Die Sprechchöre waren unüberhörbar und dauerten minutenlang an. "Frank Schmidt" schallte es durch die Arena des 1. FC Heidenheim. Der bejubelte Trainer suchte aber zunächst nicht den Gang in Richtung Fankurve, sondern umarmte einen Spieler nach dem anderen. Beim 4:2 (2:0) gegen den SV Werder Bremen holte der Aufsteiger den ersten Bundesliga-Sieg in der Geschichte des 1. FC Heidenheim. Schmidt wird das Spiel aus diesem Grund in bester Erinnerung behalten.
Heidenheim-Coach feiert Silberhochzeit statt Rekord
Doch nicht nur der erste Bundesliga-Sieg ist historisch: Seit Sonntag ist der 49-Jährige, der den FCH vor 16 Jahren in der Oberliga übernommen hatte, der dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball. Nach dem Spiel gegen Bremen löste er den langjährigen Freiburger Coach Volker Finke ab. Der Rekord versetzt Frank Schmidt jedoch nicht in Party-Laune: "Krachen lass ich es nicht", sagte er im Interview mit SWR Sport. "Ich habe gesagt, wenn wir das Spiel gewinnen, stellt das alles in den Schatten. Die Atmosphäre, die Emotionen heute, das ist mir wichtig und nicht, wie lange ich jetzt schon hier bin." Gefeiert wird trotzdem - nur einen Tag später, "mit der Frau, Silberhochzeit", sagte der 49-Jährige. "Da wäre meine Frau enttäuscht, wenn ich mir da nichts einfallen lasse."
Heidenheims Vorstandsvorsitzender, Holger Sanwald, wollte den Rekord trotzdem würdigen: "Eigentlich gibt es kein Superlativ, um das zu beschreiben, was er hier geleistet hat", sagte Sanwald. "Wir hoffen, dass das noch viele Jahre so bleibt und der Rekord so groß wird, dass ihn niemand mehr bricht." Nach drei vergeblichen Anläufen beim VfL Wolfsburg (0:2), gegen die TSG Hoffenheim (2:3) und bei Borussia Dortmund (2:2) ist nun der Bann in der Bundesliga gebrochen. Früh brachte Torjäger Tim Kleindienst die Hausherren mit einem Handelfmeter, bei dem der Videoschiedsrichter sich zu Wort gemeldet hatte, in Führung (5. Minute).
Heidenheim-Coach mit nüchterner Analyse
Werder-Leihgabe Eren Dinkci legte nach (44.) und brachte Heidenheim auch nach den Toren der beiden Bremer Marvin Ducksch (49.) und Mitchell Weiser (64.) wieder in Front. Den Endstand erzielte mit Jan-Niklas Beste ein weiterer Ex-Bremer (76.). "Es ist schön zu sehen, dass sich die Jungs weiterentwickeln. Aber es ist auch schade, dass sie das dann ausgerechnet gegen uns zeigen", sagte Clemens Fritz, Leiter des Lizenzbereichs beim SVW.
Ganz anders war die Stimmung beim FCH. "Das ist etwas Historisches", sagte Routinier Norman Theuerkauf. "Wir haben uns das verdient. Ein Spektakel. Wahnsinn." Schmidt ließ sich davon nicht mitreißen. Er analysierte sachlich: "Der Sieg war wichtig. Brustlöser ist vielleicht zu dick. Aber wir haben es gebraucht, uns zu belohnen." Die drei Punkte seien wichtig fürs Selbstvertrauen und für die Tabelle: "Davon können wir abbeißen mit Blick auf unser Saison-Ziel." Auf der Ehrenrunde ließ er es sich dann aber nicht nehmen, doch noch einmal bei den Fans vorbeizugehen, um sich für die lautstarke Unterstützung mit einem gehobenen Daumen und Applaus zu bedanken.
