Sie gaben ihr Nomadenleben auf und wurden sesshaft: Der Beginn der Jungsteinzeit wird von Wissenschaftlern als kulturelle und technische Revolution angesehen. Die Funde, die Archäologen in Herxheim machen, zeigen uns nun einen weiteren, wichtigen Aspekt des Lebens vor 7.000 Jahren. SWR.de sprach mit der Speyerer Archäologin Dr. Andrea Zeeb-Lanz über den Alltag der ersten Bauern.
Wie sah das steinzeitliche Dorf ungefähr aus, das Sie beim heutigen Herxheim ausgraben?
Andrea Zeeb-Lanz: Es war von zwei Grubenringen umgeben, in denen wir die Skelette fanden. Die Siedlung hatte eine Fläche von ungefähr vier Hektar. Wir wissen, dass das Dorf mehrere hundert Jahre lang existierte.
Die Menschen lebten in Häusern, die zwischen 20 und 50 Meter lang und acht bis zwölf Meter breit waren. Die Gerüste der Häuser bestanden aus tief in die Erde gerammten Holzpfosten. Die Wände waren aus Weidengeflecht und mit Lehm verputzt. Über die Dachdeckung können wir nichts Genaues sagen, da noch nie Reste davon gefunden wurden. Sie waren möglicherweise mit Grassoden oder Stroh gedeckt.
Während einer Besiedlungsphase standen dort maximal zehn Häuser. Höchstens 100 Menschen lebten gleichzeitig in dieser Siedlung. Das ist ein Erfahrungswert, sicher können wir es nicht sagen. Diese Siedlung war ein größeres und ansonsten unauffälliges Dorf.
Wie lebten die Menschen dort?
Solange das Dorf als normale Siedlung und nicht als kultische Bestattungsstätte diente, lebten die Menschen hier wie anderswo während der Jungsteinzeit auch: Sie waren Bauern, bestellten ihre Äcker und züchteten Rinder, Schafe, Schweine und Ziegen. Alle Werkzeuge und Haushalts-Gegenstände stellten die einzelnen Familien selbst her. Auch die Keramik wurde in jedem Dorf getöpfert.
Es gab aber auch weit reichende Handelsverbindungen. Das verraten uns Muscheln, die wir in manchen Gräbern finden: Die so genannten Spondylus-Muscheln leben nämlich nur im Mittelmeer. Sie müssen also von dort hergebracht worden sein. Auch Feuerstein, der "Stahl der Steinzeit", wurde über weite Strecken gehandelt.
Wir glauben, dass die Anlage von Herxheim zuerst eine Siedlung war und am Schluss als Bestattungsort diente. Wir wissen nicht, ob das Dorf noch bewohnt war, als die Riten stattfanden, die wir untersuchen. Wenn ja, hatten die Bewohner sicher in irgendeiner Weise mit den Zeremonien zu tun.
Was kann man denn überhaupt zum Glauben dieser Menschen sagen?
Diese Frage können wir für vorgeschichtliche Kulturen im Grunde nie beantworten. Es gibt nämlich keinerlei schriftliche Quellen, die dazu etwas aussagen könnten.
Fest steht aber, dass die Menschen damals an eine Art Jenseits glaubten. Sonst hätten sie ihre Verstorbenen nicht sorgfältig bestattet. Sie gaben ihnen auch Gefäße, Schmuck oder Speisen wie Rinder- oder Schweinehälften mit ins Grab. Kleine tönerne menschliche Figuren, die wir immer wieder in Siedlungen finden, weisen vielleicht auf einen Ahnenkult hin. Genaueres kann man aber auch dazu nicht sagen.
Die Anlage von Herxheim zeigt jetzt mit ihrem bisher einmaligen Ritual, dass hier eine Erweiterung der Glaubensvorstellungen stattgefunden hat.