Gefangene werden immer älter

Alt und krank im Knast: Pflegestation in JVA Wittlich kommt

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Sebastian Grauer
Foto von Sebastian Gauer, Redakteur bei SWR Aktuell im Regionalbüro Traben-Trarbach

Gefangene werden immer älter und brauchen Unterstützung, auch in der Betreuung. In der JVA Wittlich gibt es deshalb jetzt eine Pflegestation. Die einzige im Land.

Der Pflege-Chef der Justizvollzugsanstalt Wittlich, Markus Strasser, öffnet mit einem großen Schlüssel die schwere Tür zu einer Zelle. In dem Zimmer gibt es Handläufe, ein eigenes Bad mit einer speziellen Dusche und ein Pflegebett. Dinge, die eine normale Gefängniszelle nicht hat. In der speziellen Zelle sollen aber zukünftig ältere und pflegebedürftige Gefangene mit unterschiedlichen Problemen leben und behandelt werden.

Pflegedienstleiter Marco Strasser neben einem Bett im neueingerichteten Pflegezimmer.
Pflegedienstleiter Markus Strasser steht neben einem Bett im neueingerichteten Pflegezimmer.

"Das sind Patienten mit Schlaganfall, Diabetes oder Durchblutungsstörungen. Das sind die unterschiedlichsten Fälle", sagt er. "Die Gefangenen sind sehr eingeschränkt im Gehen oder können sich oft auch nicht mehr selber waschen. Da müssen wir dann in der Pflege unterstützen."

Duschen mit einem speziellen Sitz sollen den Pflegekräften die Arbeit erleichtern.
Duschen mit einem speziellen Sitz sollen den Pflegekräften die Arbeit erleichtern.

Das sei derzeit schwierig, weil beispielsweise die Duschen in der Haftanstalt dafür gar nicht ausgelegt seien. Die Duschen in den normalen Sanitärräumen beispielsweise seien fest an der Wand montiert, es gebe keinen Schlauch. "Wir können die Gefangenen nicht richtig abduschen. Wir brauchen diese Räume deswegen dringend."

Pflegestation hat neun Zimmer

Die Station umfasst neben neun umgebauten barrierefreien Zimmern einen Physiotherapieraum, einen Kraftraum sowie einen Gemeinschaftsraum.

Die Pflegestation in der Wittlicher Haftanstalt ist bislang die einzige im Land, sagt der Gefängnischef Jörn Patzak. Sie werden seiner Ansicht nach aber immer wichtiger. Die Gesellschaft wird immer älter und damit auch die Gefangenen.

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"Wir haben auch Gefangene, die aufgrund ihres Deliktes möglicherweise nicht mehr rauskommen", sagt er. "Und das Altern im Gefängnis führt ja auch dazu, dass die Gefangenen irgendwann Gebrechen haben, mit denen sie in einem normalen Haftraum nicht mehr untergebracht werden können."

Patzak: Pflegestation wichtig für Strafanspruch des Staates

Dabei geht es nicht nur um das Wohl der älteren und pflegebedürftigen Gefangenen, sagt Patzak. Das dürfe auch nicht missverstanden werden.

Jörn Patzak ist seit mehr als zehn Jahren Gefängnisdirektor in Wittlich.
Jörn Patzak ist seit mehr als zehn Jahren Gefängnisdirektor in Wittlich.

Der Strafanspruch des Staates wird durch diese Abteilung unterstützt.

"Gefangene mit körperlichen Beeinträchtigungen könnten möglicherweise haftunfähig sein. Also in der Sache wird der Strafanspruch des Staates durch diese Abteilung unterstützt", sagt er. Die Haftstrafen könnten bis zum Ende vollstreckt werden, weil die Gefangenen ordentlich untergebracht werden könnten.

Altersdurchschnitt in Gefängnissen steigt

Dass die Gefangenen in den Gefängnissen immer älter werden, zeigen auch die Zahlen des rheinland-pfälzischen Justizministeriums. Demnach ist der Anteil der Strafgefangenen, die über 55 Jahre alt sind, in den letzten zehn Jahren moderat und kontinuierlich angestiegen.

Dabei betrachten Statistiker die Gruppe der Gefangenen, die älter als 55 Jahre sind, mit besonderem Interesse. Weil diese "Voralterungserscheinungen und somit einen entsprechenden Behandlungs- bzw. Betreuungsbedarf aufweisen, der im Justizvollzug abgedeckt werden sollte."

Pfleger hofft auf bessere Arbeitsbedingungen

Pfleger Markus Strasser kennt die Probleme, die ältere Gefangenen haben. Er muss damit umgehen. Deswegen freut er sich jetzt auch über die neue Pflegestation in der JVA Wittlich.

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Strasser hofft, dass die Arbeit damit zukünftig leichter wird. "Auch von der körperlichen Belastung her. Dass wir mit den neuen Hilfsmitteln rückenschonender arbeiten können. Dadurch wird im Umgang mit dem Patienten die Arbeit einfacher."

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