Norris von Schirach wollte erstmal was erleben, bis er mit dem Schreiben anfängt. Und sein Vorleben in Moskau Mitte der 90iger Jahre hat ihm so manchen Einblick für seine zwei Romane gegeben. Der erste spielt im postsowjetischen Moskau - wo er selbst als Rohstoffhändler gearbeitet hat - jetzt geht's mit Beutezeit nach Kasachstan. Dort regiert Nursultan Nasarbajew. Und als in New York die Türme des World Trade Centers infolge der Terroranschläge einstürzen, ist sein Held Anton bereits dabei, einen Stahlkonzern in Zentralasien aufzubauen.
Die Hürde dabei: Alles Neuland, keine Strukturen, keine Mitarbeiter, noch nicht einmal eine eingetragene Firma oder ein Büro.
Wie sich dann nach und nach ein Netzwerk um Anton bildet - aus der Geliebten des kasachischen Tourismusministers, einer chinesischen Geschäftsfrau, einem russischen Mathematiker und einer Juristin, die sich für Tier- und Menschenrechte einsetzt, das liest sich wie 007 auf Dostojewski.
Denn Anton gerät in einen Sumpf aus Korruption und Terror. Er befindet sich inmitten der globalen Auseinandersetzungen zwischen Russland, China und dem Westen. Die Klischees, die wir von kasachischen Geschäftsleuten im Kopf haben, von gierigen Staatsapparaten und Oligarchen, all die werden lebendig. Und es ist der Blick dahinter, wie läuft sie ab die Korruption im großen Stil? Wie sind die Strukturen und die Typen, die dafür sorgen, dass sich keine offene Gesellschaft entwickelt.
Das größte Binnenland der Erde, was aber nur spärlich besiedelt ist wartet noch auf den ersten McDonald's. Es gibt keinen einzigen unabhängigen Richter im Land. Der hedonistische Anton genießt die Kunst an den Wänden der Clubs und Hotels, versinkt in klassischer Musik und Jazz und statt der Auftraggeber kommunizieren Kontoeingänge mit ihm. Doch, kann und will sich Anton nicht auf so ein Leben einlassen, wie er in der winterlichen Wildnis einen 4000-er im Tian- Shan -Gebirge besteigt, von einer kasachischen Hochzeit flieht und so gerade mit seinem Leben davonkommt, das liest sich zwischendrin wie ein Thriller. Und wie hatte Viktor Jerofejew, einer der prominentesten Putin Kritiker über den ersten Roman geurteilt: Wer Russland heute verstehen will, sollte Norris von Schirach lesen. Das gilt wohl genauso für Kasachstan.