Deutschland ist das letzte Land in der EU, in dem Tabakwerbung auf Plakatwänden und Litfaßsäulen erlaubt ist. Jahrelang hat es die Tabakindustrie-Lobby geschafft, ein Gesetz zum Tabakwerbeverbot zu verhindern. Solch ein Gesetz sollte auch die Werbung für E-Zigaretten verbieten, sagen Forscher. Denn Studien zur Wirkung von E-Zigaretten-Werbung auf junge Menschen weisen darauf hin, dass durch diese Werbung Jugendliche eher bereit sind, E-Zigaretten auszuprobieren. Dr. Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg im Interview.
Frau Dr. Ute Mons, ein Thema auf dem Kongress waren die E-Zigaretten. Warum kommen die gerade bei Jugendlichen so gut an?
Die gute Nachricht ist erst mal, dass herkömmliche Zigaretten immer weniger gut ankommen bei Jugendlichen. Wir sehen, dass der herkömmliche Zigarettenkonsum zurückgegangen ist. Aber Jugendliche haben tatsächlich vermehrt auch ein Interesse an anderen Produkten.
Wir sehen das insbesondere bei Wasserpfeifen, aber auch bei E-Zigaretten. Da sehen wir vor allem, dass das zum Teil auf die Vermarktung zurückzuführen ist, dass gerade Jugendliche angesprochen werden von der Werbung für diese Produkte. Aber zum Glück sehen wir, dass der regelmäßige Konsum noch relativ selten ist. Aber da müssen wir natürlich dranbleiben an dem Thema.
Die Werbung will uns E-Zigaretten als gesündere Alternative zur normalen Zigaretten verkaufen. Ist da was dran?
Es ist tatsächlich so, dass E-Zigaretten weniger schädlich sind. Sie sind nicht gesünder, das kann man so nicht sagen. E--Zigaretten sind ja nicht gesund, aber sie sind weniger schädlich. Und das ist eine wichtige Frage, wenn man gerade auf Jugendliche schaut. Das heißt: E-Zigaretten sind nicht harmlos. Es sind Schadstoffe enthalten, die ein Gesundheits-Gefährdungspotenzial haben.
Das heißt, Jugendliche sollten E-Zigaretten nicht verwenden. Sie könnten aber zumindest eine Option sein für Raucher, die es anders nicht schaffen, vom Rauchen loszukommen. Für die könnten E-Zigarette eine weniger schädliche Alternative sein, aber Nichtraucher und vor allem Jugendliche sollten die Finger davon lassen.
In den USA gab es am mehrere Todesfälle durch E-Zigaretten. Wäre das auch bei uns denkbar?
Man muss das etwas differenzieren. In den USA hat sich tatsächlich auch herausgestellt: Es sind nicht die E-Zigaretten an sich, die schwere Erkrankungen und Todesfälle verursacht haben, sondern das, was drin war.
Alles deutet darauf hin, dass bei den entsprechenden E-Zigaretten in den USA Liquids (also Flüssigkeiten), verwendet wurden, die auf dem Schwarzmarkt erstanden worden, und Cannabis enthalten haben.
Und es scheint so, dass diese auf dem Schwarzmarkt erhältlichen Produkte Substanzen enthalten haben, die die Erkrankung ausgelöst haben. Das heißt, das Problem ist nicht die E-Zigarette an sich, sondern das, was drin war.
Es waren Zusätze die nicht zugelassen waren, und das wäre in Deutschland wahrscheinlich so nicht möglich. Oder?
Das stimmt. In Deutschland haben wir da einen besseren Verbraucherschutz. Hier sind einige Substanzen verboten, von denen wir wissen, dass sie gesundheitsgefährlich sind, wenn sie erhitzt und verdampft und inhaliert werden. Das ist das Gute.
Aber auch in Deutschland heißt es natürlich, dass man vorsichtig sein sollte, was man in die Liquids reintut. Die Produkte, die im Fachhandel erhältlich sind, die sind sicher. Aber man sollte auf jeden Fall davon Abstand nehmen, sich da irgendwelche anderen Substanzen reinzumischen, insbesondere wenn es sich um illegal erstandene Produkte handelt.
