SWR-Medienforum Migration 2019

Integrationspolitik in bewegten Zeiten

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Was heißt Zusammenhalt in einer pluralen Gesellschaft? Wie greift Rassismus in unseren Alltag ein, was können wir dagegen tun? Welche Rolle spielen dabei die Medien? Wissenschaftler, Politiker und Publizisten stellen sich diesen Fragen beim SWR Medienforum Migration. Für die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz kann die Integrationspolitik zum Zusammenhalt in der Gesellschaft sehr viel beitragen.

Publikum im Saal beim Medienforum 2019
Medienforum 2019

Wenn Politiker über Einwanderung, Integration, Identität, Heimat sprechen, dann würden fast alle im nächsten Atemzug an den Zusammenhalt in der Gesellschaft appellieren, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz (CDU). Fast alle Fraktionen im Bundestag hätten Zusammenhalt auf ihre Fahnen geschrieben, sogar im Koalitionsvertrag sei der Begriff enthalten. Es herrsche zwar Konsens, aber wer solle zusammenhalten und wie? Die Integrationspolitik müsse im Ergebnis beide Fragen beantworten, so Widmann-Mauz.

Wer soll zusammenhalten?

Die 83 Millionen Menschen im Land "aus denen sich die Vielfalt dieses Landes zusammensetzt", sollten zusammenhalten, erklärte Widmann-Mauz. Und dazu zählten nicht nur die Einheimischen, sondern auch die Einwanderer und ihre Nachkommen. "Einwanderung gibt es in unserem Land schon immer, es ist der Normalfall", betonte Widmann-Mauz. Einwanderung habe zur Stärke und zum Wohlstand "unseres Landes beigetragen", zum Beispiel allein die EU-Einwanderung würde das Bruttoinlandsprodukt jedes Jahr um 0,2 Prozent steigern. Auch die Flüchtlinge, die 2015 aufgenommen wurden, würden dem Land bis zum Jahr 2030 einen Netto-Ertrag von rund 11 Milliarden Euro bringen. "Wenn wir es richtig machen – dann ist das nicht nur ein gesellschaftlicher Gewinn, ein Gewinn an Vielfalt, sondern auch ein ökonomischer Wert."

Probleme nicht verschweigen

"Wer Identifikation will, der muss im Ergebnis Identifikation und Zugehörigkeit für alle ermöglichen", so Widmann-Mauz. Genau das wollten die Populisten und Hetzer verhindern. Die politischen und gesellschaftlichen Debatten seien rauher geworden. Probleme sollten weder verschwiegen noch tabuisiert werden, so Widmann-Mauz. Im Gegenteil sollten die Probleme offen angesprochen werden, betonte die CDU-Politikerin. Nichts solle unter den Teppich gekehrt werden.

Wie halten wir am besten zusammen?

Man müsse sich auf gemeinsame Spielregeln einigen, erklärte Widmann-Mauz. Bei aller Vielfalt und Kontroverse brauche man ein "einigendes Band". Dieses Band sei das Grundgesetz, mit seiner freiheitlichen, demokratischen Grundordnung. Jeder sei vor dem Gesetz gleich. Das Grundgesetz gelte für alle. Wer dagegen verstoße, müsse im Notfall auch das Land wieder verlassen. Nur auf gemeinsamen Werten und auf dieser Ordnung könnten Zusammenhalt wachsen – wie im Sport würden die Regeln für alle gelten.

aufgeblättertes Grundgesetz

Fördern und Fordern

Die Politik solle nach der Regel des Förderns und Forderns handeln, ein Zweiklang, der für Integrationspolitik stehe. So sollen neue Einwanderer die deutsche Sprache erlernen, zum Beispiel in Integrationskursen. Frühkindliche Bildung sei von Bedeutung, aber auch die Beschäftigung. Arbeit sei ein wichtiger Integrationsmotor. Geduldete, die in den Arbeitsmarkt integriert sind, sollten auch eine Bleibeperspektive bekommen. Es sollten nicht die Falschen abgeschoben werden, so Widmann-Mauz. Mittlerweile hätten 372.000 Flüchtlinge eine Arbeit bekommen, rund 300.000 davon seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

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SWR