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Brasilien: Amazonas-Gipfel - So wird die Welt nicht gerettet

Stand
Autor/in
Anne Herrberg

Zu einem konkreten Aktionsplan konnte man sich beim Amazonas-Gipfel nicht durchringen. Und das ist extrem bitter - für den Regenwald und das Weltklima.

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Nein, beim Amazonas-Gipfel in Brasilien wurde die Welt nicht gerettet. Zwar waren sich auch in Belém alle einig, dass die Zeit drängt und das ist ja schon mal was. Vor allem nachdem sich die Anrainer 14 Jahre lang überhaupt nicht zusammengesetzt haben. Es gab auch gute Ansätze. Den 100 Punkte-Plan, der nun vorliegt: Mehr Zusammenarbeit, den Schutz der Rechte indigener Völker, die Schaffung eines gemeinsamen Klima-Paneels. Aus der Amazonas-Kooperation, die vorher nur auf dem Papier existierte, ist ein operatives Bündnis geworden. Das ist eine Errungenschaft, die auch anerkannt werden muss. Aber zu einem konkreten Aktionsplan konnte man sich eben nicht durchringen. Und das ist extrem bitter. Der Amazonas-Regenwald gilt als eines der wichtigsten Werkzeuge im Kampf gegen den Klimawandel. Wissenschaftler fürchten, dass sensible Ökosystem stehe kurz vor einem Kipp-Punkt, an dem sich der Dschungel in einer Savanne verwandeln könnte. Ein Albtraum mit dramatischen Folgen fürs Weltklima. Deswegen eben war die Hoffnung groß, dass sich die acht Amazonas-Staaten nun zu einem ganz klaren Abholzungs-Stopp bis 2030 verpflichten würden, genauso wie Gastgeber Brasilien. Denn aktuelle Zahlen zeigen, seit Lula, der den Schutz des Regenwaldes zum Kernziel seiner Präsidentschaft erklärt hat, im Amt ist, geht der Kahlschlag zurück. Es braucht also kein Wunder, sondern vor allem erst einmal politischen Willen, um die Zerstörung einzudämmen. Doch zudem können sich einige Länder nicht durchringen. Auf der anderen Seite hat der Gipfel eben auch deutlich gemacht, wo die Grenzen des Klimaschützers Lula selbst liegen. Zu einem Nein zur Öl und Gasförderung am Amazonas ließ auch er sich nicht bewegen. Noch immer sind eben Petrodollar einer der wichtigsten Einnahmequellen. Das gilt umso mehr für wirtschaftlich schwer angeschlagene Länder wie Ecuador, Peru oder Bolivien von Venezuela ganz zu schweigen, die außerdem in tiefen politischen Krisen stecken. Die Amazonas-Staaten verweisen deswegen nicht zu Unrecht auf die Mitverantwortung der Europäer, der USA und Chinas. Man darf sich darauf gefasst machen, dass Südamerikas Regenwald Allianz beim Klimagipfel im November in Dubai nun mit geeinter Stimme, mehr Geld und Engagement der reichen Länder zur Finanzierung des Waldschutzes fordern wird. Die internationale Gemeinschaft muss dazu Ideen liefern. Auch unbequeme, beispielsweise die Ausweitung des Amazonas-Fonds auf Staaten, mit denen man nicht auf politischer Linie liegt, oder Programme zum Schuldentausch. Gemeinsame Handlungsansätze müssen dabei im Vordergrund stehen, weniger die Durchsetzung der eigenen Standards. Denn solange die Industriestaaten ihre eigenen Ziele nicht umsetzen, liefern sie den Amazonas-Ländern auch eine Steilvorlage, die eigenen Widerstände zu rechtfertigen und geben ihnen dadurch die Möglichkeit, davon abzulenken, dass es letztlich eben doch vor allem auf ihr Handeln ankommt, eine neue Agenda für den Regenwald zu entwickeln, die die Lunge der Erde vor dem Kippen bewahren kann.

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Autor/in
Anne Herrberg