Speyerbach in Neustadt

Was tun?

Hitze, Dürre, Klimawandel: Bäche in der Pfalz trocknen zunehmend aus

Stand
Autor/in
Birgit Baltes
Foto für Autorenseite

Es ist heiß und trocken in der Pfalz - wieder mal. Die Folge: Immer mehr Bäche in der Pfalz trocknen aus. Worauf müssen wir uns einstellen und was können wir dagegen tun?

In der Vorder- und Südpfalz fehlt im Winter seit mehreren Jahren der Regen und die Sommer werden immer heißer und trockener. Dieser Trend habe sich fortgesetzt, sagt Jürgen Decker, Leiter der Regionalstelle für Wasserwirtschaft und Bodenschutz bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) in Neustadt. Die Folge: Einige Bäche werden über kurz oder lang zumindest in den Hitzeperioden ganz austrocknen, so Decker.

Dadurch werde sich auch der Charakter der Bäche und das Leben darin verändern. Während Fische noch flussaufwärts wandern könnten, könnten beispielsweise Krebse, Schnecken und vor allem Kleinstlebewesen das nicht überleben. "Man wird vielleicht auch Bilder im Auge haben, die man so von Italien kennt, wo man teilweise ausgetrocknete Bäche sieht und sich fragt: Ist das überhaupt ein Bach?", sagt Decker.

Speyerbach in Neustadt
Der Birnbach bei Landau. Der etwa 15 Kilometer lange Bach, der bei Leinsweiler (Kreis Südliche Weinstraße) entspringt und im Fluss Queich mündet, trocknet immer Sommer immer häufiger völlig aus.

Kleinere Bäche werden in der Vorder- und Südpfalz verschwinden

Betroffen seien vor allem Bäche in der Rhein-Niederung, deren Quellen am Haadtrand entspringen, wie der Hainbach oder der Modenbach, die beide im Kreis Südliche Weinstraße ihren Ursprung haben. Aber auch der Eckbach und vor allem die Isenach, die beide im Pfälzerwald im Kreis Bad Dürkheim entspringen und durch die Rheinebene verlaufen, drohen in den unteren Bereichen der Vorderpfalz immer häufiger trocken zu fallen, so Decker.

Ranschbach: "Wunderquelle" auch betroffen

Ebenso betroffen sei der Ranschbach, der westlich des gleichnamigen Ortes im Kreis Südliche Weinstraße an der sogenannten Kaltenbrunnquelle entspringt. Das ist eine Quelle, die bereits in vorchristlicher Zeit als Wunderquelle und später als Marienheiligtum verehrt wurde und zahlreiche Pilger an sich zog.

Quellen wie diese drohen zu versiegen, so bereits das Fazit einer Doktorarbeit aus dem Jahr 2004. Betroffen sind laut Decker noch etliche weitere Bäche wie beispielsweise der Otterbach, der im Wasgau, einem Teil des Pfälzerwaldes an der deutsch-französischen Grenze, entspringt und bei Kandel (Kreis Germersheim) in den Bruchbach mündet.

Eine Ursache ist sinkender Grundwasserspiegel

Das Problem bei den kleineren Gewässern sei weniger, dass das Wasser wegen der Hitze verdunste, als vielmehr der sinkende Grundwasserspiegel, so Decker. Denn inzwischen fehlten im Schnitt 25 Prozent zur Neubildung des Grundwassers. Dadurch komme einerseits die Quellen schlechter und die Bäche führten deshalb weniger Wasser. Andererseits gelange auch von unten weniger sogenanntes Druckwasser in die Bäche.

Das bestätigt der Landauer Umweltwissenschaftler Hans Jürgen Hahn. Durch den sinkenden Grundwasserspiegel würden beispielsweise Hainbach, Modenbach und Otterbach immer häufiger trocken fallen. "Das ist eine Situation, die hier im Oberrheingraben typisch ist", so Hahn. Früher seien die Bäche im Sommer nur manchmal ausgetrocknet. Jetzt müsse man sich darauf einstellen, dass das regelmäßig passiere.

Südpfalz: Beregnung in der Landwirtschaft

Hahn sieht in der Beregnung durch die Landwirtschaft, vor allem im Gemüsebau, eine Hauptursache für den sinkenden Grundwasserspiegel. Denn in der Südpfalz nutzen die meisten Landwirte Tiefbrunnen, um ihre Äcker im Sommer zu bewässern. Wieviel Wasser die Landwirte aus ihren Brunnen entnehmen, sei völlig unkalkulierbar, so der Grundwasserökologe. Denn wenn überhaupt Wasserzähler an den Brunnen angebracht seien, dann seien die manipulierbar. Hahn fasst zusammen: "Das ist eine Katastrophenlandwirtschaft, was wir hier vor der Türe haben."

"Das ist eine Katastrophenlandwirtschaft, was wir hier vor der Türe haben."

Hoffnung mache aber ein Pilotprojekt mit digitalen Zählern. Außerdem gebe es gute Beispiele für einen wassersparenden Gemüseanbau: Etwa durch Tröpfchenberegnung von unten oder auch, indem man Mulch auf die Böden aufbringe.

