Ein Zirkuswagen, ein Ziegenstall, eine Telefonzelle und ein alter Schuppen – hier wohnen Irmtraud und Brady: in einem riesigen Garten, ihrem „Haus ohne Dach“.
Das Grundstück der beiden Artisten hat rund 3.500 Quadratmeter und war völlig zugewachsen. Im Alleingang haben sie den Wildwuchs gerodet und die Bäume zurückgeschnitten. Als das Gröbste erledigt war, wurde als erstes ihr Artistenwagen aufgestellt – ihr Schlafzimmer. Diesen haben sie für 4.000 Euro gekauft und selbst renoviert. Der alte Ziegenstall ist jetzt das Badehaus mit Sauna. Ein anderer Schuppen dient nach dem Umbau als Küche und Wohnzimmer. Eine alte Telefonzelle ist ihre Toilette.
Draußen Wohnen im Garten
Da die verschiedenen Räume an unterschiedlichen Orten im Garten sind, sprechen sie liebevoll von ihrem „Haus ohne Dach“. Und tatsächlich wohnen sie das ganze Jahr über quasi draußen. Denn die verschlungenen Wege führen sie von „Raum“ zu „Raum“ immer wieder quer durch ihren parkartigen Garten: Zwischen Obstbäumen und Gemüsebeeten hindurch über Wiesen und Stege bis zu einem großen Schwimmteich.
Die Idee dafür kam ihnen, als sie für die Umbauarbeiten ihres Badehauses einen Bagger vor Ort hatten. Mittlerweile dient er nicht nur zur Abkühlung nach den Saunagängen, sondern ist auch zum Lebensraum für Libellen, andere Insekten und Kaulquappen geworden.
Möbel sind fast alle Secondhand
Irmi und Brady sind kreative Menschen. Ihr Stil: bunt und einzigartig. Und ein wenig krumm und schief, wie Brady sagt. Zerbrochenes Geschirr nutzen sie für Mosaike im Bad, Holz wird gedrechselt und zu einer Lampe gemacht, Trotteln näht Irmi an Vorhänge und Kleidungsstücke, aus alten T-Shirts macht sie Teppiche, abgebrochene Flaschenhälse dienen als Lichterkette. Müll gibt es bei ihnen nicht. Alles findet eine Verwendung und ein neues Zuhause.
Die beiden sind Meister der Nachhaltigkeit – so gut wie nichts wird neu gekauft. Entweder finden sie die Sachen auf dem Sperrmüll, bekommen es geschenkt oder machen ein Schnäppchen bei einem Kleinanzeigenportal. Auch in punkto Ernährung sind sie sparsam: Irmi und Brady bewirtschaften einen großen Gemüsegarten und haben viele Kirsch-, Apfel- und Birnbäume auf ihrem Grundstück. Das Obst und Gemüse essen sie nicht nur, wenn sie es ernten, sie wecken es auch ein, machen Trockenobst daraus und stellen Saft und Wein her.
Eigenes Obst, Gemüse und Bienenvölker im Garten
Weil sie für einen Freund Bäume gestutzt haben, hat er ihnen aus Dankbarkeit darüber zwei Bienenvölker geschenkt und hat sie in die Imkerei eingeführt. Seitdem produzieren sie Honig für sich selbst und verschenken ihn an Freunde.
Auf ihrem Grundstück steht auch noch ein Haus. Dieses renovieren sie seit fünf Jahren – es ist fast fertig. Irmi und Brady überlegen, im Alter dort einzuziehen, aber noch fühlen sie sich im Garten, ihrem „Haus ohne Dach“, pudelwohl. Sie denken darüber nach, das Haus erstmal zu vermieten – an Dauermieter oder Feriengäste.
Auf Festivals sich kennengelernt
Irmi und Brady haben sich auf Festivals in Deutschland kennen und lieben gelernt. Irmi stammt ursprünglich aus einer Gärtnerei, hat aber schon früh gemerkt, dass sie sich auch auf der Bühne wohl fühlt. Sie hat Unterricht in einer Berliner Artistenschule genommen und gemeinsam mit einer Freundin eine Feuershow auf die Beine gestellt.
Brady war in den 1970er Jahren in einem Erziehungsheim in Oregon/USA, wo er seine unbändigen Kräfte auf Klettern, Rafting und andere Ausdauersportarten konzentriert. Früh hat er dann als Baumkletterer mit Kettensäge sein Geld verdient. Doch das Fällen von uralten Bäumen ging ihm an Herz und Nieren, weshalb er dann das Jonglieren und vieles mehr gelernt hat und Solo-Künstler wurde.
In Las Vegas geheiratet
Acht Jahre nach ihrem Kennenlernen haben die beiden spontan in Las Vegas geheiratet. Seitdem sind sie als Duo unterwegs. Gemeinsam sind sie als Straßenkünstler und auf Festivals als Clowns, Artisten, Tänzer und mit einer spektakulären Feuershow aufgetreten.
Vor rund 15 Jahren sind sie zu einer großen Südamerikatournee aufgebrochen – die „Big Underwear Social Tour“ mit dem Untertitel "exploring the relationship between money and friendship". Das hat den beiden so viel Spaß gemacht, dass sie die Tour noch zweimal wiederholt haben. Danach hatten sie Lust auf festen Boden unter den Füßen und suchten einen Platz, um Requisiten und vieles mehr unterzubringen.
Von den Bühnen der Welt in den Hunsrück
Im Hunsrück sind sie fündig geworden. Zwar ist ihnen das Wetter manchmal zu regnerisch und kalt, aber in ihrem „Haus ohne Dach“ haben sie sich ein buntes Stück Heimat geschaffen. Und: Von dort ist es auch nicht weit zu dem ein oder anderen Festival für die Comedy oder Feuershow – the show must go on.
Mehr Room Tour
Öko-Pioniere: Holzhaus mit Wärmepumpe aus den 80ern
Anton ist Öko-Haus-Pionier: Er hat schon in den 80er Jahren ein nachhaltiges Holzhaus mit Wärmepumpe gebaut, das mit passiver Solarenergie beheizt wird.