Infos und Voraussetzungen

Adoption und Pflegefamilien

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Steffi Stronczyk
Steffi Stronczyk
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SWR1

Viele Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch denken darüber nach, ein Kind zu adoptieren. Aber Adoptionen sind eher selten – 2022 wurden in Rheinland-Pfalz 147 Kinder innerhalb der Familie adoptiert und 55 Kinder von vorher fremden Eltern. Eine Alternative kann sein, ein Pflegekind bei sich aufzunehmen. Pflegeeltern werden dringend gesucht.

Über beide Wege und die jeweiligen Voraussetzungen haben wir mit Iris Egger-Otholt, Leiterin des rheinland-pfälzischen Landesjugendamts, gesprochen.

Der Weg zur Adoption

SWR1: Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um ein Kind zu adoptieren? 

Iris Egger-Otholt: Man muss zunächst einmal mindestens 25 Jahre alt sein. Und adoptieren können immer grundsätzlich Ehepaare gemeinsam und Einzelpersonen. Die wichtigste Voraussetzung ist aber, dass diese Adoption dem Wohl des Kindes dient. Und es muss zu erwarten sein, dass sich zwischen den Eltern und den Kindern ein sogenanntes "Eltern-Kind-Verhältnis" entwickelt. Um das einschätzen zu können, muss man natürlich die Adoptivbewerber gut kennenlernen. Man guckt, was bringen die Eltern mit? Zum Beispiel:

  • Was sind die persönlichen und familiären Umstände?
  • Wie ist der Gesundheitszustand?
  • Wie sieht das soziale Umfeld aus?
  • Welche Beweggründe haben sie für eine Adoption
  • Welche Kinder könnten sie aufnehmen?

SWR1: Singles dürfen ein Kind adoptieren, homosexuelle Paare seit einigen Jahren auch. Aber wie groß sind in der Realität die Chancen, dass das dann auch klappt?

Egger-Otholt: Klar ist, dass rechtlich homosexuelle Paare heterosexuellen Paaren komplett gleichgestellt sind. In der Realität sieht es so aus, dass die Adoptionsvermittlungsstellen den Auftrag haben, für jedes Kind die besten Eltern zu finden. Da geht es nicht darum, welche sexuelle Orientierung die Eltern mitbringen, sondern wie sie dem Kind gegenüber eingestellt sind, welche Ressourcen und Fähigkeiten sie haben. Das heißt also, die Chancen sind gut.

SWR1: Wie ist denn da der genaue Weg, wenn jemand sagt, ich möchte ein Kind adoptieren?

Egger-Otholt: Man meldet sich zuerst einmal bei einer Adoptionsvermittlungsstelle beim Jugendamt oder bei einem freien Träger. Dort schaut man gemeinsam, ist Adoption überhaupt das richtige? Dann findet eine Eignungsfeststellung statt, wo man immer wieder miteinander spricht.
Wenn festgestellt ist, dass die Bewerberinnen / der Bewerber geeignet sind, gibt es eine Wartezeit. Wenn ein Kindervorschlag da ist, wird wiederum mit der Adoptionsvermittlungsstelle genau besprochen, ob dieses Kind in diese Familie passt. Und wenn das Kind in dieser Familie gut angekommen ist, dann prüft das Gericht in einem Verfahren nochmal, ob alle Voraussetzungen vorliegen. Dann gibt es den sogenannten "Adoptionsbeschluss" und schließlich ist das Kind rechtlich Kind dieser Eltern.

Aber auch im Nachgang hat man immer wieder mal Verbindung mit der Adoptionsvermittlungsstelle. Man hat einen Anspruch auf lebenslange Begleitung. Vielleicht gibt es auch Kontakte mit der Herkunftsfamilie. Man braucht vielleicht auch nochmal einen Rat, wenn das Kind in die Pubertät kommt oder wenn es sich auf die Suche nach seinen Herkunftseltern macht. Dann steht die Adoptionsvermittlungsstelle zur Verfügung.

Insofern ist das ein längerer Prozess und die Wartezeit, bis dann tatsächlich ein Kind kommt, die liegt nicht in den Händen der Vermittlungsstelle, sondern wenn das Kind da ist und es braucht Eltern, dann kommt der Anruf. Das kann kurz sein, das kann lang sein und das kann auch nie kommen.

SWR1: Sollten Eltern eigentlich so früh wie möglich ganz offen mit ihrem Kind darüber sprechen, dass es angenommen ist? Kinder haben ja auch ein Recht darauf zu erfahren, wer zum Beispiel die leiblichen Eltern sind.

Egger-Otholt: Ja, das Kind hat ein Grundrecht darauf zu erfahren, woher es kommt. Wir empfehlen, dass man die Kinder so früh wie möglich über ihre Herkunft aufklärt, und zwar altersentsprechend. Wir haben festgestellt, wenn die Eltern den Zeitpunkt herauszögern, wird es immer schwieriger. Und wenn Sie dann einem pubertierenden Kind mitteilen, wir sind deine Adoptiveltern, kommt es oft zu einem Vertrauensbruch. In den schlimmsten Fällen kann der nicht mehr gekittet werden.

Wir empfehlen, dass man die Kinder so früh wie möglich über ihre Herkunft aufklärt.

