Inklusion

Gleiche Chancen für alle

Stand
Autor/in
Sevde Cig
Redakteur/in
Andrea Wieland

Inklusion bedeutet, dass jeder die Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Miteinander hat. Wie sich die Inklusion in Deutschland vor allem in der Bildung umsetzt, erklärt Maria Loheide, Vorständin für Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

2009 hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert: Hiermit soll die Teilhabe von Menschen mit Behinderung auf allen Ebenen der Gesellschaft ermöglicht werden. „Die Behindertenrechtskonvention konkretisiert, dass Menschen mit Behinderung alle Menschen- und Bürgerrechte haben. Sie dürfen nicht mehr aufgrund ihrer Behinderung vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sein. Sie sollen in der Lage sein, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen", erklärt die Diakonie-Vorständin.

Nur das Absenken der Bürgersteige reiche nicht aus

Das betrifft alle Bereiche, ob Bildung, Freizeit, Wohnen oder Arbeiten, um nur einige zu nennen. Es benötigt erhebliche Anstrengungen, um das zu ermöglichen. Die Behindertenrechtskonvention ist der Maßstab, an dem sich die Umsetzung messen lassen muss, zum Beispiel in wie weit es gelingt, die Gesetze inklusiv zu gestalten“, sagt Maria Loheide. Dabei sei beispielsweise Barrierefreiheit nicht nur das Absenken von Bürgersteigen, sondern auch „Ticketautomaten für den ÖPNV so zu gestalten, dass Menschen mit Beeinträchtigung damit umgehen können.“

Maria Loheide betont: „Inklusion bedeutet, dass Menschen selbstbestimmt über ihr Leben entscheiden und am Leben teilhaben können.“ Dies sei mit erheblichen Änderungsprozessen verbunden. Daher könne eine gelungene Inklusion nur im „Zusammenspiel von Gesellschaft, Politik und Zivilgesellschaft“ stattfinden.

"Wir kommen aus einer Welt der Sondersysteme für Menschen mit Behinderung. Erst seit drei Jahrzehnten ist man auf dem Weg, diese Sonderwelten aufzulösen. Begonnen hat der Prozess aus meiner Sicht bei den Tageseinrichtungen für Kinder. Kinder mit Behinderung sollten auch in die Kita in der Nachbarschaft gehen und mit den anderen Kindern aufwachsen können."

Inklusive Bildung beginnt im Kindergarten

"In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel gehen fast alle Kinder mit Behinderung in Regelkindergärten. Da ist die Inklusion weitgehend gelungen“, sagt Maria Loheide. Die inklusive Gestaltung von Kindertagesstätten habe „den Ball ins Rollen gebracht“, sei ein guter Start in die richtige Richtung gewesen. In den weiterführenden Schulen wie beispielsweise in Gymnasien sei die inklusive Bildung noch nicht auf dem gewünschten Niveau, „da diese in ihrer Anlage ein exklusives System“ darstellen. „Um inklusiv zu werden, bedarf es bei den Gymnasien noch erheblicher Anstrengungen: Kinder, die eine körperliche Beeinträchtigung haben, brauchen eine entsprechende Unterstützung und Begleitung. Inklusion ist noch nicht so angekommen, wie wir es uns gewünscht haben. Es braucht inklusive Didaktik und ausreichende, auch digitale Assistenzen, die erforderlich sind. Meines Erachtens ist der inklusive Prozess auch in den Gymnasien nicht aufzuhalten“, betont die Vorständin für Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.

Inklusion als gesamtgesellschaftliche Herausforderung

Für das gesellschaftliche Miteinander stelle die Unwissenheit von Menschen, die keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderung haben, eine Herausforderung dar. Oft wüssten Menschen nicht, wie sie Menschen mit Beeinträchtigungen begegnen sollen. Zudem seien „nicht alle Behinderungen auf den ersten Blick erkennbar, beispielsweise psychische Beeinträchtigungen.“ Auch seien diese noch sehr stark tabuisiert unter den Menschen. Daher sei die Etablierung von inklusiver Bildung so wichtig, denn „Kinder, die in Kitas Kontakt zu Kindern mit Behinderung haben, empfinden das Miteinander als normal.“

Maria Loheide appelliert an die Gesellschaft: „Jeder kann einen Beitrag zu einer inklusiven Gesellschaft leisten, indem man auf Menschen mit Beeinträchtigung in der eigenen Umgebung zugeht und sie spüren lässt, dass sie Teil dieser Gesellschaft sind.“ Da Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, müsse jeder inklusiver werden, um „Hindernisse und Interessengegensätze“ zu überwinden.

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