Timo Hildebrand beim Schwimmtraining im Freibad Rosental in Stuttgart.

Timo Hildebrand startet beim Triathlon

Von Null auf Ironman 70.3: Das sagt der Sportmediziner

Stand
Interview
Kira Rutkowski

Der ehemalige Fußballprofi Timo Hildebrand versucht sich beim Triathlon. Kann das jeder? Worauf kommt es bei dieser Herausforderung an? Ein Sportmediziner gibt Antworten.

Stephan Prettin von der Uniklinik Freiburg ist Sportmediziner. Er kommt selbst vom Radsport und betreut die Medizinchecks der Frauen- und Nachwuchsmannschaften des SC Freiburg.

Ein ehemaliger Fußballprofi trainiert für einen Ironman 70.3 - Wie schätzen Sie das als Sportmediziner ein?

Dr. Prettin: Wenn es darum geht, einen Fußballer umzuschulen, dann kann ich schon mal sagen, er muss im Laufen über die Distanz kommen. Aber ich habe keine größeren Bedenken, dass er Überlastungsbeschwerden bekommt. Leute, die zum Beispiel vorher nur geschwommen oder nur Rad gefahren sind, bei denen kann Laufen eine Hürde darstellen. Laufen bedeutet nämlich, man bremst sein Körpergewicht gegen die Schwerkraft. Das führt zu Überlastungsbeschwerden, wenn man zu schnell zu viel macht - von Muskelkater bis hin zu Ermüdungsbrüchen.

Wenn jemand aus dem Laufbereich kommt, habe ich weniger Bedenken und würde aus sportmedizinischer Sicht sagen, dass ich da kein Problem sehe, eine Halbmarathon-Distanz zu schaffen. Das Ausdauerpotenzial im Bundesligasport ist relativ hoch.

Wo liegt für die meisten Sportler, die mit dem Triathlon anfangen, die größte Herausforderung?

Dr. Prettin: Für die meisten ist das Schwimmen beim Triathlon der Flaschenhals. Schwimmen ist ein Sport mit hohen technischen Anforderungen. Wenn man nicht gut schwimmt, dann kann man da alle seine Körner liegen lassen und hat dann in den anderen Teildisziplinen ein Problem, weil alles aufgebraucht ist. Das ist, glaube ich, für Leute, die aus dem Schwimmsport kommen, dann der große Vorteil. Wenn man nicht gut schwimmt, dann ist es sehr energiezehrend - gerade über die längeren Distanzen.

Worauf kommt es beim Training für einen Triathlon (Mitteldistanz) an?

Dr. Prettin: Das Problem ist die Wettkampflänge. Man ist relativ lang unterwegs, und das muss sich auch im Training abbilden. Das bedeutet, die Trainingsumfänge im professionellen Bereich gehen hoch bis zu 40 Stunden pro Woche. Wenn man es auf Hobbyniveau macht, dann kann man, wenn man körperlich fit ist, das von einem überschaubaren Trainingsumfang mit ein bis zwei Einheiten am Tag an sechs Tagen die Woche machen - wenn es der Körper mitmacht.

Dr. Stephan Prettin ist Oberarzt am Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin der Uniklinik Freiburg.
Dr. Stephan Prettin ist Oberarzt am Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin der Uniklinik Freiburg.

Für wen eignet sich ein Triathlon?

Dr. Prettin: Wenn jemand sehr sportlich aktiv ist und wirklich aus dem Training kommt, weil er irgendeine Sportart, beispielsweise eine Ausdauer- oder eine intensive Kraftausdauersportart inklusive Wettkämpfen macht und er keine Beschwerden hat, dann hätte ich bei einem Menschen unter 35 Jahren überhaupt kein Problem zu sagen: 'Jetzt fängst du einfach mal an und trainierst.' Ganz wichtig ist es, sich zu hinterfragen: Habe ich vorher schon viel Sport gemacht und ging es mir immer gut oder bin ich ein Novize, komme ich aus Sportarten wie Schach oder Tischtennis und will jetzt auf einmal eine Ausdauersportart machen.

Und dann muss man auch nach der Regeneration schauen. Jenseits der 40 Jahre sind viele im Ausdauerbereich noch hochleistungsfähig, wenn sie ihr Leben lang trainiert haben. Aber was sich ändert - das weiß man, wenn man mit Leistungssportlern spricht - ist die Regenerationsfähigkeit. Es ist nicht mehr so, dass man an jedem Tag die gleiche Leistung bringen kann. Das muss man beim Trainingsplan bedenken. Manchmal ist ein Training weniger besser als noch eine Einheit draufzusetzen.

Welche Rolle spielt das Zusammenspiel der drei Sportarten beim Triathlon?

Dr. Prettin: Das ist beim Triathlon anders als bei anderen Sportarten - diese Kombination, dieses sogenannte Koppeltraining. Es ist auf jeden Fall eine Ganzkörpersportart, die Anforderungen an Kraft und Ausdauer, aber auch an Technik stellt. Mit dem Schwimmen hat man einen sehr physiologischen, sehr gesunden Sport. Das gilt für das Radfahren eigentlich auch. Das ist zwar Beinlastig, aber es ist eine von den klassischen Ausdauersportarten. Und Laufen ist grundsätzlich ebenfalls sehr gesund, es stärkt das Herz-Kreislauf System.

Welche Distanzen sind zu empfehlen?

Dr. Prettin: Die Frage ist, muss es direkt eine Mitteldistanz (Ironman 70.3: 1,9 Kilometer Schwimmen, 90 Kilometer Radfahren, 21 Kilometer Laufen) oder Langdistanz (Ironman: 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen) sein oder mache ich einen Schnuppertriathlon oder erstmal die olympische Distanz (Kurzdistanz: 1,5 Kilometer, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen), um zu sehen, wie kriege ich das hin mit dem Koppeln - mit Schwimmen, Radfahren und Laufen.

Eine Mittel- oder Langdistanz ist wirklich eine lange körperliche Belastung. Wer da nicht vollständig gesund ist, kann sich Schaden zufügen. Wer gesund ist, dem wird in der Regel nichts passieren. Allerdings: Ein Ironman 70.3 ist für Herrn Hildebrand, der regelmäßig trainiert, trotzdem ein Brett. Das ist nichts, was man mal eben schnell macht. Das ist eine ernstzunehmende Distanz. Bei der olympischen Distanz kann man eher nochmal sagen, 'naja, die zehn Kilometer, die schaffe ich, da brauche ich nicht noch ein explizites Lauftraining.' Aber wenn man den Halbmarathon läuft, sollte man schon ab und zu mal 13, 14 Kilometer gelaufen sein. Das Laufen ist die Disziplin, die dann vielen den Stecker zieht, weil man ermüdet ins Laufen geht und nicht mehr den richtigen Bewegungsablauf hat. Dann läuft man in einem ganz anderen Stoffwechselbereich als normal. Das ist viel anstrengender und kann einen komplett fertig machen.

Stand
Interview
Kira Rutkowski