Ende der CDU-Dominanz?

Bundestagswahl 2021 in Baden-Württemberg: Wahlkreis 277 - Rhein-Neckar-Kreis

Stand
Autor/in
Patrick Figaj

Der Rhein-Neckar-Kreis ist die Konstante im äußersten Baden-Württemberg. Bislang konnte immer die CDU die meisten Stimmen für sich verbuchen.

Die politische Ausgangslage

Die Rechnung der vergangenen Jahrzehnte ist einfach: Es ist Bundestagswahl. Und der Wahlkreis Rhein-Neckar geht an die CDU. Allerdings sank der Zweitstimmenanteil bei der vergangenen Wahl deutlich unter 40 Prozent.

Der damalige Kandidat der CDU schrammte aber nur knapp an den 40 Prozent vorbei: Stephan Harbarth. Der Heidelberger Jurist ist seit Sommer 2020 allerdings Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Den Wahlkreis 277 entschied er zweimal hintereinander deutlich für sich: 2013 und 2017. Jeweils gegen den SPD-Kandidaten Lars Castellucci. Harbarth sitzt also nicht mehr im Bundestag, seine Nachrückerin Nina Warken tritt zudem nicht im Wahlkreis an. Für die CDU geht jetzt ein Neuling ins Rennen: der 31-Jährige Moritz Oppelt.

Dagegen bleibt die SPD ihrem erfahrenen Bundestagsmitglied Lars Castellucci treu. Er erzielte jeweils deutlich bessere Ergebnisse als seine Partei. Klar über 20 Prozent. Die Grünen setzen auf den ehemaligen Kreisrat Jürgen Kretz. Und rechnen sich Chancen aus: Zuletzt schnitten ihre Kandidaten bei der Landtagswahl erfolgreich ab wie nie.

Die FDP geht ebenfalls mit einem Abgeordneten in die Wahl: Jens Brandenburg. Der 34-Jährige Walldorfer zog 2017 als einer der jüngsten Kandidaten in den Bundestag. Ob die AfD wie 2017 drittstärkste Kraft wird, hängt vom Abschneiden Castelluccis und der neuen Stärke der Grünen ab. Die Linke dagegen konnte im Rhein-Neckar-Kreis nur eine Zustimmung knapp über der 5 Prozent-Hürde erreichen.

Die größten Herausforderungen vor der Bundestagswahl

Der Rhein-Neckar-Kreis ist ein sehr heterogener Wahlkreis. Einerseits sind mit Sinsheim sowie Wiesloch und Walldorf auch Städte im Kreis vertreten, in denen durchaus urbane Themen eine Rolle spielen.
Zudem ist die Wirtschaft hier stark.

Viele Menschen arbeiten bei größeren Unternehmen in der Region, vergleichen sie auch über den eigenen Wahlkreis hinaus. Auf der anderen Seite ist der Rhein-Neckar-Kreis durchaus ländlich geprägt. Die Interessen sind also vielfältig.

Ein großes Thema der kommenden Jahre ist und bleibt daher Mobilität: Große Autobahnen, die A5 und die A6, durchziehen den Wahlkreis. Viele Menschen sind nach wie vor auf diese Verkehrswege angewiesen. Besonders der Ausbau der A6 hat in dieser Richtung Luft verschafft.

Allerdings werden die Forderung nach einer besseren Infrastruktur im öffentlichen Nahverkehr immer lauter. Und auch Radschnellverbindungen könnten ein wichtiges Zukunftsthema werden, das weitere Bedürfnisse wecken könnte.

Was den Geldbeutel der Menschen im Rhein-Neckar-Kreis betrifft, ist die Immobiliensituation ein entscheidender Punkt: Wohnraum wird abseits der Ballungszentren Mannheim und Heidelberg immer begehrter. Und immer teurer. Potenzielle Konfliktlinien, die sich in der kommenden Legislaturperiode weiter zuspitzen könnten.

Die Wahlbeteiligung betrug 2017 knapp 75 Prozent, also in etwa dem bundesweiten Schnitt.

