Von Rebellen geliebt und vom Staat beobachtet

Rio Reiser: Junimond

Stand
Autor/in
Volkhardt, Sophia

Die Botschaft ist Programm – „Macht kaputt was euch kaputt macht“ - und schon mit den ersten Songs von Ton Steine Scherben hat Rio Reiser seinen Ruf als Stimme des Widerstandes der Autonomen und Hausbesetzer weg.

Das ist Anfang der 70er – und Rio Reiser glaubt, dass man mit Musik die Welt verändern kann.

Die Band wird von den Rebellen geliebt und vom Staat argwöhnisch beobachtet – ständig gibt es Razzien in der Band-Kommune. Im Radio wird die Musik nicht gespielt. Aber es wäre ja auch unglaubwürdig, wenn man mit linker Mucke reich werden wollte.

Also ist die Band chronisch pleite. Anfang der 80er soll eine Managerin die Scherben aus der finanziellen Misere retten – Claudia Roth – die ist heute für die Grünen im Bundestag.

Aber auch das hilft nix – Mitte der 80er löst sich die Band hochverschuldet auf. Rio Reiser macht alleine weiter und er will mehr als nur Politsongs. Neben „König von Deutschland“ ist auch „Junimond“ einer der Hits, mit denen er jetzt auch außerhalb der Anarchoszene bekannt wird. Und... pfui – im Radio läuft.

Mit so einer Ballade konnte Rio Reiser bei den Scherben nicht punkten, dabei haben er und der Band-Keyboarder Martin Paul den Song schon viel früher geschrieben – Martins angebliche Inspiration: die Trennung von seiner damaligen Freundin: einer gewissen Claudia Roth.

Der Song steht für Rios andere Seite: die Sehnsucht nach Romantik. Der Sänger steht offen zu seiner Homosexualität – die hat aber keinen Platz im Klassenkampf – in der Szene gilt Schwulsein als „dekadent“. Die alten Fans toben und schimpfen über den plötzlichen Erfolgskurs ihres Idols. Alles Kommerz.

In seiner Autobiographie schreibt Rio Reiser später: bei einer großen Plattenfirma zu unterschreiben war für ihn wie die Entscheidung „auf den Strich zu gehen“.

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Autor/in
Volkhardt, Sophia