Eine hohe Verschuldung von Pirmasens und Zweibrücken, die Diskussion um Windräder im Pfälzerwald und das Aus des Krankenhauses in Rodalben: Im Wahlkreis gibt es viel zu tun.
Die politische Ausgangslage
Bei der vergangenen Bundestagswahl sind gleich drei Abgeordnete aus dem Wahlkreis 210 in den Bundestag eingezogen. Direkt gewählt wurde Anita Schäfer von der CDU. Seit 2002 hat sie bei jeder Wahl das Direktmandat gewonnen, 1998 zog sie über die Liste ein. Neben ihr haben über die jeweiligen Listen Angelika Glöckner (SPD) und Brigitte Freihold (Linke) den Wahlkreis vertreten. Während Schäfer und Freihold bei der Wahl nicht mehr antreten, geht Angelika Glöckner erneut ins Rennen, für die CDU tritt in diesem Jahr ein Newcomer an: Florian Bilić.
Die größten Herausforderungen vor der Bundestagswahl
Zum Wahlkreis gehören der Landkreis Südwestpfalz, die Städte Pirmasens und Zweibrücken sowie einige Verbandsgemeinden des Landkreises Kaiserslautern. Als ehemalige Schuhmetropole kämpft Pirmasens seit Jahrzehnten mit dem Strukturwandel. Für die Stadt und die Region ist das eine dauernde Herausforderung. In keiner anderen Stadt im Land gibt im Vergleich zur Bevölkerung so viele Arbeitslose. Die Quote lag beispielsweise im vergangenen Juni bei 11,6. Zum Vergleich: Im Kreis Südwestpfalz liegt sie bei 3,9, in Zweibrücken bei 6,6. In den vergangenen Jahren versuchte die Stadt immer wieder mit Leuchtturmprojekten das Image von Pirmasens zu verändern. Unter anderem mit der Eröffnung einer der modernsten Jugendherbergen in Deutschland und dem Kulturzentrum Alte Post. Sicherlich auch aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit leiden in Pirmasens besonders viele Kinder unter Armut. Während der Anteil in Gesamtdeutschland im Durchschnitt bei 13,9 Prozent liegt, sind es in Pirmasens einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge 28,9 Prozent. Zum Vergleich: Im Kreis Südwestpfalz liegt die Quote bei 5,8 Prozent. Seit 2008 versucht der „Pakt für Pirmasens", ein Zusammenschluss Pirmasenser Organisationen, sich gerade um diese Kinder zu kümmern.
Die hohen Sozialausgaben sind einer der Gründe, warum Pirmasens, aber auch Zweibrücken, seit Jahren zu den am höchsten verschuldeten Kommunen in Deutschland gehören. Auch das ist eine Dauer-Herausforderung im Wahlkreis. Erst im Juli hat wieder mal eine Studie der Bertelsmann-Stiftung die hohe Verschuldung belegt. Beide Städte sind Mitglied des Bündnisses „Raus aus den Schulden – Für die Würde unserer Städte“, in dem sich bundesweit etwa 70 hochverschuldete Kommunen zusammen geschlossen haben. Das Bündnis appelliert regelmäßig an Bund und Länder, die Kommunen finanziell besser auszustatten. Die Kommunen argumentieren, dass viele Leistungen von Bund und Ländern auf sie verlagert werden – sie dafür aber keinen finanziellen Ausgleich erhalten.
Auch das Thema "Sicherung von Arbeitsplätzen" ist ein wichtiges in dem Wahlkreis. In den vergangenen Monaten hat es zwei Insolvenzen von alt eingessenen Unternehmen gegeben. Der Kranhersteller Tadano-Demag in Zweibrücken konnte sein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beenden. 400 von 1.600 Stellen wurden gestrichen. Die Schuh-Traditionsmarke Peter Kaiser hat im Februar die Produktion in Pirmasens eingestellt. Fast 200 Mitarbeitende haben ihre Arbeit verloren. Die Firma soll jetzt unter einem neuem Konzept weiter betrieben werden - viel kleiner und ohne Produktionsstätte in Pirmasens.
Die Gesundheitsversorgung auf dem Land sicherzustellen, ist in dem Wahlkreis ebenfalls eine große Herausforderung. 2016 wurde das Evangelische Krankenhaus in Zweibrücken geschlossen. Seit gut einem Jahr ist klar, dass das Krankenhaus in Rodalben in den kommenden Jahren im Pirmasenser Krankenhaus aufgehen wird. Das heißt konkret: Das Krankenhaus in Rodalben wird geschlossen, das Städtische Krankenhaus in Pirmasens wird ausgebaut. Der Großteil der 300 Mitarbeitenden aus Rodalben sollen künftig in Pirmasens arbeiten. Viele Menschen rund um Rodalben befürchten aber, dass die ärztliche Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Sie möchten den Standort behalten, beispielsweise weil sie nach eigenen Angaben Anfahrtswege für ältere Patienten und Notfälle so kurz wie möglich halten wollen. Im Internet haben sie eine entsprechende Petition gestartet.
