Junge Ballerina aus Mainz träumt von Profi-Karriere in Russland

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AUTOR/IN
Tetyana Detig
ONLINEFASSUNG
Katharina Feißt

„Es ist so ein unbeschreibliches Gefühl, auf der Bühne zu stehen. Man vergisst einfach alles um sich herum.“


Juliannas ganzes Leben dreht sich ums Ballett. Seit ihrem zehnten Lebensjahr arbeitet die 16-Jährige darauf hin, Profi-Ballerina zu werden. Dafür trainiert sie sechs Stunden am Tag. Ausnahmen gibt es nicht – auch nicht an ihrem Geburtstag. Julianna kennt es nicht anders: „Für mich ist es Normalität. Das ist ja mein Leben und das, was mir Spaß macht.“ Neben ihrer achtjährigen Ballett-Ausbildung in Mainz geht die 16-Jährige zur Schule und will bald ihr Abitur machen.

„Man weiß ja nie, was morgen passiert. Deswegen ist es schon wichtig, sein Abi zu machen.“


Die junge Ballerina träumt von einer Karriere in Russland. In der Ballett-Schule lernt sie, nach der russischen Waganowa-Methode zu tanzen. „Das ist das, was ich am schönsten finde. Russland ist für mich das pure klassische Ballett.“ Ihr Ziel: ein Engagement am weltberühmten Bolschoi-Theater in Moskau. Falls das direkt nach ihrer Ballett-Ausbildung klappen sollte, müsste Julianna mit 17 Jahren ihre Familie in Mainz-Gonsenheim verlassen. Mama Karla, die aus Brasilien nach Deutschland kam, sieht’s gelassen: „Wir kommen auch von weit weg. Die Welt ist so groß. Es ist schön, dass sie diese Möglichkeit hat. Und wenn es sie glücklich macht: Warum nicht?“

Ihren Traum vom Bolschoi-Theater konnte Julianna sich im vergangenen Jahr schon drei Wochen lang erfüllen. In dieser Zeit probte sie dort mit ihrem Tanzpartner für die Teilnahme an einem Wettbewerb. „Das war für mich eine riesige Erfahrung“, schwärmt die 16-Jährige. Sie habe plötzlich mit ihren Idolen tanzen können, die sie zuvor nur aus Videos kannte.

„Die waren immer so weit weg. Und dass die plötzlich vor einem stehen und man mit denen trainiert und sich noch mal so viel Inspiration von ihnen nehmen kann, das war schon unglaublich.“

Mehr Heimat

Cat Calls of Mainz

Es dauerte keine fünf Minuten – Nachdem wir die ‚Aufsager‘ für den Anfang des Films aufgezeichnet haben, laufen wir zusammen mit Hannah, Lea, Isabelle und Melina von "Cat Calls of Mainz" zum Mainzer Hauptbahnhof. Das erste was passiert: Die vier werden sexuell belästigt und einer der „Heimat“-Autoren wird zum Chef der Gruppe erklärt, weil er ein Mann ist. Während der Dreharbeiten kam es zu zwei weiteren Belästigungen. Hannah, Lea, Isabelle und Melina sind Studentinnen aus Mainz, die das Projekt „Cat Calls of Mainz“ rund um den Weltfrauentag 2020 gestartet haben. Angelehnt an zahlreiche andere Cat-Calls-Projekte in der ganzen Welt: „Wir haben uns das erst eigentlich nur für eine Woche vorgenommen – Nachrichten zu empfangen und kreiden zu gehen. Dann war die Woche vorbei und wir haben gemerkt: Wow, das findet jetzt schon viel Resonanz. Dann gab es für uns keinen Grund aufzuhören.“ Kreiden gehen bedeutet, sie schreiben mit Kreide sogenannte „Cat Calls“, also in der Regel verbale sexuelle Belästigungen, mit Kreide auf die Straße. Alles Belästigungen, die jemand erlebt und ihnen auf ihrem Instagram-Kanal zugeschickt hat. „So werden Leute mit dieser sexistischen Problematik konfrontiert, die sonst das Privileg haben, damit nicht in Berührung zu kommen.“ Das sei ihnen super wichtig, sagt Lea, eine der Mitinitiatorinnen der Gruppe. Aber es geht ihnen vor allem um die Opfer. „Dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich diesen Raum zurückzuerobern, in dem ihnen etwas Schlimmes passiert ist. Man hat so ein starkes Ohnmachtsgefühl, wenn man das im Alltag ständig erleben muss.“ So möchten sie etwas in der Gesellschaft verändern und für das Thema sensibilisieren.

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Tetyana Detig
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Katharina Feißt