Pfälzer Lebenslust trifft auf französisches Savoir-Vivre: Der Wahlkreis Südpfalz grenzt ans Elsass. Bürger und Politik treiben viele Themen um, wie zum Beispiel: Lieber Klimaschutz oder Straßenbau?
Die politische Ausgangslage
Der Wahlkreis Südpfalz umfasst den Landkreis Germersheim, die kreisfreie Stadt Landau und den Landkreis Südliche Weinstraße. Der Wahlkreis Südpfalz ist auch geprägt vom Austausch mit den französischen Nachbarn. Im Kreis Germersheim gibts das Naturschutzgebiet Bienwald, außerdem die alten Rheinauen und Baggerseen. In der Landwirtschaft wird vor allem Gemüse- und Getreide angebaut. Aber auch der Tabakanbau und große Wiesen haben die Kulturlandschaft historisch geprägt.
Wichtigster Wirtschaftsfaktor sind im Kreis Germersheim Industrie- und Logistikunternehmen. Im Kreis Südliche Weinstraße sind der Weinbau und der Pfälzerwald landschaftsprägend. In der Südpfalz leben viele vom Tourismus, aber auch die vielen mittelständischen Unternehmen sind ein großer Wirtschaftsfaktor. Die Stadt Landau ist die größte weinbautreibende Gemeinde Deutschlands und Universitätssitz. Die Stadt wächst, Handel, Dienstleistungen und Gewerbe spielen eine wichtige Rolle.
Zwischen Rhein und Reben: Klimaschutz contra Straßenbau
Im Wahlkreis Südpfalz ist die CDU bei den Bundestagswahlen in der Vergangenheit verlässlich als Sieger hervorgegangen. CDU-Kandidat Thomas Gebhart hat seit 2009 immer das Direktmandat geholt. Allerdings hatte die CDU bei der Bundestagswahl 2017 deutlich Stimmen eingebüßt (7,9% bei den Zweitstimmen).
Den größten Zuwachs hatte damals die AfD mit 8,7 Prozentpunkten, die in der Südpfalz deutlich über dem Landesergebnis abschnitt.
Noch lässt sich schwer abschätzen, wer jetzt bei der Bundestagswahl das Rennen machen könnte. So hat sich CDU-Mann Thomas Gebhart zwar durch seinen Einsatz für die deutsch-französische Zusammenarbeit punkten können. Außerdem hat er sich als Parlamentarischer Staatssekretär für Gesundheit während Corona vor allem um die Situation in südpfälzischen Pflegeheimen gekümmert und regelmäßig über Maskenlieferungen oder die Versorgung mit Impfstoffen informiert.
Aber beim südpfälzischen Dauerbrenner-Thema, dem Bau einer "Zweiten Rheinbrücke" zwischen Wörth und Karlsruhe, unterscheiden sich die Positionen von CDU und SPD kaum. So ist auch der südpfälzische SPD-Kandidat Thomas Hitschler dafür, dass der Bau der zweiten Rheinbrücke nun schnell beginnen muss, damit die bestehende Brücke entlastet wird und die Berufspendler aus der Südpfalz nicht mehr im Stau stehen müssen.
Anders sieht es bei einem weiteren Verkehrsgroßprojekt in der Südpfalz aus, dem umstrittenen vierspurigen Ausbau der B10 durch das Biosphärenreservat Pfälzerwald. Hier haben sich vor allem Bündnis90/Die Grünen mit Tobias Lindner auf der Seite der südpfälzischen Ausbaugegner und Umweltschützer positioniert. Wie sie will Lindner erreichen, dass Land und Bund den bereits begonnenen Ausbau bei Landau stoppen und das Projekt nochmals unter Natur- und Klimaschutzaspekten unter die Lupe nehmen.
Klima- und Umweltschutz sind in der Tourismusregion Südpfalz ohnehin auf dem Vormarsch. Unter dem Motto "Schiene statt Straße" fordern Lindner und seine Partei, dass Bahnstrecken in der Südpfalz ausgebaut (beispielsweise zwischen Landau, Annweiler und Pirmasens), elektrifiziert (zwischen Neustadt, Landau und Wörth) und wieder in Betrieb genommen werden (beispielsweise zwischen Landau und Germersheim). Auch der Ausbau des Busverkehr- und Radwegenetzes sind Themen, mit denen der grüne Bundestagskandidat in der Südpfalz punkten könnte. Allerdings steht er damit nicht allein: Wie Lindner setzt sich auch Thomas Hitschler von der SPD für den Ausbau der Bahn und für mehr Umweltschutz in der Landwirtschaft ein.
