Debatte über Abschlussbericht des U-Ausschusses

Ahr-Flut: Regierung sieht eigene Fehler - Opposition spricht von Staatsversagen

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch

Der rheinland-pfälzische Landtag hat den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe debattiert. Die Landesregierung gab dabei Fehler zu, die Opposition wiederholte den Vorwurf des Staatsversagens.

Gut drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal mit 135 Toten ist die parlamentarische Aufarbeitung abgeschlossen. Als letzten Schritt haben die Abgeordneten des Landtags am Freitag über den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe debattiert.

CDU-Obmann wirft Landesregierung erneut Versagen vor

Dirk Herber, der CDU-Obmann im Ausschuss, attackierte die Landesregierung erneut scharf. So habe sie sich am Tag der Flut nicht ausreichend darum gekümmert, ob wirklich alles getan werde, um die Menschen in Gefahr rechtzeitig zu warnen oder in Sicherheit zu bringen. "Sie haben die Menschen im Stich gelassen", sagte Herber.

Er warf der Landesregierung und den Regierungsfraktionen SPD, Grünen und FDP auch vor, sich nur bedingt an der Aufklärung der Vorgänge während der Flut beteiligt zu haben. Das Aufklärungs-Versprechen habe sich auf den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), beschränkt. Damit habe man das eigene Führungsversagen und begangene Fehler kaschieren wollen.

Dem neuen Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) hielt Herber vor, sich wie seine Vorgängerin Malu Dreyer nicht bei den Menschen im Ahrtal entschuldigen zu wollen.

Ampelfraktionen weisen Vorwürfe zurück

SPD-Obmann Nico Steinbach hielt Herber Populismus vor, seine Aussagen hätten nichts mit Aufklärung zu tun, sondern seien vielmehr "hart an der Grenze zur Unwahrheit". Im Untersuchungsausschuss sei sehr gute Arbeit geleistet worden, das dürfe nicht beschädigt werden. Pföhler trage nach Auffassung der SPD - anders als Herber behaupte - nicht die alleinige Schuld. Der frühere Landrat sei seiner Verantwortung als oberster Katastrophenschützer im Ahrtal aber nicht gerecht geworden. 

Der Obmann der Grünen, Carl-Bernhard von Heusinger, warf Herber vor, den Pfad der Sachlichkeit mit seiner Rede verlassen zu haben. Er verwies unter anderem auf einen Gutachter, der Pföhler als "Systemsprenger" bezeichnete, der seiner Verantwortung nicht nachgekommen sei.

Auch die FDP stellte das Versagen des ehemaligen Landrates heraus. Wenn man ein Amt übernehme, müsse man seiner Verantwortung auch gerecht werden, sagte FDP-Obmann Philipp Fernis. Pföhler jedoch habe die Verantwortung gescheut, allein indem er in der Flutnacht kaum in der Technischen Einsatzleitung gewesen sei.

RLP

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Schweitzer gesteht Fehler der Landesregierung ein

Ministerpräsident Alexander Schweitzer gab Fehler der Landesregierung in der Flutkatastrophe vor drei Jahren zu. "Keine Ebene kann von sich sagen, es sind keine Fehler gemacht worden", sagte der SPD-Politiker. "Auch auf Ebene der Landesregierung sind Fehler gemacht worden." Der Katastrophenschutz, der in Rheinland-Pfalz 75 Jahre funktionierte, habe für die Dimension in der Nacht des 14./15. Julis 2021 nicht mehr ausgereicht. 

Auch Innenminister Michael Ebling (SPD) räumte ein, dass bei der Flutkatastrophe im Ahrtal auch vom Land Fehler gemacht wurden. Das alles fehlerfrei gelaufen sei, könne und wolle niemand behaupten, so Ebling.

Keine Entschuldigung von Schweitzer

Schweitzer erklärte, dass er die Verantwortung dafür trage, dass die Landesregierung aus diesen Fehlern lerne. Der Katastrophenschutz werde neu aufgestellt, und der Wiederaufbau des Ahrtals sei ein Schwerpunkt seiner Regierung. Den Hinterbliebenen im Ahrtal versicherte Schweitzer: "Keine und keiner wird vergessen." Die vor allem von der CDU-Opposition geforderte Entschuldigung gab Schweitzer nicht ab.

Die Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), begrüßte die Äußerungen von Schweitzer zur Verantwortung im Zuge der Flutkatastrophe als hilfreich.

AfD und CDU fordern weiterhin Entlassung von Manz und Linnertz

Nach Ansicht der AfD hat der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses "das umfassende Organisationsversagen der Landesregierung und der zuständigen Behörden", während der Hochwasserkatastrophe an der Ahr offengelegt.

AfD-Obmann Jan Bollinger forderte - wie die CDU - erneut die Entlassung von Umweltstaatssekretär Erwin Manz und ADD-Präsident Thomas Linnertz. Beide hätten "durch ihr Fehlverhalten die Katastrophe verschlimmert", so Bollinger.

Auch aus Sicht von Stephan Wefelscheid sind Manz und Linnertz "in ihrem Amt nicht haltbar". Der Obmann der Freien Wähler wirft ihnen vor, dass sie mit dafür verantwortlich seien, dass die "rechtzeitige und umfassende Warnung von Menschen vor und während der Flut scheiterte". Für ihre Fehler und Versäumnisse hätten sie bis heute keine Verantwortung übernommen.

Vorsitzender Haller schaut bewegt auf den Ausschuss zurück

Zu Beginn der Sitzung hatte der Ausschussvorsitzende Martin Haller von der SPD sichtbar bewegt auf die drei Jahre Untersuchungsausschuss zurückgeblickt. Haller sagte, man werde mit dem Ausschuss und seinen Ergebnissen keine Wunden heilen können. Aber er hoffe, dass man zur Linderung beitrage. "Dieser Ausschuss hat sicherlich nicht alle Erwartungen erfüllt, aber er hat alles versucht, mit enormem Einsatz aller Beteiligten."

Haller dankte den mehr als 200 Zeuginnen und Zeugen. Ohne ihre Aussagen wäre der Ausschuss nie in der Lage gewesen, seine Arbeit zu verrichten.

Überfälliges Eingeständnis von Schweitzer

Dass Ministerpräsident Schweitzer Fehler und Versäumnisse auf allen politischen Ebenen eingestanden hat, sei ein längst überfälliger Schritt gewesen, meint SWR-Aktuell-Redaktionsleiter Michael Ellermann. Hier zum Nachschauen auf Instagram:

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