Der Standpunkt in unserer Sendung

Ein guter Friedensnobelpreis. Von Sofie Donges

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Autor/in
Sofie Donges

In den vergangenen Jahren haben manche in Anbetracht zahlreicher Konflikte und Kriege in der Welt gefordert, den Friedensnobelpreis ausfallen zu lassen. Doch das käme einer Resignation gleich, meint Sofie Donges, ARD-Korrespondentin in Stockholm.

Mitglied des Friedensnobelpreiskomitees zu sein in diesen Tagen, das ist kein einfacher Job. Wie soll man sich entscheiden, wenn es in der Welt an die 50 Krisen und bewaffnete Konflikte gibt, wenn eine klimabedingte Naturkatastrophe die nächste jagt, wenn demokratiefeindliche Stimmen laut sind, wenn Populisten in einem globalen Superwahljahr Mehrheiten holen? Vorab haben manche das Komitee aufgefordert, die Vergabe ausfallen zu lassen. Das gab es schon 19 Mal, vor allem während der beiden Weltkriege und zuletzt 1972 wegen des Vietnamkriegs. Es wäre ein deutliches Signal, niemanden dem Preis zu geben, in Zeiten, in denen sich die Welt in einer solch katastrophalen Lage befindet. Doch das käme einer Resignation gleich und das hätte Tür und Tor geöffnet für Interpretationen und Spekulationen. Eine klare Botschaft wäre das nicht gewesen. Zum Glück ist das nicht passiert. Stattdessen haben die Mitglieder der Jury einen Preis vergeben, der mahnt. Der uns alle daran erinnert, dass in den letzten Jahren so viel Unvorstellbares passiert ist. Ein Krieg in Europa, eine absolute Eskalation in Nahost? Dass die Demokratie in Frage gestellt wird und in Gefahr ist, all das hätten viele lange in diesen Ausmaßen nicht für möglich gehalten. Und eine atomare Eskalation? Die halten viele immer noch für undenkbar. Aber vielleicht ist sie das gar nicht. Es reicht ein Blick auf die Fakten. Der Kalte Krieg ist lange vorbei, und plötzlich steigt die Zahl einsatzbereiter atomarer Sprengköpfe wieder an. Die neuen Atommächte rüsten auf. Und andere überlegen, ins gefährliche Spiel einzusteigen und sich ebenfalls Atomwaffen zuzulegen. Es ist nicht ausgeschlossen. Und das Komitee hat es uns allen deutlich gemacht - die Welt steht an einem atomaren Abgrund. Wir müssen alle etwas dafür tun, dass wir da nicht reinrutschen, dass das Unbeschreibliche und Undenkbare nicht passiert.

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Sofie Donges