Auch da hilft die Adoptionsvermittlungsstelle, so früh wie möglich die richtigen Worte zu finden. Dann kann man guten Mutes mit diesem Familiengeheimnis, das eben keins sein soll, umgehen. Am schlimmsten ist es, wenn Kinder von Außenstehen erfahren, dass sie adoptiert sind, dann bedarf es in den meisten Fällen einer therapeutischen Aufarbeitung.

Pflegeeltern und -familien

SWR1: Wenn wir auf die dauerhafte Vollzeit-Pflege von Kindern schauen, welche Voraussetzungen müssen Pflegeeltern erfüllen?

Egger-Otholt: Zunächst einmal müssen sie Lust drauf haben, ein Kind in ihre Familie aufzunehmen. Sie müssen die Ressourcen mitbringen und sie müssen natürlich auch damit umgehen, dass dieses Kind schon eine Familie hat. Sie müssen bereit sein, mit dem Jugendamt zu kooperieren. Für dieses Kind werden auch mit dem Jugendamt regelmäßig Gespräche geführt, um zu gucken, was braucht das Kind in der Familie und wie geht es ihm?

Familie mit Kind am Strand
Pflegefamilien werden auch in Rheinland-Pfalz dringend gesucht.

SWR1: Ganz viele Eltern haben auch Bedenken, dass sie das Pflegekind wieder "abgeben" müssen. Deshalb würden sie vielleicht auch von Anfang an lieber ein Kind adoptieren, anstatt zur Pflege aufzunehmen. Was können Sie diesen Eltern, die diese Bedenken haben, sagen?

Egger-Otholt: Diese Ängste muss man ganz offen mit dem Jugendamt besprechen. Man muss sich ja nicht von Anfang an entscheiden. Man kann sich zuerst für die Aufnahme eines Adoptivkindes bereit erklären. Manche stellen dann aber im Laufe der Zeit fest, sie können sich auch vorstellen, ein Pflegekind aufzunehmen. Tatsache ist einfach, dass relativ wenige Kinder zur Adoption freigegeben werden, aber ganz viele Pflegekinder ein liebevolles Zuhause suchen.

Ich glaube, dass Pflegeeltern wissen müssen, dass sie einen unglaublich tollen Dienst an der Gesellschaft leisten.

Ich glaube, dass Pflegeeltern wissen müssen, dass sie einen unglaublich tollen Dienst an der Gesellschaft leisten, dass sie bereit sind, ein Kind, das schon eine Familie hat, in ihre Familie zu integrieren. Das kann so erfüllend sein. Auch als Pflegefamilie hat man die Möglichkeit, ein Kind über einen ganz langen Zeitraum in die Familie aufzunehmen. Man hat aber auch immer das Jugendamt an der Seite, wenn man Unterstützung und Hilfe braucht. Zusätzlich gibt es auch eine pauschale Entschädigung und für die Kinder jede Möglichkeit, Unterstützung des Jugendamts zu erhalten, wenn man zusätzliche Hilfe braucht.

SWR1: Die Unterstützung ist einfach sehr wichtig, weil Pflegekinder ganz oft aus einer schwierigen Familiensituation kommen. Mit welchen Themen und Herausforderungen kommen sie denn in eine Pflegefamilie?

Egger-Otholt: In der Regel haben Pflegekinder schon mehrere Trennungen erlebt. Das heißt, ihre erwachsenen Bezugspersonen sind weg – vielleicht auch ihre Geschwister. Manche haben Vernachlässigung erfahren, manche haben Gewalt erfahren. Und Kinder haben eigene Strategien, wie sie auf solche Traumata reagieren. Das heißt, manche machen sich ganz unsichtbar, manche werden aggressiv. Das sind natürlich Verhaltensweisen, die die Kinder in die Pflegefamilie mitbringen. Pflegeeltern brauchen schon ein Gespür, wie man mit Kindern in so einer Situation umgeht. Sie können aber auch Unterstützung erhalten. Aber es muss ihnen klar sein, als Pflegefamilie kann man auch manchmal auffallen.

SWR1: Jetzt ist für Pflegeeltern auch das Recht auf Kontakt der Herkunftseltern zu ihren Kindern ein Thema. Kann es da auch zu Problemen kommen?

Egger-Otholt: Das ist oft ein Konflikt, denn das ist das Zusammentreffen des Kindes mit seinen zwei Welten. Auch da spielt die Haltung der Pflegeeltern eine ganz große Rolle für das Kind. Wenn die Pflegeeltern die Herkunftsfamilie als Teil des Pflegekindes anerkennen und Wertschätzung entgegenbringen, trotz der Defizite, die vielleicht da sind, dann kommt dieses Kind nicht in einen Loyalitätskonflikt. Ein Kind kann in der Regel ganz gut mit zwei Familien zurechtkommen, wenn es sich nicht entscheiden muss. So hat das Kind die Möglichkeit, beide Familien wertzuschätzen und es weiß, es gehört zu beiden Familien dazu.

Die vollständige Version des Interviews können Sie oben im Artikel hören.

Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.

Weitere Informationen finden sie unter lsjv.rlp.de bei der Gemeinsamen Zentralen Adoptionsstelle Rheinland-Pfalz und Hessen (GZA).

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