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Privathaushalte bedienen sich am Flusswasser

Anders sieht es bei Flüssen und Bächen aus, die mitten im Pfälzerwald entspringen, wie der Queich, dem deutsch-französische Grenzfluss Lauter, dem Speyerbach oder dem Schwarzbach in der Westpfalz. Dort, so Wasserexperte Decker, "haben wir noch den Vorteil, dass wenn wir uns im Bundsandstein bewegen, dass der noch einen gewissen Schwammeffekt hat, so dass wir noch verschont bleiben auch in den heißen trockenen Phasen."

Dennoch: Auch die kleineren Flüsse verlieren im Sommer Wasser, sagt Decker. Und zwar weniger durch Verdunstung, sondern vor allem, weil viele Menschen mit dem Flusswasser ihre Gärten bewässerten oder sogar ihre Pools damit befüllten. Hier seien die kreisfreien Städte und Kreisverwaltungen in der Vorder- und Südpfalz gefragt. Wenn ein Fluss beim Wasserstand eine kritische Marke erreicht, könnten die Verwaltungen eine weitere Wasserentnahme verbieten.

Neustadt: Illegale Pumpen?

In Neustadt beispielsweise führen der Speyerbach als kleinerer Fluss und der Rehbach schon relativ wenig Wasser. Die Stadt hat nach eigenen Angaben aber noch nicht verboten, Wasser mit Eimern oder Gießkannen aus den Gewässern zu holen. Wasser mit Pumpen herauszuholen, etwa um den eigenen Garten zu bewässern, müsse ohnehin von der Stadt genehmigt werden, sagte ein Sprecher dem SWR. Bisher sei dafür keine Genehmigung erteilt worden. Allerdings seien mehrere Hinweise eingegangen, dass illegal Pumpen betrieben würden. Die Behörde führe jetzt verschärft Kontrollen durch, auch abends. Zudem behalte man sich vor, jegliche Entnahme von Wasser aus dem Speyerbach und anderen Bächen zu verbieten, wenn die Pegelstände noch weiter sinken.

Speyerbach in Neustadt
Auch der Speyerbach in Neustadt führt aktuell zu wenig Wasser. Um die Lebewesen zu schützen, sollten Bürger aus dem Fluss kein Wasser mehr entnehmen, rät Wasserwirtschaftsexperte Decker.

Folgen: Schadstoffe aus Kläranlagen sickern ins Grundwasser

Eine Folge der sinkenden Wasserstände unserer Flüsse und Bäche sei, dass die Schadstoffkonzentration zunehme, so Grundwasserökologe Hahn. Denn die Kläranlagen der Kommunen würden das gereinigte Abwasser ja in die Bäche und Flüsse einleiten. Da die Kläranlagen aber nicht in der Lage seien, Schadstoffe wie etwa Rückstände aus Arzneimitteln herauszufiltern, landeten diese mit dem Abwasser in den Fließgewässern. Wenn Bäche und Flüsse aber wenig oder gar kein Wasser führten, dann versickerte das schadstoffhaltige Abwasser und gelange so ins Grundwasser, erklärt Hahn.

Dabei gebe es durchaus Möglichkeiten, die Giftstoffe aus dem Abwasser in den Kläranlagen herauszuholen - durch eine vierte Reinigungsstufe, etwa mit Hilfe von Aktivkohle oder Ozon. Das bestätigt auch Decker von der Oberen Wasserbehörde in Neustadt. Er ist der Meinung: "Wir müssen mehr tun, um die Spurenstoffe zu eliminieren." Dazu gebe es aber bisher keine Vorschriften für die Kommunen, sondern "das geschieht auf freiwilliger Basis." Die Verbandsgemeinde Lingenfeld (Kreis Germersheim) beispielsweise habe dazu gerade eine Machbarkeitsstudie in ihrer Kläranlage laufen.

Speyerbach in Neustadt
Die Queich bei Landau. Dort, wo Flüsse in ihrem natürlichen Bett verlaufen und viele Bäume am Ufer Schatten werfen, sinkt laut Experte die Gefahr, dass sie austrocknen.

SGD Neustadt: "Wir müssen jetzt handeln"

"Es ist kurz vor 12, manche sagen auch kurz nach 12. Wir müssen jetzt so schnell wie möglich handeln."

Das könne aber nur gemeinschaftlich gelingen Wir müssen das gemeinschaftlich hinbekommen. Dabei gebe es durchaus Möglichkeiten, dem Austrocknen entgegenzuwirken, etwa indem man die Bach- und Flussufer bepflanze und so für Schatten sorge oder auch, indem man die Gewässer renaturiere, sie aus ihren Betonfassungen hole, natürliche Flussbetten und Überschwemmungsflächen schaffe.

Wassersparen: Jeder ist gefragt

In der Vorder- und Südpfalz beziehen wir unser Trinkwasser oft aus Tiefbrunnen., sagt Wasserwirtschaftsexperte Decker. Nicht nur die Landwirte. sondern jeder Einzelne könne also Einfluss auf den Verbrauch des Grundwassers nehmen und damit indirekt auch auf die Bäche und Flüsse, indem er sparsamer mit dem Trinkwasser umgehe. Das Gegenteil sei aktuell der Fall: Im Jahr 2007 habe der tägliche Wasserverbrauch in Rheinland-Pfalz noch bei 117 Liter pro Einwohner gelegen, inzwischen sei er auf 126 Liter pro Einwohner und Tag angestiegen. "Also wir müssen da vielleicht auch gewisse Gewohnheiten ändern und sorgsamer mit dem Wasser umgehen", so Decker.

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