SWR1: Sie haben sich selbst für das Buch die Frage gestellt: Was bleibt? Haben Sie eine Antwort auf diese Frage gefunden?
Vivien Neufeld: Ja, einige. Denn da bleibt so viel mehr als nur das Offensichtliche. Man denkt an die Flutkatastrophe, man denkt, es bleibt diese Zerstörung zurück. Und eigentlich ist da nichts mehr, was mal so ist, noch wie es war.
Aber wir haben in dieser Zeit so viel Gutes erlebt und mal abgesehen von den Erinnerungen, die uns sowieso niemand mehr nehmen kann, ist da so viel an Emotionen, an Gefühlen, die uns nicht mehr genommen werden können. Es war da so viel Hilfsbereitschaft, die wir erlebt haben, die uns auch immer irgendwie ein Stück begleitet hat. Und es war da einfach auch die Hoffnung, die auch weiterhin, trotz all dem, was so passiert ist, uns mit begleitet.
SWR1: Sie haben bei der Flutkatastrophe 2021 drei Familienmitglieder verloren, unter anderem Ihren Schwager Frankie, dessen Leiche lange nicht gefunden wurde. Das hatte viel Bürokratie-Aufkommen zur Folge. Was haben Sie da erlebt?
Neufeld: Das war natürlich eine sehr anstrengende und auch eine sehr fordernde Zeit, weil man natürlich erst einmal Herr der Lage werden musste und auch so überblicken musste, was ist notwendig, was wird noch gebraucht, was können wir überhaupt tun und wo müssen wir einfach warten. Es war wirklich eine Zeit des Wartens. Letztlich wurde er dann im Sommer letzten Jahres für tot erklärt, aber auch dann ist das nicht direkt rechtswirksam […]. Es dauert dann noch ein bisschen, bis dann tatsächlich alles geklärt werden kann mit dem Erbe.
In diesem ganzen Prozess wurde er dann im Oktober letzten Jahres auch noch gefunden, was natürlich noch einmal eine neue Wendung in diesem Fall war … […]
SWR1: Es gab und gibt rund um die Ahrtalkatastrophe eine Menge zu sehen und zu lesen. Was war für Sie der Grund, drei Jahre danach dieses Buch zu veröffentlichen und welchen Platz nimmt es ein?
Neufeld: Ich hoffe, es ermöglicht noch einmal einen hoffnungsvollen Blick auf alles, was war. Aber auch auf alles, was kommt. Gerade im Hinblick auf die Katastrophen, die wir gefühlt täglich oder wöchentlich oder monatlich in irgendwelchen Nachrichten sehen, […] die uns wahrscheinlich auch in Zukunft begleiten werden.
Es soll noch einmal ein Blick auf ein sehr persönliches Schicksal sein und vielleicht jemandem auch noch einmal ein Gesicht geben, in irgendeiner Art und Weise. Es soll einer Geschichte ein Gesicht geben und einfach noch einmal mehr Hoffnung in dieses ganze Thema bringen, bei dem man sich doch sonst eher macht- und hoffnungslos fühlt.
Das Gespräch führte Hanns Lohmann.