In den Niederlanden nennen sie es "Tegelwippen": Pflastersteine entfernen und Plätze entsiegeln. Auch Trier könnte dem Beispiel folgen, sagt ein Experte.
In den Niederlanden fing es als Wettbewerb zwischen den Städten Rotterdam und Amsterdam an. "Tegelwippen" nennen sie es dort. Dabei versuchen Gemeinden und Städte, möglichst viele Pflastersteine durch Grünflächen zu ersetzen.
Das Ziel ist eine bessere Anpassung ans veränderte Klima. Seit 2020 sind in den Niederlanden so in 173 Städten und Gemeinden insgesamt etwa neun Millionen Pflastersteine und Fliesen entfernt worden. Es ist eine kollektive Bewegung gegen die Bodenversiegelung entstanden.
Könnte auch die Stadt Trier von der niederländischen Idee profitieren? In der Innenstadt sieht man überall versiegelte Flächen und Straßenpflaster.
Hitze und Starkregen: Fatale Folgen von Versiegelung
Dunkles Straßenpflaster strahlt an heißen Tagen Hitze sehr lange ab. Regen kann auf versiegelten Flächen nicht versickern. So kommt es bei Starkregen oft dazu, dass die Kanalisation die Wassermassen nicht aufnehmen kann und überläuft.
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Die meisten Städte schützen ihre Bewohner nicht ausreichend vor Hitze. Diesen Schluss zieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in ihrem Hitze-Check - bei dem auch drei RLP-Städte durchfallen.
Sind zu viele Flächen versiegelt, sinkt nach und nach der Grundwasserspiegel. Es gibt viele gute Gründe, mehr Flächen zu entsiegeln, sagt Sascha Henninger, Professor für physikalische Geographie an der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau.
Experte empfiehlt: Mehr Bäume, mehr Schatten, mehr Wasser sorgen für besseres Klima
Henninger beschäftigt sich mit ans Klima angepassten Stadtumbau und berät einige Städte in Rheinland-Pfalz, die ihre Innenstadt besser ans veränderte Klima mit Hitze und Starkregen anpassen wollen. Mehr Bäume, mehr Schatten, mehr Wasser - das ist sein Credo.
Der Sommer 2003 war der erste große Hitzesommer in Deutschland, den viele noch in Erinnerung haben. Seitdem wurde aber nach Ansicht von Sascha Henninger viel zu wenig getan, um die Innenstädte in Deutschland ans veränderte Klima anzupassen.
"Wir sind eigentlich fünf bis zehn Jahre zu spät dran", sagt er. Dabei sei es gar nicht so schwierig, und auch kleine Maßnahmen könnten schon helfen.
Was jeder tun kann: Terrasse entsiegeln
Wer zu Hause seine Garageneinfahrt oder eine Terrasse entsiegelt, der kann Fördergeld bei der KfW-Bank beantragen, sagt Sascha Henninger. Viele wüssten das gar nicht. Auch eine Regentonne oder Zisterne im Garten sind praktisch, um Regenwasser aufzufangen und zum Gießen von Pflanzen zu nutzen. Die Stadt Trier unterstützt ebenfalls die Entsiegelung von Flächen sowie Maßnahmen zur Begrünung von Häusern.
So kommt mehr Schatten in die Innenstadt
Auch in den Innenstädten gibt es viele Wege, die Menschen vor Hitze schützen. Selbst auf Straßen und Plätzen, wo man nicht ohne weiteres das Pflaster entfernen kann, gibt es Möglichkeiten, für etwas Abkühlung zu sorgen. Sonnensegel spannen, Bäume pflanzen, Hausfassaden begrünen, Trinkwasserspender aufstellen, sind nur einige Dinge, die ja teilweise auch schon gemacht werden. Auch helle Fassaden und helleres Pflaster auf Plätzen reduzieren die Hitzeabstrahlung etwas.
Die Wirkung des Klimawandels ist etwas, womit die Menschen leben und worauf sie sich einstellen müssen, betont Geograph Henninger. Er hat schon einige Bücher über Stadtökologie und Stadtklima veröffentlicht. "Wir hätten viel früher anfangen müssen", sagt er und denkt dabei an Maßnahmen, die das veränderte Klima erträglicher machen.
Mehr Klima-Oasen schaffen
Wenn er die Chance hätte, eine ganz neue Stadt zu entwerfen, die an das Klima mit Hitze einerseits und Starkregen andererseits angepasst wäre, dann würde er viel Grün und viele offene Flächen einplanen, sagt Experte Henninger.
"Das ideale Stadtklima wäre, dass wir möglichst wenig versiegelte Flächen haben und dass es den Menschen möglich ist, fußläufig gut in Klima-Oasen wie Grünflächen reinzukommen."
Idee: Leer stehende Kaufhäuser in Gärten verwandeln
Fast jede Stadt hat mittlerweile in der Innenstadt ein leer stehendes Kaufhaus, Trier bald sogar zwei. "Wenn man jetzt mal ganz utopisch planen würde, könnte man sagen, solche großen Kaufhäuser werden eigentlich nicht mehr so gebraucht", so Stadtklimatologe Sascha Henninger.
"Es wäre natürlich eine super Sache, wenn sie so eine große Fläche innerstädtisch haben. Man könnte die umwidmen, man nimmt das Gebäude weg und schafft da eine Grünfläche." Doch welcher Eigentümer hätte wohl den Idealismus, auf die hohe Miete in der Innenstadt zu verzichten?