Es lief die erste Minute der Nachspielzeit im Estadio Santiago Bernabéu, als Antonio Rüdiger den Ball perfekt für Joselu servierte. Joselu, erst zehn Minuten vorher eingewechselt, riss den FC Bayern mit seinem zweiten Treffer aus seinen Final-Träumen. Vorarbeiter Rüdiger wurde beim VfB Stuttgart Bundesliga-Profi, Abnehmer Joselu wurde in Stuttgart geboren. Ein "Stuttgarter Duo" machte also den Einzug von Real Madrid ins Finale der Champions League perfekt. Das Leben schreibt irre Geschichten.
Dabei hatte es in der Schlussphase nach einem Bayern-Sieg ausgesehen. Alphonso Davies hatte für die Bayern getroffen, Toni Kroos wurde ausgewechselt, Bellingham blieb blass, der starke Vinicius Junior erfolglos - Real schien gebrochen. In der 81. Minute war es dann soweit: Mit José Luis Mato Sanmartín, besser bekannt als Joselu, betrat ein gebürtiger Stuttgarter das Spielfeld. Zugegeben: In Stuttgart hat er nicht viel Zeit seines Lebens verbracht, zog noch im Kindesalter nach Spanien - die Heimat seiner Eltern. Aber er hat versucht, in Deutschland Spuren zu hinterlassen. Er kickte für die TSG Hoffenheim, Eintracht Frankfurt und Hannover 96. Diese Spuren hinterließen keine besonders tiefen Eindrücke.
Spätestens seit Mittwochabend hat sich Joselu auf allerhöchstem Niveau verewigt. Zwei Tore innerhalb von drei Minuten (88. und 90.+1) sorgten für den 2:1-Endstand und das Ticket für Wembley. Dort wartet nun Borussia Dortmund.
Joselu: Real Madrids Notnagel mit dem Torriecher
Der Weg des Stürmers zum Helden in Madrid hatte viele Kurven. Nach Gastspielen in England und wechselnden Engagements in Spanien landete Joselu dann mehr oder weniger als Notnagel bei den Königlichen. Karim Benzema musste ersetzt werden, die Optionen auf dem Markt schienen begrenzt und Joselu war nach seiner Deutschland-England-Odyssee in Spanien spät aufgeblüht. Für Deportivo Alaves schoss der Angreifer in drei Jahren 36 Tore, für Espanyol Barcelona waren es in 37 Einsätzen 17 Treffer. Der heute 34-Jährige verfeinerte den Tor-Riecher, der den Traum der Bayern vom Finale platzen ließ.
Um der irren Geschichte von Joselu noch die königliche Krone aufzusetzen, kam die Vorarbeit zum zweiten Treffer vom Ex-Stuttgarter Antonio Rüdiger. 2011 wechselte der in Berlin geborene Verteidiger als U19-Spieler an den Neckar, reifte zum Bundesliga-Spieler und bestritt bis 2015 insgesamt 80 Pflichtspiele für den VfB.
Real Madrid greift nach dem 15. Titel
Mit dieser Schlagzeile hätte wohl kaum jemand gerechnet: Ein Innenverteidiger passt auf einen "Notnagel" und beide werden zu Helden von Real Madrid. Am 1. Juni wollen sie gegen Dortmund wieder zuschlagen und zum 15. Mal den Titel in Europas höchstem Team-Wettbewerb holen.