Alkohol- und tablettenabhängig: Dank Notherberge Leben wieder im Griff

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Silvana aus Heilbronn hat alles verloren. Nach einem Brand wird sie obdachlos und verfällt dem Alkohol. Als sie bei einer Notherberge Unterstützung findet, schafft sie es, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. 

Alkohol- und tablettenabhängig: Dank Notherberge hat Silvana ihr Leben wieder im Griff

Wenn man jahrelang auf der Straße war, dann schauen die Leute dich nicht mal an, weil: Du bist ja ein Penner. In ihren Augen bist du gar nix! Aber jetzt, jetzt bin ich wieder wer. 

Silvana hat in ihrem Leben viel verloren. Zu ihren Söhnen aus einer früheren Beziehung hat sie keinen Kontakt mehr. Ihr Traummann, mit dem sie eine Tochter hat, ist gestorben. Und durch einen Brand verliert sie auch noch ihre Wohnung. Plötzlich steht Silvana auf der Straße. „Die Feuerwehr zog uns im letzten Moment aus dem obersten Stock auf die Leiter. Nicht mal meinen Geldbeutel konnte ich vor den Flammen retten, so schnell musste das gehen!“

Vor dem Nichts 

Silvana findet nach dem Brand keinen Halt. „Für mich gab's halt außer Hartz 4 nichts. Da blieb bloß die Straße. Und der Alkohol. Da denkst du dann auch nicht mehr daran, ob du Schadenersatzansprüche gegen irgendjemand hast. Auf der Straße war ich, bis dann Grisu kam.“ Grisu leitet in Heilbronn eine Art WG für abhängige Obdachlose, eine Notherberge, und hilft den Bewohnerinnen und Bewohnern, clean zu werden.  

Neuer Lebensmut  

Heute ist Silvana trockene Alkoholikerin und hat auch ihre Tablettenabhängigkeit besiegt. Sie ist stolz auf sich. „Als ich in der Notherberge gesagt hab', ich komm' alleine vom Alkohol weg, da hat mir keiner geglaubt. Außer Grisu. War ja auch kein Wunder: Bei zehn Flaschen Wein und zwei Flaschen Wodka am Tag – das glaubt dir keiner, dass du das alleine schaffst. Aber ich hab' gesagt, wie ich's reduziere, und genauso hab ich's gemacht. Jede Woche eine Flasche. Aufs Glas genau!“ Silvana sagt: Sie hat Grisu und der Notherberge ihre zweite Chance zu verdanken.  

Meine Tochter, die wollt's kaum glauben. Wir konnten uns ja wegen Corona die letzten Monate nicht sehen, aber wir telefonieren. Sie arbeitet als Krankenpflegerin. Die ist total stolz auf mich, dass ich nach fünf Jahren wieder sauber bin.

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Hausarzt mit 95 Jahren

Helmut ist seit über 70 Jahren Mediziner. 1961 eröffnet er seine Hausarztpraxis in Wiesloch. Heute noch betreut er Patienten und Patientinnen in seiner Praxis. Für Helmut war seine Arbeit nie eine Last und er führt sie im stolzen Alter von 95 Jahren nach wie vor aus.

Cat Calls of Mainz

Es dauerte keine fünf Minuten – Nachdem wir die ‚Aufsager‘ für den Anfang des Films aufgezeichnet haben, laufen wir zusammen mit Hannah, Lea, Isabelle und Melina von "Cat Calls of Mainz" zum Mainzer Hauptbahnhof. Das erste was passiert: Die vier werden sexuell belästigt und einer der „Heimat“-Autoren wird zum Chef der Gruppe erklärt, weil er ein Mann ist. Während der Dreharbeiten kam es zu zwei weiteren Belästigungen. Hannah, Lea, Isabelle und Melina sind Studentinnen aus Mainz, die das Projekt „Cat Calls of Mainz“ rund um den Weltfrauentag 2020 gestartet haben. Angelehnt an zahlreiche andere Cat-Calls-Projekte in der ganzen Welt: „Wir haben uns das erst eigentlich nur für eine Woche vorgenommen – Nachrichten zu empfangen und kreiden zu gehen. Dann war die Woche vorbei und wir haben gemerkt: Wow, das findet jetzt schon viel Resonanz. Dann gab es für uns keinen Grund aufzuhören.“ Kreiden gehen bedeutet, sie schreiben mit Kreide sogenannte „Cat Calls“, also in der Regel verbale sexuelle Belästigungen, mit Kreide auf die Straße. Alles Belästigungen, die jemand erlebt und ihnen auf ihrem Instagram-Kanal zugeschickt hat. „So werden Leute mit dieser sexistischen Problematik konfrontiert, die sonst das Privileg haben, damit nicht in Berührung zu kommen.“ Das sei ihnen super wichtig, sagt Lea, eine der Mitinitiatorinnen der Gruppe. Aber es geht ihnen vor allem um die Opfer. „Dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich diesen Raum zurückzuerobern, in dem ihnen etwas Schlimmes passiert ist. Man hat so ein starkes Ohnmachtsgefühl, wenn man das im Alltag ständig erleben muss.“ So möchten sie etwas in der Gesellschaft verändern und für das Thema sensibilisieren.

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SWR