Mann mit kleiner runder Brille sitzt auf einer Bierzeltgarnitur, hinter ihm Plakate. Eins mit der Aufschrift "Wald statt Asphalt"

VGH erlaubt Rodungen

Dietenbach: So geht der Protest für ein Wäldchen in Freiburg weiter

Stand
Autor/in
Paula Zeiler
Bild von Autorin Paula Zeiler aus der SWR Aktuell Redaktion in Freiburg

Der VGH in Mannheim hat beschlossen: Teile des Langmattenwäldchens dürfen für den neuen Stadtteil Dietenbach gerodet werden. Warum der Protest trotzdem weitergeht.

Gerade morgens ist es im Langmattenwäldchen geradezu trubelig. Eltern bringen ihre Kinder in den Waldkindergarten, Fahrräder rollen an einem vorbei. Neben dem Weg stehen immer noch Bank und Tisch. Aufgestellt vor rund einem Monat vom Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald". Mit ihrer Mahnwache protestierten die Menschen gegen das Fällen von Bäumen für eine Gashochdruckleitung - die für den neuen Stadtteil Dietenbach umgelegt werden muss.

Mit einem Eilantrag hatte der Naturschutzbund (NABU) Freiburg die Rodungen im Oktober 2023 gestoppt. Aber nur vorübergehend. Denn jetzt hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim einen Beschluss über die Zukunft des Wäldchens gefällt: Die Rodungen dürfen ab Oktober fortgesetzt werden. Mit dem Beginn der Rodungssaison, die immer von Oktober bis Ende Februar reicht. Es bräuchte keine alternative Route für die Gashochdruckleitung. Nur eine Genehmigung fehle noch, sagte die Stadt Freiburg auf Nachfrage. Trotzdem will das Aktionsbündnis mit seinem Protest weitermachen.

Mann mit kleiner runder Brille sitzt auf einer Bierzeltgarnitur, hinter ihm Plakate. Eins mit der Aufschrift "Wald statt Asphalt"
Christian Zissel ist seit drei Jahren beim Aktionsbündnis. Er ist enttäuscht, will aber weiter für das Wäldchen protestieren.

Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald" hat schon Ideen

Obwohl es regnet, hat sich Christian Zissel auf die Bank gesetzt. "Wenn man hier sitzt und die Vögel hört, dann weiß man, wofür man das gemacht hat", sagt Christian Zissel der hauptberuflich als Arzt arbeitet. An diesem Ort hätten sie während der Mahnwache jeden Tag protestiert, Unterschriften gesammelt und mit den Menschen gesprochen, die vorbeigekommen sind. Auch wenn ab Oktober hier wieder gerodet werden darf, freue sich Christian Zissel: Über das eine Jahr, das sie den Wald länger erhalten konnten. Ihn motiviere aber auch ein anderer Teilerfolg. Denn die Laufbahn für den Schul- und Sportcampus wird nicht gebaut und Teile des Wäldchens bleiben so erhalten.

"Wir machen mit unseren Protesten aber auf jeden Fall weiter."

Das Gericht in Mannheim ist der Stadt Freiburg in allen Argumenten gefolgt. Trotzdem will das Aktionsbündnis mit seiner Mahnwache weitermachen, sagt Christian Zissel. Samstags oder sonntags wollen sie wieder hier sitzen und die Menschen informieren.

Die Stadt Freiburg teilte auf SWR-Nachfrage mit, dass die Trasse für die Gashochdruckleitung bereits Rücksicht auf den Baumbestand nähme. Auch gebe es ein Konzept für die sogenannten Habitatbäume. Das sind Bäume, die von anderen Tieren als Lebensraum genutzt werden. Das können tote oder lebendige Bäume sein. Die Habitatbäume sollen fachgerecht gefällt werden und in eine andere Umgebung gebracht werden, damit keine Lebewesen zu Schaden kommen.

NABU Freiburg schließt weitere Klagen nicht aus

Den Eilantrag gegen die Rodungen hatte im Oktober 2023 der NABU Freiburg gestellt. Trotz des Rückschlags schließt der weitere Klagen nicht aus. Sein Vorstandsvorsitzender Ralf Schmidt sagt, dass ihr Hauptaugenmerk auf dem Wald liege. Wenn es hier keine Kompromisse mit der Stadt Freiburg gibt, blieben ihm keine anderen Möglichkeiten als juristische Schritte.

Mann mit kleiner runder Brille sitzt auf einer Bierzeltgarnitur, hinter ihm Plakate. Eins mit der Aufschrift "Wald statt Asphalt"
Auch wenn die Rodungssaison beendet ist, die Baumbesetzer bleiben im Wald.

Baumbesetzer schlafen weiterhin im Dietenbachwald in Freiburg

Unterstützt wird das Aktionsbündnis "Hände weg vom Dietenbachwald" seit Jahren auch von Baumbesetzern. Ihre Zelte und Baumhäuser am Rande des Langmattenwäldchens bleiben erst einmal stehen. So viele Aktivistinnen und Aktivisten wie Ende Februar sind aber nicht mehr im Wald, auch weil eine Rodung bis Ende September ausgeschlossen ist.

Ob sie ihren Protest im Herbst wieder ausbreiten, ist aber noch nicht bekannt. Gewalt lehne das Aktionsbündnis aber in jeglicher Form ab, sagte Christian Zissel. So sorgten in den vergangenen Wochen durchtrennte Hydraulikschläuche an abgestellten Baggern auf beiden Seiten - bei der Stadt Freiburg und beim Aktionsbündnis - für Unverständnis.

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"Wir sind nicht gegen den neuen Stadtteil, aber für die Natur und ihre Tiere", sagt Christian Zissel. Für sein Herzensthema gebe es aber kaum noch Interesse im Gemeinderat. Das merke er an den wenigen Antworten und daran, dass der Gemeinderat dem Bebauungsplan für den neuen Stadtteil Ende Februar beschlossen hat. Und der Plan nicht im Sinne des Langmattenwäldchen geändert worden sei. Gegen den Bebauungsplan stimmten drei der über 40 Gemeinderäte - von "Freiburg Lebenswert" und "Eine Stadt für Alle". Christian Zissel bleibt optimistisch. Nach den Wahlen für den Gemeinderat Anfang Juni könne sich das Interesse nochmal ändern.

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