Seit dem Schulstart am Montag packen in Trier einige Schüler wieder ihre Hefte aus, andere ihre Tablets. Wie gelernt wird, hängt immer mehr vom Geldbeutel der Eltern ab.
Wenn für den 17-jährigen Albrecht Hamisch der Unterricht an der Integrierten Gesamtschule in Trier beginnt, packt er erstmal seinen Laptop aus. Es ist ein älteres Modell. Aber immerhin hat er überhaupt einen. Viele seiner Mitschüler schreiben noch in Hefte und lösen die Aufgaben in Büchern. Aber natürlich geht es schneller, Fakten im Internet zu suchen, als sie in einem Lexikon nachzuschlagen. Und so ein Aufsatz ist auch schneller getippt als per Hand geschrieben.
Richtig gut haben es aber die getroffen, die ein iPad haben, findet Hamisch: "Damit kann man sehr viel kreativer arbeiten und es macht auch mehr Spaß. Und wenn man kein iPad hat, ist man in der Klasse prinzipiell auch nicht so cool."
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Viele Eltern können sich kein I-Pad leisten
Auch viele Lehrer schwören mittlerweile auf iPads. Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium hält den Einsatz der Geräte für "einen wichtigen Bestandteil der Bildung in Rheinland-Pfalz". Das Problem ist nur, dass sich das nicht alle Eltern leisten können, sagt Yvonne Laux vom Elternbeirat der Trierer Gesamtschule: "Da kommen ja dann noch die teuren Klassenfahrten dazu. Nicht jeder kann 400 Euro für so ein Tablet wegstecken."
Die Folge laut Laux: Innerhalb einer Schulklasse können zwei Klassen entstehen. Die vermögenden Kinder mit den iPads und die ärmeren Kinder mit den Büchern. Bildungsgerechtigkeit sieht auch für den Schulleiter Dirk Schönhofen anders aus. Doch er steht vor einem Dilemma.
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Schulleiter: Stadt müsste für Ausstattung mit Geräten sorgen
Eigentlich will Schönhofen nicht, dass Bildung vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Das knappe Budget seiner Schule reicht aber nicht aus, um genügend Geräte für alle seine Oberstufenschüler anzuschaffen. Gerade einmal eine Klasse an der Gesamtschule ist komplett mit iPads ausgestattet. Darüber hinaus gibt es drei Koffer mit jeweils 15 Geräten, die von Schülern für einzelne Schulstunden ausgeliehen werden können. "Das deckt nicht annähernd den Bedarf", sagt Schönhöfen.
Doch bevor gar nicht digital gearbeitet werden kann, erlaubt es die Schule den Schülern ab der 9. Klasse ihre eigenen Geräte mitzubringen. Keine ideale Lösung - das weiß auch der Direktor. Lieber wäre es ihm, wenn der Schulträger zumindest alle Oberstufenschüler mit iPads ausstatten würde.
Große Unterschiede zwischen armen und reichen Landkreisen
So wie der reiche Landkreis Mainz-Bingen, der dafür mehr als 17.000 iPads angeschafft hat. In der verschuldeten Stadt Trier hingegen hat die Kassenlage nur 1.200 Tablets hergegeben. Genug, damit jeder fünfte Schüler sich eins ausleihen kann. Das ist laut Bildungsministerium weniger als der Landesschnitt: Nach Angaben eines Sprechers hat in Rheinland-Pfalz immerhin jeder dritte Schüler statistisch gesehen Zugriff auf ein iPad.
Die Unterschiede zwischen den Kommunen sind allerdings groß - selbst in der Region Trier. So hat der ebenfalls verschuldete Eifelkreis Bitburg-Prüm, mit ähnlich vielen Schülern wie in Trier, immerhin 4.000 iPads angeschafft. Bücher seien dort im Unterricht "rückläufig", so ein Sprecher. Die angrenzenden Kreise Bernkastel-Wittlich und Trier-Saarburg haben hingegen jeweils rund 2.000 gekauft. Wie Kinder lernen, wie digital ihr Unterricht ausgestaltet ist - das hängt davon ab, ob sie in einer reichen oder armen Kommune leben.
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Kommunen fühlen sich vom Land im Stich gelassen
"Das ist desaströs", findet Reiner Schladweiler vom Landeselternbeirat. Für ihn ist das Land in der Pflicht, die verschuldeten Schulträger zu unterstützen - und somit für Bildungsgerechtigkeit zu sorgen. "Unser neuer Ministerpräsident hat gesagt, dass ihm die Bildung wichtig ist - an dieser Aussage wollen wir ihn messen", sagt der Vater aus Temmels.
Auch Kommunen fühlen sich vom Land allein gelassen. Aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich heißt es etwa: Das Land müsste die Voraussetzungen dafür schaffen, dass iPads ausgeliehen werden können - ähnlich wie bei der Schulbuchausleihe - und sich auch an den Kosten stärker beteiligen. Dies wurde auch im Koalitionsvertrag angekündigt, bislang aber nicht umgesetzt.
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Land: Schulen sollen selbst entscheiden
Auf Anfrage schreibt ein Sprecher des Bildungsministeriums dazu: "Die Entscheidung über eine flächendeckende Ausstattung mit Tablets liegt bei den Schulen selbst." Man wolle nicht in deren pädagogische Konzepte eingreifen. Doch so ein Konzept lässt sich freilich nur mit Geld umsetzen - und daran fehlt es überall.
Der 17-jährige Albrecht Hamisch ist bald fertig mit der Schule. Er kommt jetzt für die letzten Monate noch klar mit seinem Laptop, sagt der Trierer Schüler. Er würde sich aber wünschen, dass die nächsten Jahrgänge andere Erfahrungen machen: "Damit niemand mehr benachteiligt wird."
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