SWR1: Frau Klink, Sie sind fast gehörlos – aber Musik ist Ihre große Leidenschaft, denn Sie übersetzen Musik in Gebärdensprache. Wie sind Sie auf die Idee dazu gekommen?
Cindy Klink: Die Verbindung zur Musik kam durch meine Oma. Sie war im Kirchenchor, und bei ihr lief immer das Radio. Ich wollte ursprünglich Sängerin werden, aber das funktioniert halt nicht mit einem schlecht funktionierenden Gehör. Und da habe ich mir gedacht: Warum gebärde ich nicht, anstatt meine Stimme zu benutzen.
SWR1: ... und damit geben Sie vielen gehörlosen Menschen die Möglichkeit, die Emotionen in einem Song zu erleben – denn Sie übersetzen nicht einfach nur den Text, sondern performen diesen auch sehr ausdrucksstark. Warum?
Cindy Klink: Es ist schon ein Irrtum zu sagen, dass Musik nur etwas mit Hören zu tun hat. Besonders, wenn man vor großen Boxen steht, merkt man das schon deutlich. Und das ist auch das, was Musik ausmacht. Es geht nicht ums Hören, sondern um das Fühlen: dass ich den Bass unter meinem Boden spüre und das Gefühl habe, er wandert durch meinen Körper, was in dem Fall ja auch passiert. Und mit meiner Performance zeige ich, was der Sänger überhaupt vorne auf der Bühne singt. Das vermittle ich dann in der Gebärdensprache.
SWR1: Wie ist es denn, wenn Sie selbst Musik hören – ist die dann auch so laut, dass Sie Bass und Schlagzeug unter den Füßen spüren?
Cindy Klink: Ja, wenn ich Musik höre, dann relativ laut, unabhängig davon, ob meine Nachbarn das mögen oder nicht (lacht). Deswegen liebe ich es auch, auf Konzerten zu stehen, weil mir das erlaubt, Musik laut zu hören und zu fühlen.
SWR1: Da fällt mir unweigerlich Herbert Grönemeyer ein mit "Musik nur, wenn sie laut ist" – denn das beschreibt ja genau Ihre Situation: "Sie mag Musik nur wenn Sie laut ist, wenn der Boden unter den Füßen bebt".
Cindy Klink: Herbert Grönemeyer ist nicht so meine Musikrichtung, aber ich finde die Nachricht, die dahintersteht sehr wichtig. Und es stimmt in meinem Fall ja auch. Trotzdem kommt es für mich sehr auf den Text an: Was singt der Sänger, was möchte er vermitteln. Früher war es mir relativ egal, Hauptsache, der Bass hat geknallt. Heute ist es mir wichtig, dass der Bass knallt, aber der Text muss auch dazu passen.
Das Gespräch führte Bruno Nonninger.