Die größten Herausforderungen vor der Bundestagswahl
Wirtschaft:
- Hohe Mietpreise und Wohnungsmangel (v.a. in Mittelzentren Landau, Wörth und Germersheim)
- Personalmangel in Gastronomie der Tourismusregion Landau, Südliche Weinstraße
- Digitaler Ausbau in Unternehmen, Verwaltung und Schulen sowie Ausbau des schnellen Internet in ländlichen Regionen
Bildung:
- Fusion der Universitätsstandorte Landau und Kaiserslautern
- Geplante Erweiterung US-Gefahrstofflager Germersheim
Landwirtschaft:
- Sinkende Grundwasserspiegel infolge von Trockenheit und unkontrollierter Wasserentnahme aus Tiefbrunnen
- strenge Auflagen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln für mehr Artenschutz
Umwelt:
- Baumsterben im Bienwald und Pfälzerwald infolge von Trockenheit und Klimawandel
- Hochwasserschutz entlang des Rheins, aber v.a. auch entlang der kleineren Flüsse und Bäche (Hochwasserereignisse in Annweiler und Landau)
Energie:
- Diskussionen um Erdölförder-Projekte in Offenbach und Schwegenheim
- Sicherer, erdbebenfreier und wirtschaftlicher Betrieb der Geothermiekraftwerke in Landau und Insheim, Förderung von Lithium
Gesundheit:
- Zunehmender Ärztemangel in den ländlichen Regionen, aber auch in Mittelzentren
Die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten
- CDU: Dr. Thomas Gebhart (49)
Der promovierte Politikwissenschaftler und Betriebswirt kommt aus Jockgrim (Kreis Germersheim) und lebt dort mit seiner Frau und zwei Kindern. Er ist seit 2009 direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages und seit 2018 Parlamentarischer Staatssekretär für Gesundheit.
- SPD: Thomas Hitschler (39)
Thomas Hitschler ist in Herxheimweyher (Kreis Südliche Weinstraße) aufgewachsen und ist verheiratet. Er hat Politikwissenschaft, Öffentliches Recht und Geschichte studiert und sitzt seit 2013 für die Südpfalz im Bundestag. Er vertritt dort unter anderem die SPD-Fraktion im Innenausschuss und ist Sprecher der SPD-Landesgruppe Rheinland-Pfalz.
- FDP: Dr. Volker Wissing (51)
Der promovierte Jurist ist Rechtsanwalt, Generalsekretär der FDP auf Bundesebene und Landesvorsitzender seiner Partei. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt in Barbelroth.
- Grüne: Dr. Tobias Lindner (39)
Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler kommt aus Wörth (Kreis Germersheim und sitzt seit 2011 im Bundestag. Unter anderen ist er dort Vorsitzender der Rheinland-Pfälzischen Landesgruppe der Grünen, Sprecher für Sicherheitspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Haushaltsausschuss.
- Freie Wähler: Steffen Weiß (47)
Der Sicherheitsfachwirt lebt in Wörth, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er war bei der Landtagswahl 2021 erstmals für den Wahlkreis Germersheim angetreten und hatte auf Anhieb 9,7% der Stimmen geholt. Weiß ist Vorsitzender der FWG-Fraktion im Stadtrat Wörth und in der Pfalz auch bekannt als Begründer des Aktionsbündnisses "Zweite Rheinbrücke".
- AfD: Bernd Schattner (52)
Bernd Schattner ist stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD Südliche Weinstraße-Landau. Er tritt erstmals für den Wahlkreis Südpfalz an.
- Die Linke: Tobias Schreiner (33)
Der Gesundheits- und Krankenpfleger lebt in Germersheim.
- Die Partei: Lukas Rammefanger (22)
Der Student lebt in Landau.
- ÖDP: Sven Leuthner (29)
Der Chemielaborant lebt in Oberhausen bei Bad Bergzabern.
- dieBasis: Jacqueline Sharma (55)
Die IT-Angestellte lebt in Siebeldingen.
- Tierschutzpartei: Bernd Kriebel (57)
Der Elektromeister lebt in Höhfröschen, Kreis Südwestpfalz.
- Volt: Alexandra Barsuhn (27)
Die Studentin lebt in Mörsdorf, Rhein-Hunsrück-Kreis.
- Klimaliste: Cyrus Mobasheri (43)
Der Doktorand lebt in Rheinzabern.
- Unabhängiger Kandidat: Erdal Koccu (46)
Der Verkaufsleiter lebt in Germersheim.
- Südpfalz stellt Fragen!: Holger Vogler (40)
Der Selbständige lebt in Hochstadt (Pfalz).
Die Top-Themen im Wahlkampf
Den Wahlkreis Südpfalz treiben viele Themen um: Hohe Mietpreise und Wohnungsmangel, vor allem in Landau, Wörth und Germersheim. Außerdem geht es um den digitalen Ausbau in Unternehmen, Verwaltungen und Schulen, sowie schnelles Internet in ländlichen Regionen.
Auch die Fusion der Universitätsstandorte Landau und Kaiserslautern beschäftigt die Menschen sowie die geplante Erweiterung US-Gefahrstofflager in Germersheim. Außerdem gibt es kontroverse Diskussionen um die Erdölförderung. Das Thema Klimawandel wird besonders im Pfälzerwald und im Bienwald durch Trockenheit und Waldsterben sichtbar.