Auf knapp 2.100 Seiten fasst der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal die Erkenntnisse aus der Flutnacht vor drei Jahren zusammen. Der Bericht ist jetzt veröffentlicht worden. Politiker aus dem Ahrtal reagieren verhalten.
Im Ahrtal reagieren Politikerinnen und Politiker zurückhaltend auf den Abschluss-Bericht des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe. Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) möchte die Ergebnisse zunächst lesen und prüfen. Sie erwarte neue Erkenntnisse über die Abläufe in der Katastrophennacht, teilte sie dem SWR mit.
Weigand war als damalige Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr eine Schlüsselfigur und musste mehrfach als Zeugin vor dem Ausschuss aussagen. In der Flutnacht forderte sie den damaligen Landrat Jürgen Pföhler (CDU) auf, den Katastrophenfall auszurufen.
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Auf 2.097 Seiten ist jetzt für jeden nachlesbar, was der U-Ausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal herausgearbeitet hat. In der Bewertung der Erkenntnisse liegen die Fraktionen weit auseinander.
Verbandsbürgermeister von Altenahr erwartet wenig Neues vom Bericht
Der Verbandsbürgermeister von Altenahr, Dominik Gieler (CDU), zeigt sich skeptisch. Er geht davon aus, dass der Bericht wenig Neues bringen wird: "Ich denke nicht, dass es wesentliche Änderungen oder gar Neuerungen zu dem, was bereits öffentlich diskutiert wurde geben wird. Daher sind meine Erwartungen eher verhalten." Trotzdem habe der Ausschuss bereits Veränderungen im Katastrophenschutz angestoßen, beispielsweise die Anschaffung neuer Sirenen und regelmäßige Schulungen für Mitarbeitende.
Kritik an Arbeit des U-Ausschusses aus Adenau
Auch andere Verantwortliche im Ahrtal hoffen, dass der Bericht Lehren für die Zukunft liefert. Peter Diewald (CDU), Erster Beigeordneter von Bad Neuenahr-Ahrweiler und Guido Nisius (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, sehen den Bericht als Chance, den Katastrophenschutz zu verbessern.
Nisius äußert jedoch Kritik an der Arbeit des Untersuchungsausschusses. Zeugen aus seiner Verbandsgemeinde hätten sich während der Befragungen eher wie Angeklagte gefühlt. "Ich habe mit sehr vielen dort vorgeladenen Zeugen aus der Verbandsgemeinde Adenau gesprochen. Alle haben mir unisono bestätigt, man habe in der Befragung das Gefühl gehabt, man trage nicht zur Sachaufklärung bei, sondern stehe als Angeklagter vor dem Gremium." Er selbst war mehrfach vor dem Ausschuss als Zeuge geladen.
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Hinterbliebene kritisieren Untersuchungsausschuss
Auch Hinterbliebene der Flutkatastrophe kritisieren den Untersuchungsausschuss. Der Ausschuss, aber auch Staatsanwaltschaft und Justizministerium hätten nicht genügend Ermittlungen vorgenommen, heißt es in einem Statement des Opferanwalts Christian Hecken. Die Feststellungen im Abschlussbericht seien aus Sicht der Hinterbliebenen mangelhaft, heißt es da.
Wenig Aufmerksamkeit im Ahrtal
Auch wenn der Bericht der vorläufige Abschluss des Untersuchungsausschuss ist, wird er im Ahrtal offenbar nur recht wenig beachtet. Viele Menschen seien noch immer mit dem Wiederaufbau beschäftigt, erklärt der Psychotherapeut Christian Falkenstein aus Dernau: "Die sind so kaputt und so platt und so beschäftigt. Die haben keine Zeit, sich darum zu kümmern."
In 47 Ausschuss-Sitzungen waren 226 Zeugen und 23 Sachverständige angehört worden. Im Verlauf traten Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne), die während der Katastrophe rheinland-pfälzische Umweltministerin war, und Innenminister Roger Lewentz (SPD) zurück. Der Landtag wird im September über den Bericht diskutieren. Bei der Flutkatastrophe vor drei Jahren waren im Ahrtal 135 Menschen ums Leben gekommen.
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