran.
SWR1: Ihr Revier mit 1500 Hektar Wald liegt östlich der Loreley. Was würden Sie sagen, ist das größte Problem in Ihrem Wald?
Janner: Das größte Problem nicht nur bei mir im Wald, sondern in ganz Rheinland-Pfalz ist letzten Endes die klimatische Veränderung, die in den letzten Jahren galoppierend vorangeschritten ist. Das ist die Trockenheit, das sind die ansteigenden Temperaturen. Darauf müssen wir reagieren, weil die Rahmenbedingungen für unsere Wälder sich so dramatisch schnell verändert haben. Es ist zu befürchten, dass das auch so weitergeht, dass wir da handwerklich dagegen steuern müssen, damit wir auch für die Zukunft Wälder haben. Sprich, wir müssen Lösungsansätze, die uns die Natur vorgibt, aufnehmen und bewerten. Und an der einen oder anderen Stelle müssen wir vielleicht noch mal eine Baumart mit hinzuholen, die im Mittelmeergebiet bewiesen hat, dass sie mit höheren Temperaturen und weniger Niederschlägen ganz gut klarkommt.
SWR1: Sie kämpfen um den Erhalt Ihrer Bäume. Welche Baumart kommt am besten mit dem Klimawandel klar?
Janner: Ich werde jetzt hier keine Baumart nennen, die den Eindruck erwecken könnte, sie wäre jetzt die einzig glücklich machende. Es gibt keinen Jung-Siegfried auf diesem Feld, sondern wir müssen mit einer möglichst großen Vielfalt arbeiten. Wir müssen die Vielfalt, die uns die Natur selbst anbietet aufnehmen und müssen diese Vielfalt im Zweifel auch noch ergänzen. [...] Also es gibt eine ganze Palette von Baumarten, die uns an anderer Stelle bewiesen haben, dass sie mit Trockenheit und hohen Temperaturen leidlich zurechtkommen. Da ist es klug, die einzubauen. Wir müssen gucken, was die Forstwissenschaft uns empfiehlt, die sich momentan sehr intensiv darum bemüht. Da haben wir noch eine ganze Reihe Möglichkeiten, die wir durch unser schlichtes Handwerk in die Wälder bringen sollten, immer mit einem großen Respekt vor dem, was uns der Wald selber vorschlägt.
SWR1: Deprimiert Sie der kranke Wald manchmal? Also tut Ihnen das weh, den Wald so zu sehen?
Janner: In 2018/2019, als es so trocken war und ich absehen konnte, was passiert, war ich nicht viel wert. Das geht einem richtig nahe. Da habe ich gesehen, dass viel von dem, was sich so entwickelt hat, wo ich auch ganz glücklich drüber war, dass das auf einmal schlicht und einfach vertrocknet ist. Das nimmt einen Förster, eine Försterin richtig mit und da gehen wir psychisch in die Tiefe. Irgendwann muss der Zeitpunkt kommen, wo man umschaltet und sagt, das ist jetzt hier meine Aufgabe, das ist jetzt meine Challenge. Jetzt muss ich beweisen, dass ich meinen nachfolgenden Generationen auch wieder etwas hinterlassen kann. Wir können uns nicht hinsetzen und sagen, jetzt ist der Wald nun abgestorben, jetzt liegt er da. Nee, wir müssen jetzt gucken, dass wir das als eine Aufgabe annehmen, in der wir uns beweisen müssen.
SWR1: Eine Hörerin fragt: Hat sich der Beruf des Försters über die Jahre sehr verändert?
Janner: Ja, der hat sich verändert. Mein Revier betreue ich jetzt seit 26 Jahren. Ich habe während der Ausbildung ja auch noch andere Zeiten erlebt. Wir haben einen viel stärkeren Schwerpunkt in Richtung Ökologie. [...] Wir betonen eigentlich die weiteren Leistungen des Waldes, also nicht mehr nur die Holzindustrie oder die Holzproduktion, sondern auch die Klimaschutzwirkung oder auch das Landschaftsbild. Die spielen eine viel größere Rolle. Auch im Umgang innerhalb der Forstverwaltung hat sich etwas verändert. Die letzten Züge der Polizeiverwaltung, die habe ich während der Ausbildung noch erlebt. Ich habe wirklich noch Kollegen getroffen, die die Hacken zusammengestoßen haben.
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SWR1: Eine Hörerin schreibt, bei uns wurde der Stadtwald im Februar entlang der Wanderwege und Trimm-dich-Waldlehrpfade ausgedünnt. Die Stämme wurden mit sehr großen Maschinen abtransportiert, der Rest der Bäume wurde dann rechts und links an den Wegen an den Rand geschoben. Und sie schreibt auch, dass es ein sehr trauriger Anblick ist. Das ist erschreckend und nimmt einem die Lust, dort zu wandern. Ist diese Art der Rodung richtig?
Janner: Es ist mit Ferndiagnosen immer so eine Sache. Aber ich denke jetzt an eine Situation, die ich im eigenen Revier habe, wo eine Gemeinde einen Walderlebnispfad einrichtet. Da sind wir dann an dem Punkt, dass wir die Verkehrssicherung gewährleisten müssen. Das bedeutet, wir schneiden die Bäume oder manchmal auch nur Äste ab. Wir hatten auch einen Hubsteiger im Einsatz, um einzelne Äste rauszuschneiden, die uns gefährlich erscheinen, weil es die größte Katastrophe wäre, wenn ein Waldbesucher an dieser Stelle erschlagen würde oder in Schwierigkeiten kommt. Deswegen muss das manchmal gemacht werden und das sieht erst mal nicht gut aus.
SWR1: Ein Hörer fragt: Weshalb sieht man im Wald des Öfteren Bereiche von 10x10 Meter mit einem Holzzaun abgesperrt? Was ist der Sinn oder Nutzen?
Janner: Das sind vermutlich sogenannte Weisergatter. Weisergatter errichten wir dann, wenn wir zeigen wollen, wie sich der Wald entwickeln könnte, wenn der Wildeinfluss komplett ausgeschlossen ist. Da ist definitiv kein Reh und kein Hirsch drin und dann können wir gucken, was der Wald uns dort vorschlägt. Das ist an der einen oder anderen Stelle manchmal sehr aufschlussreich. Dann sind wir mal ein Stückchen schlauer und können im Zweifel entscheiden, hier muss vielleicht etwas mehr Rehwild oder Rotwild erlegt werden. Aber das ist zunächst mal der Erkenntnisgewinn, um den es da geht.
Das Gespräch führten SWR1 Moderator Michael Lueg und SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.
Die vollständige Version des Gesprächs können Sie oben im Artikel hören.