Die Befürchtung ist, dass vor allem Jugendliche von E-Zigaretten irgendwann auf die schädlicheren normalen Zigaretten umsteigen. Ist diese Befürchtung begründet?
Das ist tatsächlich eine Frage, die noch nicht endgültig geklärt ist. Also es ist natürlich ein Risiko. Und der Zusammenhang ist natürlich auch logisch. E-Zigaretten haben wegen des enthaltenen Nikotins ein Suchtpotenzial und es besteht die Möglichkeit, dass dann Jugendliche auch andere Produkte wie die herkömmliche Zigarette ausprobieren.
Inwiefern das tatsächlich ein kausaler Zusammenhang ist oder ob wir einfach die Situation haben, dass Jugendliche, die das eine ausprobieren, auch wahrscheinlicher ein anderes Produkt ausprobieren, das ist noch nicht endgültig geklärt.
In jedem Fall bedeutet das aber, dass das wir in Deutschland auf dem richtigen Weg sind mit den Jugendschutzgesetzen, die eigentlich den Konsum beider Produkte unter einem Alter von 18 Jahren verbieten. Da müssen wir aber alles daransetzen, dass das auch entsprechend vollzogen wird und die Jugendschutzgesetze auch eingehalten werden.
Führt ein striktes Tabakwerbeverbot - auch für E-Zigaretten - dazu, dass weniger Menschen mit dem Rauchen anfangen?
Wir wissen tatsächlich aus vielen Studien aus internationalen Erfahrungen, dass Tabakwerbeverbote wirksam sind. Zum einen, wenn es darum geht zu verhindern, dass mit dem Marketing junge Menschen angefixt werden. Und es ist ja auch so: Wir haben jetzt die paradoxe Situation, dass Jugendliche in den Schulen Aufklärungs-Kampagnen mitbekommen, aber dann draußen an der Bushaltestelle stehen und der Tabakwerbung ausgesetzt sind. Und da verschwenden wir natürlich auch Gelder in der Prävention, wenn diese direkt wieder mit Tabakwerbung konterkariert werden.
Aus unserer Sicht ist ein Tabakwerbeverbot auf jeden Fall ein sehr wichtiger Schritt. Und das geplante Außenwerbeverbot ist auch ein sehr guter Schritt in die richtige Richtung. Aus unserer Sicht ist es allerdings auch noch nicht ausreichend. Denn was wir sehen, ist das, wenn ein Werbekanal verboten wird, die Tabakindustrie auch andere Kanäle, die weiterhin erlaubt sind, dann eben verstärkt nutzen. Und momentan sehen wir das vor allem auch in den sozialen Medien. Das heißt: Aus unserer Sicht wäre es als sinnvoll, wirklich ein umfassendes Tabakwerbeverbot umzusetzen.
Das heißt, soziale Medien wären mit dem aktuell geplanten Gesetzesvorschlag noch nicht betroffen?
Soziale Medien sind sehr schwer zu kontrollieren. Also eigentlich ist Werbung in sozialen Medien verboten, auch für Tabakprodukte. Aber da gibt es natürlich auch ein einen großen Graubereich und sehr viele indirekte Methoden, die dann doch in den sozialen Medien geworben wird, beispielsweise über Influencer und andere Möglichkeiten. Und da gibt es noch viele Grauzonen.
Glauben Sie, dass wir ein Gesetz zum Tabakwerbeverbot noch in dieser Legislaturperiode bekommen werden?
Wir haben wieder wieder etwas mehr Hoffnung. Es gibt auf jeden Fall Bewegung in der Politik. Wir sehen, dass das auf jeden Fall diskutiert und debattiert wird. Und wir sind guter Hoffnung, dass tatsächlich das das Versprechen, noch in dieser Legislaturperiode tatsächlich ein Gesetz auf den Weg zu bringen, eingehalten wird.
Wir sind ein bisschen besorgt, was die Übergangsfristen anbelangt. Solche Gesetze haben jetzt mehrjährige Übergangsfristen. Das heißt, möglicherweise müssen wir dann doch wieder ein paar Jahre lang warten, bis wir tatsächlich dann diesen Schutz haben.