WG im Gewächshaus

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Autor/in
Rieke Spang
Rieke Spang
Ein Film von
Johannes Bock (Kamera & Schnitt) und Sven Rupprecht (Ton)

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Das ESA ist kein gewöhnliches Studierendenwohnheim. Es entstand in den 80er Jahren als Experiment für „Energiesparende-Studentenwohnheims-Architektur“ (ESA). Ähnlich wie das Bauhäusle in Stuttgart wurde es als Selbstbau-Projekt von Dozent*innen und Studierenden der TU Kaiserslautern gemeinsam gebaut. „Es kommen heute noch Leute vorbei, die erzählen, dass sie dies oder das am Haus gebaut haben“, erzählt WG-Bewohnerin Anna.

Das ESA ein Kaiserslautern - Projekt für energieeffizientes Wohnen

Während der fünfjährigen Planungs- und Bauzeit arbeiteten damals mehr als 100 Studierende sowie etliche wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und ausgebildete Handwerker*innen an dem außergewöhnlichen Projekt. Das Ziel: ein möglichst energieeffizientes Gebäude. Deshalb wurde das ESA nach dem Haus-in-Haus-Prinzip gebaut: die 20 Wohneinheiten mit Zimmern und dazugehörigen Gärten und Terrassen sind zusammen mit der zentralen Küche, den Gemeinschaftsräumen, Bädern und Kellerräumen in eine isolierende Hülle aus Folie und Glas gepackt. So wirkt das ESA wie ein Gewächshaus auf dem Campus der Uni, am Rande des Pfälzer Walds.

Biotop und Studierendenwohnheim im Gewächshaus

Tatsächlich wohnen die 20 Studentinnen und Studenten darin wie in einer Art Biotop, das sich mit den Jahreszeiten wandelt. Hier reifen Feigen und Kiwis vor den Fenstern. Das dschungelartige Dach der Rank- und Kletterpflanzen spendet Schatten, den man besonders in den oberen Etagen braucht: In dieser Klimazone des Hauses wird es schon im Frühling sommerlich warm und im Hochsommer unerträglich heiß. Angenehmer ist es dann in den unteren Zimmern, die zum Teil direkt in den anstehenden roten Sandstein gebaut wurden. „Man hat das Gefühl draußen zu leben und trotzdem geschützt zu sein“, erzählt Marcel, der hier seit knapp einem Jahr wohnt. Bei Regen, Gewitter, Hagel oder Schnee ist man der Natur ganz nah.

Drohender Abriss wegen teurer Sanierung

Doch all das ging in den vergangenen Jahrzehnten nicht spurlos an dem Gebäude vorbei. Undichte Stellen im Dach, morsche Balken und ein inzwischen veraltetes, wenig sparsames Energiekonzept sind die Herausforderungen, vor denen der langjährige Träger, das Studierendenwerk der TU, stand. Die dringend notwendigen Renovierungsmaßnahmen waren zu teuer, der Erhalt des ESA zu unwirtschaftlich, weshalb dem Gebäude 2019 der Abriss drohte.

Mit Crowdfunding in die Zukunft

Doch den Bewohner*innen und Befürworter*innen gelang es, den experimentellen Geist der Gründungsbewegung aus den 80ern wieder auferstehen lassen. Erneut taten sich Studierende und Professor*innen zusammen, um Zukunftsszenarien für das ESA zu entwickeln. Sie erreichten, dass das Wohnprojekt aufgrund seines Alleinstellungsmerkmals als Ganzes, von der Architektur bis zu der daraus entstandenen Sozialstruktur, unter Denkmalschutz gestellt wurde. Und sie entwickelten Visionen für ein zukunftsfähiges und klimafreundliches Energie-Konzept. Mit der Stiftung für die TU Kaiserslautern fanden sie im Mai 2020 schließlich auch eine neue Betreiberin, die sich für die dringend notwendige Sanierung des ESA engagiert. Denn Ziel ist nicht nur, dieses außergewöhnliche Wohnprojekt zu erhalten, sondern es auch fit für die Zukunft zu machen, indem es zu einem CO2-neutralen Gebäude wird. Um die dafür nötigen Sanierungsmaßnahmen zu finanzieren, will die Wohngemeinschaft in einer Crowdfunding-Kampagne bis Ende 2020 noch 50.000 Euro sammeln.

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Johannes Bock (Kamera & Schnitt) und Sven Rupprecht (Ton)