Die Diskussion um mögliche Windräder im Pfälzerwald wird in dem Wahlkreis intensiv geführt. Es gibt beispielsweise in der Verbandsgemeinde Hauenstein Befürworter für den Bau von Windkraftanlagen auf der Fläche des ehemaligen US-Militärstützpunktes auf dem Langerkopf in Hofstätten. Andere wollen keine Windräder im Pfälzerwald.
Eine Herausforderung des Wahlkreis ist auch die infrastrukturelle Anbindung der Region. Dauerstreitpunkt ist hier der vierspurige Ausbau der B10. Erst im Frühjahr hatte sich die Zukunftsinitiative Westpfalz für einen vierspurigen Ausbau zwischen Hinterweidenthal und Landau ausgesprochen. Umweltschützer aus Deutschland und Frankreich forderten hingegen einen Ausbaustopp.
Die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten
Bei den vergangenen Wahlen hat in dem Wahlkreis jeweils deutlich Anita Schäfer (CDU) das Mandat holen können. Für sie tritt nun Florian Bilić an. Der 27-Jährige arbeitet als Referent für Standortpolitik und Unternehmensförderung bei der IHK in Pirmasens. Eigenen Angaben zu Folge steht er für "Sozialen Zusammenhalt sowie die Förderung der regionalen Wirtschaft". Seit 2014 ist Angelika Glöckner (SPD) Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Für sie stehen "an erster Stelle die Menschen in meinem Wahlkreis" - schreibt sie auf ihrer Website. Dabei gehe es darum, was wichtig ist, "um gut und gerne in unserer Heimat" zu leben. Ferdinand Ludwig Weber (AfD) ging bereits bei der vergangenen Bundestagswahl als Direktkandidat ins Rennen. Damals erzielte er knapp 13 Prozent. Weber vertritt seine Partei auch im Stadtrat von Pirmasens, ist der Vorsitzende im Kreis Südwestpfalz. Bei der vergangenen Landtagswahl ist er ebenfalls als Direktkandidat der AfD angetreten. Für die FDP tritt Erika Watson an. Sie ist die 1. Vorsitzende der Zweibrücker FDP und arbeitet als Lehrerin. Im Landtagswahlkampf 2016 war sie ebenfalls als Direktkandidatin angetreten. Als Direktkandidatin der Grünen steht Susanne Bendig zur Wahl. Die Rechtsanwältin sitzt auch im Verbandsgemeinderat Zweibrücken-Land. Für die Linken geht Frank Eschrich in Rennen. Er ist Kreisvorsitzender und sitzt im Pirmasener Stadtrat. Die Grünen gehen mit Susanne Bendig Weitere Kandidaten sind: Marc-Oliver Riedinger (Die PARTEI), Barbara Maria Schwarz (Tierschutzpartei) Andreas Winkler (Volt), Klaus Dietrich (Die Basis), Roswitha Jeckel (Freie Wähler), Verena Eunike Hofmann (Klimaliste).
Die Top-Themen im Wahlkampf
In jedem Wahlkampf kommt in dem Wahlkreis das Thema Verschuldung der Kommunen auf. Da hier sowohl Land als auch Bund gefragt sind, wird das auch wieder im aktuellen Bundestagswahlkampf thematisiert werden. Bürgerinnen und Bürger bekommen die hohe Verschuldung in ihrem Alltag hautnah zu spüren. Für Sport, Vereine oder Seniorenarbeit ist wenig Geld da, Schulen müssen dringend saniert werden. Allein in der Berufsbildenden Schule in Pirmasens - in der 1.600 junge Leute aus der Region ausgebildet werden - fehlen laut Stadt 30 Millionen Euro für die Sanierung.
Auch das Thema Soziale Gerechtigkeit ist in einer Region mit vielen Arbeitslosen und hoher Kinderarmut ein großes Wahlkampfthema. Andererseits möchte die Region auch nicht immer nur an der Verschuldung gemessen werden. Fragen, wie man das Image der Region aufwerten, junge Leute zum Bleiben bewegen und Arbeitsplätze schaffen kann, müssen von den Kandidatinnen und Kandidaten geklärt werden. Ebenfalls dazu gehören gute Strukturen für eine regionale Gesundheitsversorgung. Gerade rund um Rodalben ist die Verunsicherung groß.
Das Thema Windräder im Pfälzerwald wird auch im Wahlkampf sicherlich hoch emotional diskutiert. Seitdem die Landesregierung einige Flächen als mögliche Standorte für Windräder ins Gesprächen gebracht hat, wägen Politiker das Für und Wider regelmäßig ab.