Nils Petersen spielte lange für den SC Freiburg

Ex-Torjäger schreibt im Buch über mentale Probleme

Nils Petersen über Therapie: "Hätte ich viel früher machen müssen"

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Anna Klär
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Michi Glang

Ex-Profi Nils Petersen beschreibt in seinem Buch, wie er in seiner Karriere an psychischen Problemen litt und wie er mit einer Therapie gegensteuerte. SWR Sport hat mit dem Top-Joker der Bundesliga über das Thema gesprochen.

Mentale Gesundheit ist immer noch ein Tabuthema im Profi-Fußball. Nils Petersen hat seine Karriere nach der letzten Saison beendet und beschreibt nun ganz offen, wie der Angreifer Hilfe suchte, als sich sein Alltag immer weiter verfinsterte.

Der frühere Nationalspieler begab sich während seiner Laufbahn anderthalb Jahre in Therapie. Angefangen hatte es im Trainingslager der Nationalmannschaft in Südtirol vor der WM in Russland 2018.

"Wir Fußballer werden ja immer damit in Zusammenhang gebracht, dass es uns immer gut geht", sagte Petersen zu SWR Sport. "Weiße Schuhe, gegelte Haare. Aber da ist eben nicht alles immer rosarot."

Angreifer Petersen nimmt Hilfe in Anspruch

Die Entscheidung, eine Therapie zu beginnen, sei dabei nicht von jetzt auf gleich gefallen. "Sehr lange" habe es gedauert, bis er realisiert habe, etwas unternehmen zu müssen, sagte Petersen. "Als es sehr akut wurde, habe ich aber sofort Hilfe in Anspruch genommen."

Im Rückblick würde sich Petersen wünschen, dass er das Thema damals noch schneller angegangen wäre. Aber das sei vielleicht "typisch deutsch" oder auch "typisch Mann", immer so lange zu warten, bis nichts mehr gehe, so Petersen. "Ich hätte das viel früher machen müssen, dann wäre es vielleicht gar nicht so ausgeartet."

Petersen spürte "keine Lebensfreude mehr"

Schlafstörungen seien damals das hauptsächliche Symptom gewesen, sagte Petersen. Doch die Probleme waren viel weitgreifender. "Im Endeffekt konnte man sich im Alltag an nichts mehr erfreuen. Selbst der Fußball, den man so geliebt hat, konnte einem nichts mehr geben. Man hatte auf nichts mehr Lust, keine Lebensfreude und hat nur noch so vor sich hin vegetiert", sagte Petersen.

Auch seiner Familie zuliebe habe er sich dann in Therapie begeben und diese 18 Monate in Anspruch genommen. Wünschen würde sich Petersen mehr präventive Unterstützung für Fußballer und Fußballerinnen wünschen. "Mit 16, 18 oder 20 denkt man vielleicht, man ist nicht betroffen. Aber manchmal kommt dann der Schlag mit dem Hammer und es geht ganz schnell", sagte Petersen.

Neues Buch von Petersen behandelt die Therapie

Auch für die Arbeit in den Nachwuchsleistungszentren wünscht sich Petersen einen offenen Umgang mit dem Thema, dass auf die jungen Menschen zugegangen werden möge. Schließlich sehe man Leuten nicht zwingend an, wie es ihnen geht. "Ich strahle jetzt auch, und trotzdem könnte es mir schlecht gehen." Einen Tipp für die Kicker von Morgen hat der 34-Jährige Ex-Profi auch: Als Fußballer solle man "die guten Phasen genießen, weil sie dich durch die schweren Phasen tragen können".

Petersen hat laut eigener Aussage über Monate versucht, eine Fassade aufrecht zu erhalten, die letztlich doch gebröckelt sei. "Ein Fehler", wie er heute sagt. Und doch ist er froh, sich überhaupt Hilfe gesucht zu haben. In seinem Buch widmet er dem Thema ein ganzes Kapitel: "Das gehört zum Leben dazu."

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