Ich kannte Thomas seit 1986. In diesem Jahr fiel dem späteren Programmchef von SDR3, Hans Peter Archner und mir, ein Moderator und Redakteur im damaligen SDR Studio Heidelberg auf: Unverwechselbare Stimme, sympathische Ausstrahlung, souveräner Umgang mit Wort und Musik, unkonventionelle, gleichwohl professionelle Gesprächsführung, witzige Moderation. Den jungen Kollegen wollten wir unbedingt haben. Es war nicht schwer die Entscheider des Hauses Süddeutscher Rundfunk davon zu überzeugen, dass sich dieses Ausnahmetalent bei SDR3 optimal entwickeln würde. Und so begann ein langer gemeinsamer Weg von SDR3, dem Radio für den Wilden Süden, über SWR3 bis hin zu SWR1 Baden-Württemberg.
Zusammen mit Stefan Siller füllte er die bis dato ungeheuerliche Behauptung, der Süden der Republik sei WILD, nachhaltig mit Leben. Die erste Hitparade "Top 1000 X" ist bis heute unerreicht. Thomas war in kürzester Zeit eine der bekanntesten Stimmen des Programms geworden und auf dem Weg zum Radio-Superstar. Dabei fühlte er sich immer am wohlsten, wenn er allein im Studio war. Die Performance vor Publikum, auf der großen Bühne, so sagte er mir selbst, war nie sein Ding.
Schmidt liebte die Niederlande
Sein Lieblingsland war Holland. Nachvollziehbar und folgerichtig: Eine Nation von weltoffenen,freundlichen Menschen mit einer lebendigen und hochkreativen Radioszene. Viele seiner Ideen waren inspiriert von Radio Hilversum. Er sprach übrigens auch holländisch. Mitte der 90er waren Thomas und ich eine Woche lang in einem holländischen Aufnahmestudio, um für SDR3 ein neues Jinglepaket zu produzieren. Diese sieben Tage gehören zu den lustigsten und kreativsten meiner Radiozeit.
Er konnte einfach alles, was modernes Radio erfordert. Unvergessen ist mir seine stimmungsvolle und inspirierte Live-Reportage vom Michael-Jackson-Konzert 1995 am Hockenheim Ring. Jahrelang stand er mitten in der Nacht auf, um als Mister Morning und Rolling Stones-Fan den Frühmoderatoren der Morningshows von anderen Radio-Anbietern zu zeigen, wo der Hammer hängt. Schließlich trat er in den letzten Jahren mit Schmidts Samstag den Beweis an, dass man auch mit etwas spezieller Gangart und kontrolliertem Abweichen vom Formatpfad Reichweitenerfolge zeitigen kann.
Thomas und ich waren nicht wirklich befreundet, dafür trafen wir uns zu selten. Aber wir waren einander sympathisch, haben einen ähnlichen Musikgeschmack und teilen die Liebe zu Radio. Thomas war beides: Ein guter Journalist und ein inspirierter DJ. Oft habe ich nur seinetwegen das Radio eingeschaltet. Er war entpannt, gut gelaunt, witzig und authentisch. Einfach unverwechselbar. Er war immer am besten, wenn man ihn machen ließ. Manchmal nahm er sich die Freiheit, die das Faszinosum Radio braucht. Und er hatte ein durchgehend problematisches Verhältnis zur Musik von Queen.
Wenn ich heute an Thomas denke, fällt mir Reinhard Mey ein.
Lieber Thomas, wo immer Du jetzt bist, über den Wolken oder unter dem Meeresspiegel in Holland, lass es Dir gut gehen, wir halten Dich im Herzen!
Übrigens, eines kann ich Dir nicht ersparen: Die nächste Show von Pop & Poesie in Concert kommende Woche beginnt wieder mit Bohemian Rhapsody.
Dein Matthias Holtmann
[Foto: Auf dem Bild oben sehen Sie Stefan Siller, Thomas Schmidt und Matthias Holtmann (von links).]