Aus ärztlicher Sicht spricht eigentlich nichts gegen eine Siesta.

Mittagsschlaf bei Hitze

Das spricht für die sommerliche Siesta

Stand
Autor/in
Stefan Troendle
Onlinefassung
Ralf Kölbel

Wegen der hohen Temperaturen wollen die Amtsärzte in Deutschland eine Siesta einführen. Das hat Amtsärzte-Chef Nießen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt. Macht das Sinn?

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Der Vorschlag für eine Siesta an heißen Tagen orientiert sich an südlichen Ländern wie Spanien oder Italien, wo viele Geschäfte oder Einrichtungen über die Mittagszeit geschlossen sind und erst am späten Nachmittag wieder öffnen. Der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Nießen, sagte, früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen, sei ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten. Wahrend der Deutsche Gewerkschaftsbund den Vorschlag durchaus unterstützt, gibt es auch eher Skepsis unter Familienunternehmern.

Ventilatoren, leichte Kleidung und ein Eimer Wasser im Büro

Menschen seien, so Nießen, bei starker Hitze weniger leistungsfähig. Komplexe Arbeiten sollten daher besser am frühen Morgen erledigt werden. Nießen sprach auch andere Punkte an, die deutsche Arbeitgeber betreffen. So forderte er ausreichend Ventilatoren und leichtere Kleidung – auch wenn die Kleiderordnung im Büro, zum Beispiel bei Versicherungen und Banken, das nicht erlaube. Ein weiterer Vorschlag eignet sich allerdings nur fürs Homeoffice: ein Eimer Wasser als kaltes Fußbad unter dem Schreibtisch.

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Einfluss der Hitze auf unsere Leistungsfähigkeit

Die Hitze beeinflusst unsere Leistungsfähigkeit negativ. Wir können uns schlechter konzentrieren. Wir können nachts schlechter schlafen. Deswegen ist eine Pause absolut sinnvoll. Nur sollte man auch daran denken, diese Pause zu machen, wenn es am heißesten ist. Und das ist nicht um 12 Uhr mittags, sondern eher nachmittags. Menschen, die im Freien arbeiten, wie Landschaftsgärtner oder Dachdecker, die fangen jetzt früher an.

Was würde eine Siesta aus medizinischer Sicht bringen?

Grundsätzlich schlafen wir nachts bei Hitze schlechter, vor allem in den sogenannten Tropennächten. Wenn die Temperatur über 20 Grad bleibt, schlafen wir deswegen auch weniger tief. Insofern ist dann eine Siesta oder neudeutsch: ein Powernap, ein prima Ausgleich.

Studien aus Griechenland und aus der Schweiz besagen: Es bringt was, wenn man es richtig macht. Und richtig heißt nicht täglich, sondern zwei bis dreimal Siesta pro Woche. Das ist ganz prima. Das senkt dann das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Und es dient auch dem Stressabbau.

Es gibt auch Studien, die die gesundheitlichen Vorteile einer Siesta bzw. des Powernaps belegen.
Es gibt auch Studien, die die gesundheitlichen Vorteile einer Siesta bzw. des Powernaps belegen.

Wenn man sich aber täglich hinlegen muss, weil man dauernd müde ist, dann könnte das auf eine schlechte Schlafqualität nachts hinweisen, möglicherweise auch ausgelöst durch eine (chronische) Erkrankung.

Wenn man einen Powernap macht, sollte man einen Wecker stellen, damit man nicht in den Tiefschlaf kommt. Weil dann hat man danach das Problem, dass der Körper nicht wieder in Gang kommt (Blutdruck usw.). Das heißt, die Faustregel ist: So in etwa eine halbe Stunde: zehn Minuten zum Einschlafen, 20 Minuten ruhen, und da ist das Ruhen des Wichtigere, also zu entspannen und weniger das Schlafen.

Man sollte die Siesta auch nicht zu lange ausdehnen, weil das eher nachteilige Effekte bringt.
Man sollte die Siesta auch nicht zu lange ausdehnen, weil das eher nachteilige Effekte bringt.

Das Modell - Siesta über Mittag - in südlichen Ländern wird von den wenigsten noch gelebt

Selbst in Spanien und Italien machen nur die Menschen Siesta, die es sich leisten können. Es gibt momentan viele schlecht bezahlte Jobs, wie Hausmeister oder Verkäuferinnen. Das sind Menschen, die aus Kostengründen meist weit draußen wohnen müssen. Die haben gar keine Gelegenheit, mittags kurz nach Hause zu fahren und Pause zu machen.

Und das Modell 10 bis 13 Uhr und 16:30 bis 20 Uhr, das ist schon gelebte Realität. Übrigens auch im Winter. Es hat aber nichts mit reichlichem Mittagessen zu tun. Die meisten holen sich nur einen kleinen Snack, ruhen sich aus und essen abends richtig.

Der Vorteil beim Home Office ist, dass man sich hier oft die Arbeitszeiten besser einteilen kann.
Der Vorteil beim Home Office ist, dass man sich hier oft die Arbeitszeiten besser einteilen kann.

In Zukunft: klimafreundliche Büros bauen

Für die Zukunft, sollten die Büros, die neu gebaut werden möglichst beschattet, belüftet und klimatisiert sein. Es gibt auch Luftumwälzungsanlagen, die nachhaltiger sind als eine Klimaanlage beispielsweise. Außerdem sollten vernünftige Ruhezonen eingerichtet werden, in denen man sich zurückziehen kann. All das steigert im Endeffekt die Produktivität.

In bereits existierenden Einrichtungen sind solche Umbauten relativ schwierig. Im Handwerk oder auf dem Bau müsste man anders rangehen, mit gekühlten Containern beispielsweise.

Auch die Mentalität der Arbeitenden ist manchmal nicht mehr zeitgemäß. Bei dem Motto "einen starken Mann erschüttert nichts", gilt nun: ab einer gewissen Außentemperatur, aber doch!

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