Die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten

Die Reihenfolge der Kandidierenden ergibt sich aus dem Endergebnis der Bundestagswahl 2017 in Baden-Württemberg.

Moritz Oppelt trägt die Last der CDU-Ergebnisse der vergangenen Jahrzehnte auf seinen Schultern. Der gebürtige Heidelberger ist Jurist, lebt in Neckargemünd. Außerdem ist er Bezirksvorsitzender der Jungen Union Nordbaden. Den Rückenwind der Partei hat er bei der Nominierung bekommen – offen ist, ob ihm auch die Wähler das Mandat zutrauen.

Das hat der SPD-Kandidat und der Zweite der beiden vergangenen Wahlen im Wahlkreis 277 bereits unter Beweis gestellt. Lars Castellucci sitzt seit 2013 im Bundestag. Er ist unter anderem Mitglied im Innenausschuss. Außerdem ist der 47-Jährige Heidelberger stellvertretender innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Für die Grünen geht Jürgen Kretz in den Wahlkampf. Politisch hat er bereits zwischen 2014 und 2016 im Kreistag Spuren hinterlassen. Außerdem hat Kretz Berlin-Erfahrung: Er arbeitet seit fast 10 Jahren als Referent im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Die FDP setzt wieder auf Jens Brandenburg. 96 Prozent der Delegierten aus dem Kreis hatten sich erneut für ihn entschieden. Brandenburg ist Obmann der FDP-Fraktion im Bildungs- und Forschungsausschuss und in der Enquetekommission. Hat also bereits in der ersten Legislatur für sich bundespolitische Erfahrungen sammeln können.

Die AfD hat Stefan Holzmann als Direktkandidaten benannt.

Für die Linke kandidiert Ecevit Emre. Er ist Bundessekretär des Geistlichenrats der Alevitischen Gemeinde Deutschland.

Wir stellen hier die sechs Kandidatinnen und Kandidaten der im Bundestag vertretenden Parteien vor. Alle weiteren Personen finden Sie im SWR Kandidatencheck.

Baden-Württemberg

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Die Top-Themen vor der Wahl

Im Rhein-Neckar Kreis ganz klar ein Dreiklang aus Wirtschaft, Infrastruktur und Lebensqualität. Der Rhein-Neckar-Kreis ist eng verzahnt mit Heidelberg und Mannheim, aber darüber hinaus als Grenzregion auch mit Hessen. Die Wähler orientieren sich über die Region hinaus: Viele leben im Wahlkreis, arbeiten aber an anderer Stelle.

Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, beispielsweise aber auch eng verzahnte Bahn- und Park&Ride-Verbindungen sind vorhanden, aber deutlich ausbaubar. Ebenso wird die Forderung nach einer besseren digitalen Infrastruktur lauter werden. Besonders in Zeiten von mehr Home-Office-Anteilen.

Das entscheidende Thema wird aber für die kommenden Jahre ein sozialverträglicher Immobilienmarkt sein: Viele Städte und Gemeinden im Kreis platzen aus ihren Gemarkungen. Neue Wohngebiete werden erschlossen, doch es gibt immer wieder Streit. Eine Gesamtstrategie, die neue Impulse setzt, könnte hier ein deutliches Zeichen geben.

So gehen die großen Parteien in den Wahlkampf

Besonders die Vetreter von SPD und FDP sind in den sozialen Netzwerken präsent. Lars Castellucci kann durch seine Tätigkeit in Bundestagsausschüssen eine gesteigerte Aufmerksamkeit erzielen. Auf diesem Feld hinken der CDU-Kandidat Oppelt und der Grüne Kretz etwas hinterher: Allerdings dürften für beide durch die Zugkraft ihrer Parteien auf Bundesebene die Aufmerksamkeit deutlich zunehmen.

Die AfD wird sich nicht auf die Zugkraft ihres Kandidaten verlassen, sondern auf den Erfolg der Gesamtpartei setzen. Das Hauptthema im vergangenen Wahlkampf – viele Flüchtlingsunterkünfte im Kreis – hat an Bedeutung verloren. Die Linke wird sich darauf konzentrieren, möglichst über der fünf Prozent Marke zu landen.

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